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Wirtschaften, wenn wir von der Art und Weise der Bedarfsbefriedi- |
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gung absehen, nur als der Ablauf eines sich immerfort wiederholen- |
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den Naturgesetzes. Eine unstabile Währung kann nicht existieren, |
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wo nur ein Verzehren des selbst Erarbeiteten stattfindet und an- |
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deres ist uns dort nicht erreichbar. Mit der modernen Entwicklung, |
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ganz besonders der der Arbeitsteilung, müssen wir unsere Produkte |
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Betrachten wir auf der anderen Seite die Händler auf dem |
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Ma[übertippt r]kt[übertippt e]. Befolgten sie wirklich die Gesetze der Behörden betreff |
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Preisfixierung, dann gäben sie gegen die Werteinheiten in Geldform |
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in ih[übertippt r]en Waren kein Equivalent gleichen Wertes hin, sondern ein |
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Vielfaches davon. Dieser wirkliche Verlust bedeutet wieder Gewinn |
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für den Konsumenten. Ebenso stand es mit der Stundung von Schulden |
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im Verkaufe auf Kredit. Je nach der den Verhältnissen Rechnung |
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tragenden und sie erkennenden Einstellung konnten auch hier wie- |
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derum private Gewinne oder Verluste eine Folgeerscheinung der |
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Inflation sein. Der Fabrikant konnte auf der einen Seite im Export |
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Valutagewinne erzielen, die im Innenhandeln möglicherweise vergrös- |
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sert, möglicherweise aber auch vielleichthgar aufgezehrt werden |
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konnten. Wir denken daran, dass andere Berufsarten, besonders die |
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freien Berufe, wie Künstler, Schriftsteller usw.fast völlig ein- |
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kommenslos wurden, dass die Höhe der Entlohnung ncicht mehr das |
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Equi[übertippt v]alent der Qualität der Arbeit bedeutet, dass ungelernte Ar- |
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beit nahezu gleich gesetzt wurde mit individueller, künstleri- |
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scher Handarbeit. Mit der Verschiebung der Einkommen ging auch die |
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Verschiebung der Berufe Hand in Hand. Ganz neue Existenzen machten |
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sich breit, ein Heer von Zwischenhändlern, Agenten und Kommissionä- |
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ren, die ihr Einkommen lediglich in der Ausnützung von Preisspan- |
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nungen bezogen. Wir erlebten die Vergrösserung der Beamtenapparate |
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die Schaffung bisher unbekannter Aemter; . es war im ganzen ein |
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Abwandern von der unmittelbar produktiven Tätigkeit. |
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Wir wissen von den Börsenspekulationen, der Möglichkeit |
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der Geldbeschaffung auf den Wechsel hin, von Spekulationen à la |
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hausse auf weite Sicht. Nicht vergessen wollen wir die mögliche |
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Ausnutzung der verschiedenen Kurssetzungen auf den Weltmarkt- |
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plätzen. Ueberlegen wir auch, dass das, was wir mehr verzehrten, als |
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wir erzeugten, Gewinn bedeutet für die Kvvovvnsumenten und Verlsut |
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sein muss für die Besitzer der Kapitalgüter, mit denen der Aus- |
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gleich hat bewerkstelligt werden müssen. |
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Ueberall sehen wir, wie die Inflation alle Fesseln spreng- |
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te, wie sie die Einkommen revolutionieren liess, vor allem deshalb, |
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weil sie in der Neuschaffung von solchen kein einheitliches |
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Arbeitswertmaass mehr anwenden liess, weil sie die Bindung zwi- |
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schen Einkommen und Preisen zerstörte. Was in lenger Entwicklung |
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gewachsen war, was das Fundament eines Staates, was die Struktur |
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der Gesellschaft bedeutet, das wurde durcheinander geschüttelt |
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und kann nur schwer zur Ruhelage kommen. |
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Dass die ganze Entwicklung nur möglich war in einer |
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so viel und weit verzweigten moernen arbeitsteiligen Wirtschaft |
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wissen wir. Im vvLavvnde mit realem vvAuvvstausch liegen vvPrvvoduktion und |
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Verbrauch zu nahe beisammen und sind zu eng gebunden, als dass |
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wir den Versuch machen können, Ovvpvvfer von uns auf andere abzuwäl- |
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zen und umgekehrt von anderer Leute Arbeit zu schmarotzen. Wir |
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dürfen aber deswegen wohl kaum dem Gelde als einer Erscheinungs- |
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form der modernen Wirtschaft die Schuld an ihrem Chaos zuschreiben |
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und auch nicht dem Papiergelde als der notwendigen und der einzig |
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möglichen Form der wirtschaftlich gesunden Entwicklung. |
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Dass wir in der modernen Wirtschaft die Opfer, die wir notwendig |
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bringen mussten, nicht gleich als solche für den einzelnen ver- |
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spürten und nicht verspühren wollten, dass uns die Scheinmöglichkeit |
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belassen wurde, sie auf andere abzuwälzen, ohne dass die Volks- |
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wirtschaft als ganzes Schaden nehme, dass liess den Kampf und die |
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Verschiebung der Einkommen Folge werden. Wir erkennen also, nicht |
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die Preissteigerung, auch nicht der Stand der Valuta ist das Ent- |
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scheidende und Schädigende der Inflation und beides ist kein |
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Gradmesser, sowohl nicht unseres Wohlergehens, als unseres Elends. |
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Beides könnte die Wirtschaft wohl ertragen ohne nennenswerte Stö- |
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rung. Das tief greifende und schwer zu heilende Uebel der Infla- |
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tion, das ist die Verschiebung der Einkommen, entstanden durch |
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die verschiedenartige Bewertung der Leistung als der realen Güter |
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und notwendig bedingt durch ständig neu geschaffene Einkommens- |
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wellen, die jegliches vvAuvvsgleichsbestreben von neuem überfluteten |
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und jegliches Vergleichsmaass uns raubten. Das Vergleichsmaass |
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Arbeit war im Nominaleinkommen nicht mehr heraus zu lesen, weil |
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es die Beziehung zu den Preisen und den durch Arbeitsaufwand |
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erzeugten Gütern verloren hatte. |
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Das Charakteristikum der stabilen Währung ist Paralleli- |
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tät in der Entstehung und die Kongruenz der beiden Wirtschafts- |
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pole, Einkommen und Preise, aufgebaut auf Arbeitswertgrössen, in |
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nur jeweils anderer Zusammenfügung; das restlose Aufgehen der Wer- |
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te beim Gütertausch. Das Merkmal der unstabilen Währung bedeutet |
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das vvBrvvechen dieser Grundsätze und damit das Zerstören des doppelt |
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gebundenen Maasses der Arbeit. Der Boden, auf dem die unstabile |
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Währung Raum hat, ist die wirtschaftliche Not; die Inflation war |
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gewissermassen nur ein mit Notwendigkeit ausbrechendes Mittel, |
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sie uns fühlbar werden zu lassen, und sie hatte im Gefolge die |
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wirtschaftliche und gesellschaftliche Schädigung, wie wir sie bei |
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unserer Betrachtung kennen lernten. |
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Haben wir mit diesem letzten Abschnitt anscheinend den |
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Boden der Theorie verlassen und unser Augenmerk auf eine tatsäch- |
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liche und praktische Erscheinung gerichtet, so geschah es, um diè |
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Wahrheit der vorher entwickelten Sätze hier zu erhärten. Wir stell- |
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ten diese Betrachtung an den Schluss, weil wir sie für den Aufbau |
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unserer Gedanken nicht benötigten, weil wir nicht rückwärts von |
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den Tatsachen ableiten, sondern diese auf eine theoretische Mei- |
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nung projekzieren. |
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