Versionsunterschiede von Wesen Und Inhalt Der Werteinheit




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1 Dissertation
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3 zur
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6 Erlangung der D o k t o r w ĂŒ r d e der
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8 sozial- und wirtschaftswissenschaftlichen FakultÀt
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10 der
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17 Eingereicht von
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19 __Ludwig ERHARD .__
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29 __ W e s e n und I n h a l t__
30   der
31 __W e r t e i n h e i t__
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33 __Inhaltsverzeichnis:__
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35 I. Kurze historische Betrachtungsweise der tausch-und gĂŒterwirtschaft-
36   lichen VergĂ€nge.
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38 II. Der Kreislauf der Wirtschaft; Einkommensbildung und GĂŒterverteilung.
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40 III. Die Lehrmeinungen; Nominalismus, Metallismus, Warentheorie des Geldes.
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42     Die ErkĂ€rung der Werteinheit als eines Arbeitsquantums.
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44 IV. Valuta und WĂ€hrungsformen:
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46       a.) Der Staat mit GoldwĂ€hrung
47       b.) Der Saat mit freier(Papier- ) WĂ€hrung
48       c.) Der ohne historische Erinnerung neu sich bildende Staat.
49       d.) Der autarke Staat ohne internationale Beziehungen.
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51 V. Die stabile und unstabile WĂ€hrung,- D0as Wesen der Inflation
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53 VI Schlussbetrachtung: Die Arbeit als WeltwÀhrungseinheit
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66               Wesen und Inhalt der Werteinheit erforschen suchen,
67 heisst soviel wie die heutige Wirtschaftsverfassung in all ihren
68 eng verschlungenen ZusammenhÀngen erkennen wollen. dabei ist es uns
69 klar, dass wir das VerstÀndnis nicht gewinnen können, etwa aus dem
70 Studium der MĂŒnzgeschichte, denn Werteinheit ist der viel weitere
71 Begriff wie Geld: Werteinheit umfasst und umspannt alles, was uns im
72 tÀglichen, wirtschaftlichen Leben in mannigfacheter Form entgegen-
73 tritt. Was die Werteinehit erreicht, hat seine IndividualitÀt verloren
74 und ist nunmehr in der QuantitÀt vor anderen Dingen differenziert.
75              Sei es Grund und Boden oder Vieh, sei es menschliche TĂ€-
76 tigkeit vom Dienst des Baerensammlers bis zur höchstqualifiziertes-
77 ten geistigen oder organisatorischen Arbeit, ob es nun Erz und Kohle
78 oder gleich der stolze Oceanriese, ein Kindersteinbaukasten oder ein
79 Wolkenkratzer in der New Yorker City, der millionste Kliescheeabzug
80 eines Bilderbuches oder ob es das Kunstwerk eines unserer besten
81 Meister sein ;- Dinge, die wie nie und nimmer vergleichen könnten, in
82 der Form, dass wie sie auf einen gemeinsamen Ausdruck bringen, sie
83 scheinen im Spiegel der modernen Wirtschaft gleichgemacht. Der Be-
84 griff der Werteineheit scheint uns etwas real wirtschaftliches darzustel-
85 len und es bleiben ĂŒbrig und regieren nurmehr die Zahlen, die sich
86 gegeneinander wÀgen, damit den Mechanismus der Wirtschaft in Gang
87 setzend.
88             Wir sagten, die Werteinehit "scheint" eine absolut reale
89 grösse zu sein und wollen die Beantwortung der Frage, ob die Möglich-
90 keit einer so beschriebenen Wertgrösse bestehen kann und was deren
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95 notwendiger Inhalt sein mĂŒsste zu spĂ€terer AusfĂŒhrung zurĂŒckstellen.
96 Den Weg, den wir beschreiten wollen, lassen wir uns von der reinen
97 Logik weisen, die uns zwingt, zu denken: "wenn alle jene IndividualitÀ-
98 ten dem wertenden Gedanken unterliegen und gleichnamigen Ausdruck
99 finden, so muss eine Regel, ein System vorherrschen, dem diese Bewertung
100 folgen muss; ĂŒber alle IndividualitĂ€t hinaus muss etwas Gemeinsames
101 den Dingen anhaften, das diesen wirtschaftlichen Vorgang rechtfertigt.
102 Und das Wertausdrucksmittel, die Werteinheit, gleich ob sie von Men-
103 schengeist erschaffen oder organisch sich selbst in diese REchte ge-
104 setzt hat, sie muss das, was sie in andern Dingen ausdrĂŒckt, die Quan-
105 titÀt, das Maass, nach dem sie die Dinge der Aussenwelt wertet, in sich
106 selbst enthalten oder - wir wollen uns hier noch keiner Theorie an-
107 schliessen - sie doch wenigstens symbolisieren.
108             Wir stehen hier im Streite der Wertlehren, zwischen den
109 Schwertern der Gelstheorien. Hie objektive, hie subjektive Wertlehre;
110 hie Metallismus, hie Nominalismus. Was wir in aller KĂŒrze hier einleitend
111 anfĂŒhren konnten, das ist schlechthin die gestellte Aufgabe selbst,
112 das bedeutet das Problem.
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115             Die historische Betrachtungsweise aufnehmend, fragen wir
116 uns, ob der Werteinheitsbegriff eine Urerscheinung wie Wert und Be-
117 dĂŒrfnis vorstelle oder ob er nur ein, der heutigen Wirtschaftsform
118 essentieller bestandteil sein. Auf diese Weise mĂŒssen wir einmal zu
119 dem Punkte gelangen, wo jener Begriff im Wirtschaftsleben erstmals
120 wirksam und erkenntlich wird. Wir versetzen und zurĂŒck in das Zeit-
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125 alter der geschlossenen Hauswirtschaft, wo deren MItglieder je nach
126 Eignung durch Geschlecht und Geschicklichkeit, in freier Arbeit den
127  Unterhalt der Familie beschafften. Von einem Werten in solcher Wirt-
128 schaft kann man eigentlich nur in dem Sinn sprechen, als die Arbeit
129 eben nur auf solche Dinge angewandt wurde, denen man den GĂŒterwert
130 zuerkannte, und d.h. wieder Dinge, die im VerhÀltnis zu der Dringlich-
131 keit des BedĂŒrfnisses den gleichen Begfriedigungs- und SĂ€ttigungsgrad
132 erhoffen liessen.
133             Die wirtschaftliche Entwicklung, die wir als Tatsache
134 annehmen wollen, schreitet fort. Durch irgendwelche UmstÀnde, wie die
135 Völkerwanderungen, traten die Menschen nicht nur in Beziehungen zu
136 anderen Wirtschaften ihres Stammes und ihrer Art, sondern auch zu
137 fremden Völkern mit anderen Sitten, GebrÀuchen und Lebensgewohnheiten;
138 lernen damit fremde BedĂŒrfnisse kennen und schĂ€tzen. Die ersten Tausch-
139 handlungen werden hier zustande gekommen sein, ohne dass aber eine
140 Werteinheit dabei nötig war, - ein Gut tauschte das andere aus.
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142             Schon in den AnfĂ€ngen des wirtschaftlichen Verkehrs
143 spielt die persönliche Qualifikation eine Rolle, insofern als sie
144 zur Bildung von Berufen drÀngt, ohne aber, wie wir sehen werden, den
145 reinen Naturaltausch noch zu stören. Wenn der Töpfer und der Korb-
146 flechter ihre Produkte auszutauschen trachten, so werden sie etwa die
147 Ueberlegung anstellen: Der Korbflechter, der die irdene Schale benö-
148 tigt, wird abschÀtzen, dass er zwei Tage zu deren Herstellung aufwenden
149 muss, wÀhrend der Töpfer sie vielleicht in einem Tage schon herstellt.
150 Dem Töpfer, dem der Korb begehrenswert erscheint, wird umgekehrt zwei
151 Tage Arbeit zu dessen Beschaffung benötigen; der Korbflechter hinwie-
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156 derum hierzu nur einen Tag. In der Hingabe ihres Erzeugnisses tauschen
157 die beiden die Arbeit eines Tages- (Ton und Weiden sind mit gleichem
158 Beschaffungswiederstand zu erreichen, die Geschicklichkeit der Tauschen-
159 den in ihrem Berufe, ihre persönliche Quali--z--fikation ist gleich) - sie
160 tauschen absolute Äquivalente. In dem Maasse aber, in dem die Hauswirt-
161 schaften an der Geschlossenheit, die eben ihr Wesen ausmachte, verlieren
162 und die FĂ€den mit anderen solchen anknĂŒpfen, weil sie aus solchem Tun
163 grössere und jedenfalls reichlichere BedĂŒrfnisbefriedigung erhoffen,
164 in gleichen Maass arbeiten sie auf eine, wenn auch noch primitive Ar-
165 beitsteilung hin und helfen eine neue Wirtschaftsverfassung vorberei-
166 ten.
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168             Die HĂ€ufung der Tauschoperationen vermehrt zugleich die
169 Schwierigkeit ihrer DurchfĂŒhrung, denn nicht immer wird der Tauschende
170 den finden, der gerade sein Erzeugnis benötigt und das gewĂŒnschte feil-
171 bietet. Die GĂŒter sind naturnotwendig auch nicht von gleicher Teilbar-
172 keit und Dauerhaftigkeit. Wie, wenn ich hundert kleine Dinge oder leicht
173 verderbliche Genussmittel benötige und nur ein Rind dafĂŒr zu tauschen
174 in der Lage bin. S o l a n g e wird der Tausch eine ZufÀlligkeit blei-
175 ben, so lange keine Möglichkeit besteht, diese WiderstÀnde zu umgehen.
176 Nicht Menschengeist hat erfunden, sondern die natĂŒrliche, organische
177 Entwicklung drÀngte darnach und liess aus dem Verkehr selbst heraus
178 ein allgemein beliebtes, gern in Tausch genommenes Gut erwachsen, das
179 dank seiner Eigenschaften - widerstandsfÀhig, relativ kostbar, teilbar
180 haltbar und leicht transportierbar - imstande war, jene die Entwicklung
181 fesselnde Schwierigkeit zu ĂŒberbrĂŒcken und damit den Tausch als allge-
182 mein geĂŒbte wirtschaftliche Handlung zu legalisieren. Die Geschichtss-
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187 schreibung erzÀhlt uns von Vieh, Muscheln, Fellen und vor allem und
188 damit betrachten wir bereits wieder eine neue Form der Entwicklung -
189 von Edelmetallen.
190             Alle Momente, die wir zu solcher bevorzugten Stellung
191 fĂŒr nötig erachten, die Edelmetalle vereinten sie in sich bis dass
192 sie in einer gewissen, irgendwie durch Stamm oder Wahl zusammenhÀngen-
193 den Gemeinschaft als Universaltauschgut den gesamten Verkehr beherrsch
194 ten. Jetzt musste jedes Ding beim Tausch das Medium des Edelmetalles
195 passieren und erhielt seinen Wertausdruck in der Reduktion auf eine
196 Teilgewichtsmenge des allgemeinen Tauschgutes. Und zwar können wir
197 sagen, je grösser und weit verzwiegter diese Gemeinschaft der mit
198 gleichen Maassen Wertenden ist, je grösser und verzweigter ihr Bedarf,
199 je entwickelter ihr öffentliches Leben ist, desto sicherer, zielbewuss-
200 ter und natĂŒrlicher, desto genauer ausbalanciert werden in der Vielheit
201 der Beziehungen die GĂŒterwertungen
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221       Das Vorhandensein des realen Tauschgutes kann uns somit
222 nicht hinden, so sehr es auch das Bild verschleiern kann, den wahren
223 Charackter des Geldes im Tauschmittel zu erblicken, ja sogar dann
224 erst den Begriff Geld ĂŒberhaupt anzuwenden, wenn die Werteinheit,
225 auf die es lautet, ihrem Inhalt und Wesen nach vom Objekt zum MIt-
226 tel sich gewandelt hat. Wenn die Werteinehit, das Gut Gold, gleich
227 wie es in jener definiert ist, allein den Gegenpol zu allen anderen
228 GĂŒter bildet, so ist es naturnotwendig, dass es, ausgenommen den
229 Fall wirklich einmal zur letzte Befriedigung zu dienen, die histo.
230 rische Verankerung und damit auch seine SelbststÀndigkeit im mensch-
231 lichen Denken verliert und uns als Grösse nurmehr in der Vielfalt
232 der Relationen und Preise etwas zu sagen hat. Die Gewonheit des
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236 tÀglichen Lebens spricht auch nicht mehr von Tausch, sondern von
237 Kauf, ja selbst der dem Sinn nach richtige Ausdruck Tauschmittel
238 bildet sich in K^^o^^nsequenz um in Zahlungsmittel. Ist das nicht
239 auch, wenn auch nur rein Àusserlich eine BestÀtigung des von uns
240 herausgebildeten Gedankenganges? Das konkrete Geld spielt eine
241 ganz untergeordnete Rolle, seinen Geist erhÀlt es durch die Wert-
242 einheit eingehaucht, auf die es lautet, und die Wirklichkeit die
243 Grundlage des ganzen Wirtschaftsverkehrs bildet.
244          Wir streiten hier nicht darĂŒber, ob das Geld stoffwert-
245 voll oder wertlos zirkulieren muss und kann, das ist eine sekundÀre
246 Frage. Uns ist nur wichtig, ob die Werteinheit real bestimmt und
247 im Stoffe verankert oder ob sie auch eine abstrakte rein rechneri-
248 sche Grösse sein kann.Wenn wir sehen und sagten, dass die WErtein-
249 heit ihrem Wesen nach vom Objekt zum Mittel geworden ist, so ist
250 ein Teil der Antwort schon voraus genommen, und es bleibt uns nur
251 noch zu fragen ĂŒbrig, dass, wenn schon das Mittel die Seele der
252 Werteinheit ausmachen soll, ob es dann losgelöst von jeder Bindung
253 an eine RealitÀt, ob es dennoch in einer solchen sich verkörpern
254 oder ob es nur eine solche symbolisieren mĂŒsse.Hier bleibt uns
255 noch genĂŒgend zu lösen ĂŒbrig.
256        Wiederlegt hoffen wir nur das eine zu haben, dass von dem
257 Augenblicke an, wo wir von Werteinheit sprechen - in der wirt-
258 schaftlichen Gemeinschaft, die sich allgemein und immer gleichem
259 historisch begrĂŒndeten Wertausdruckes bedinet - nicht jeder wirt-
260 schaftliche Akt, jeder Tausch, Kauf oder Verkauf wie wir es gerade
261 nennen wollen, immer von neuem die ErwÀgung des AbschÀtzens
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266 am Golde notwendig macht. Bewiesen hoffen wir zu haben, dass es in
267 genanntem Stadium, auch wenn die Werteeinheit noch in stoffwertvol-
268 lem Material verkörpert ist, es doch nicht mehr ihre Aufgabe sein
269 kann, absolutes Maass fĂŒr alle ĂŒbrigen Dinge abzugeben, sondern
270 im Ausdruck der Ein-oder Vielheit die GĂŒter der Aussenwelt kom-
271 mensurabel zu machen.Ob dann, wenn die Werteinheit ihrem Wesen nach
272 und funktionell bereits "die reine ObjektivitÀt" besitzt, eine Zu-
273 rĂŒckreduktion auf den historischen Urgrund als Stoff nicht doch
274 notwendig oder wenigstens wĂŒnschenswert erscheint und unter wel-
275 chen besonderen U^^m^^stÀnden das der Fall wÀre, kann erst die weite-
276 re Untersuchung aufklĂ€ren. Die daran sich anknĂŒpfenden Erörterungen
277   wollen wir darum auch hier abbrechen, um die weiteren Daten der
278 Entwicklung zu skizzieren.
279     Soweit wir bisher analysieren konnten, erkannten wir,
280 dass die Werteinheit zwar eine Wandlung bezĂŒglich ihres Inhaltes
281 und ihres Wesens erfahren hatte, wÀhrend der Equivalenztausch Àus-
282 serlich immer noch aufrecht erhalten blieb. Je mehr nun aber die
283 Produktion der Grösse und Reichhaltigkeit nach sich steigerte,
284 desto schwieriger musste es sein, diese gleichen Mengen von Edel-
285 metallen fĂŒr den Handel zu beschaffen und so konnte es nicht aus-
286 bleiben, dass man zwar auf der einen seite den Segen der eröhten
287 ProduktivitĂ€t verspĂŒrte, auf der anderen aber auch die AnhĂ€ufung
288 von Gold und Silber, diesen toten Schatz, als eine zwcklose Mate-
289 rial-und Kraftverschwendung erkannte. Wir befinden uns hier an der
290 Bruchstelle, wo wir zu einer neuen Phase unserer Wirtschaft kommen,
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297 die mit dem Worte K r e d i t gekennzeichnet ist.Mit Hilfe des
298 Kredits wurde Gold als ausschliessliches Zahlungs-oder Tausch-
299 mittel ĂŒberwunden; wir tauschen nicht mehr Ware mit barem Gelde,
300 sondern Ware auf Kredit gegen eine Forderung. So wirkt die Seele
301 des Geldes als Werteinheit begrifflich weiter auch dort, wo sie
302 sich ĂŒner den Stoff erhebt.
303          Ueberlegen wir aber,dass nur derjenige Kredit geben kann,
304 der nicht sofort auf das Equivalent seiner Arbeit angewiesen ist;
305 dass also wirtschaftliche LeistungsfĂ€higkeit Voraussetzung fĂŒr
306 ein durch KreditgewÀhrung entstandenes Forderungsrecht bildet.
307 Persönlich, sachlich, örtlich und zeitlich gebunden ist es nicht
308 dazu geeignet im Bedarfsfalle mobil gemacht werden zu können und
309 so lange das nicht jeder Zeit möglich war, solange das eine ZufÀl-
310 ligkeit und Ausnahmeerscheinung darstellte, solange konnte auch
311 die KreditgewÀhrung, die das Charakteristikum erst dann darstellt,
312 wenn sie allgemein geĂŒbt ist, nicht die Erlösung aus den Fesseln
313 des Stoffgeldes uns bescheren. Eine Kompensation der verschiedens-
314 ten Forderungsrechte wÀre zwar begrifflich theoretisch möglich,
315 denn die Summe aller Soll- und Ahbenposten mĂŒssen von der Perspek-
316 tive der Volkswirtschaft gesehen sich genau aufheben; hier aber
317 handelt es sich darum, einen fĂŒr das tĂ€gliche Leben gangbaren, prak-
318 tischen Ausweg zu finden. Wer wird dieser Schwierigkeiten leichter
319 Herr werden, als die autonome Wirtschaft selbst, die sich nicht
320 durch ihre Eigenbehelfe in starre Banden legen lÀsst, die vielmehr
321 aus sich selbst heraus die technischen Mittel gebÀren wird, die
322 si zu ihrer glatten Abwicklung wird nötig haben. Und diesen TrÀger
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327 finden wir im Wechsel, der damit die ganze Wirtschaft auf ein
328 sicheres F^^u^^ndament stellt. Von seinen sonstigen Rechtstiteln ab-
329 gesehen bedeutet er in seiner Urform nichts anderes wie eine
330 Quittung ĂŒber wirtschaftlich gegebenen Kredit. Der Wechsel ist fĂŒr
331 den Kreditgebenden Legitimationspapier fĂŒr eine wirtschaftliche
332 Leistung, fĂŒr die Hingabe eines Gutes; er ist gewissermassen das
333 Protokoll darĂŒber, dass ein Tausch beabsichtigt sei, dass aber erst
334 der eine der beiden Kontrahenten zu leisten in der Lage war, wÀh-
335 rend der andere urkundlich bestÀtigt oder verspricht, den schul-
336 digen Gegenwert nach einer bestimmten Frist einzulösen. Die dem
337 Sinna nach unverÀndert fortbestehende Tauschwirtschaft erfÀhrt nur
338 durch die, zwischen die Tauschhandlungen getretene, aber durch
339 den Kredit ĂŒberbrĂŒckte Zeitspanne eine Komplizeirung, die uns bei
340 nachlĂ€ssiger Betrachtung verfĂŒhren könnte, den Tausch, dessen letzte
341 Handlung erst immer den definitiven Ruhepunkt bedeuten kann, zu
342 negieren. Die ganze Entwicklung erkennen wir als eine zwangslÀufi-
343 ge, die gewaltsam zur letzten Spitze treiben muss, wenn wir die
344 tatsÀchliche moderne Wirtschaft unserer Betrachtung zu grunde
345 legen. Wo neben dem stossweisen Produktionsprozess tausend kon--s--ti-
346 nuierlich fortlaufende Konsumakte einher gehen, da mĂŒssen die
347 Tauschoperationen dieser Gruppen ihr besonderes GeprÀge erhalten
348 und werden besondere technische Mittel beanspruchen. Und werden
349 wir uns klar, dass in der heutigen Wirtschaft wir fast alle sowohl
350 auf der einen wie auch auf der anderen Seite zu stehen kommen,
351 dann erkennen wir das ganze Problem nicht mehr als ein privates,
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356 sondern als ein im höchsten Masse gesellschaftlcihes an, das in
357 gesellschaftlichen, gesetzlichen Normen den sichtbaren Ausdruck
358 finden muss. Und die Krönung der ganzen Entwicklung erleben wir
359 in der Geldschöpfung auf Grund des acceptierten Warenwechsels.
360 Die TĂ€tigkeit der Instanz, die der Wirtschaft den^^ie^^ Wechsel mit
361 ihren zufĂ€lligen Summen ausgedrĂŒckt in werteinheiten in staat-
362 lich begĂŒltigte StĂŒcke auf runde Summen lautend, und dazu frei
363 ĂŒbertragbar, das ist in Geld umwechselt oder genauer gesaggt, vor-
364 schiesst, ist, mag sie auch von einem, dem Namen nach privaten In-
365 stitut wie der Reichsbank geleitet sein, eine durchaus volkswirt-
366 schaftliche, denn diese Stelle ist der organisierte Ausdruck der
367 Gemeinschaft, sie handelt im Namen und zum Nutzen der Gesamtheit.
368           Den Dienst, den solches Geld fĂŒr jene Gemeinschaft leistet,
369 können wir uns vergegenwÀrtigen, wenn wir uns den gesamten Zahlungs-
370 verkehr - oder wir können ihn auch noch durch alle Àussenren
371 Formen als Tauschgrundlage erkennen, wenn wir d--en--iesen auf ein allgemein-
372 nes Abrechnungs_ und Verrechnungsverfahren gestellt denken, wie dies
373 ohne Geld in der arbeitsteiligen Verkehrswirtschaft dann notwendig
374 der Fall sein mĂŒsste. Es wĂ€re ein auf die höchste Spitze getriebe-
375 ner, bargeldloser Verkehr, wie wir ihn uns vielleicht noch technisch,
376 kaum aber praktisch könnten vorstellen. Aller Zahlungsverkehr des
377 Landes wird durch den Giroverkehr ihrer Zentralbank vollzogen.
378 Bendisen hat in seinem "Geld und Kapital" diesen Zustand einmal
379 angedeutet, bei dem dann die Banknoten nicht Verpflichtung zur Zahlung, sondern Verpflichtung der Zentrale zur Gutschrift wÀren.
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384 Zwischen einer solchen aus Leistung geborenen G u t s c h r i f t s-
385 Banknote und unserer Z a h l u n g s m i t t e l-Banknote ist
386 inhaltlich und in wirtschaftlicher Wirkung kein Unterschied.
387 Was obiger Variante im tÀtigen und tÀglichen Leben entgegensteht,
388 das ist bildlich und drastisch ausgedrĂŒckt der "10 Pfennig-Automat"
389 der rosten muss, wenn wir es nurmehr mit Be-und Entlastung zu tun
390 haben. Wenn wir eingangs sagtenm die Wirthscaft schiesst vor, um
391 die Tauschhandlungen zu beendigen, so ist damit auch eigentlich schon
392 gesagt, dass das Geld als das sichtbare Verrrechnungsmittel darnach
393 begrifflich ausser Kurs gesetzt sein muss, aber das geschieht in
394 der Form der Einlösung beim Wechselschuldner als dem sÀumigen
395 Tauschkontrahenten. Er nur allein kann in Wahrheit den Tauschakt
396 beenden. Wenn in der Erwartung jener letzten Leistung die Wirt-
397 schaft jene Tauschwerteinheiten sich eigentlich kĂŒnstlich selbst
398 vorstreckt, so konnte sie das eben nur tun, weil das GĂŒterreservoir
399 der Wirtschaft infolge gleichen Z^^u^^und Abstroms nie geleert ist.
400 Das kann hier einstweilen nur angedeutet werden.
401                    Wir wollen die Möglichkeit einer weiteren Fortentwick-
402           lung oder vielleicht wĂ€re es nur eine Umbildung der Anpassung,
403 nicht ohne weiteres verneinen; wir sind nur fĂŒr den Augenblick
404 der gegenwÀrtigen Verfassung auf der Spitze angelangt. Die Entwickl-
405 lung von der B^^u^^chforderung ĂŒber den Wechsel bis zur Banknote
406 zeigt deutlcih in jedem Stadium den Fortschritt und zugleich Stand
407 und Egenart der Wirtschaft. Die Banknote ist enthoben ĂŒber per-
408 sönliche, sachliche, örtliche und zeitliche Bindung, wie sie der For-
409 derung und wenn schwÀcher, so doch auch dem Wechsel anhaftet.
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414 Aus ihnen hervorgegangen und gleichen Wesens mit ihnen, dadurch
415 wurzelnd in der produktiven Leistung der Gemeinschaft die mittel
416 allgemein gĂŒltigen Wertbegriffen rechnet, so ist die Banknote, sol-
417 che Werteinheiten reprÀsentierend das moderne Geld geworden, das
418 wie ursprĂŒnglich das reale Tauschgut - das Geld im Gewichte oder
419 auch bereits im Ausdrucke der Werteinheit - in unserer Wirtschaft
420 als Tauschmittelfunktion den Verkehr ermöglicht. Jetzt, wo zu den
421 GĂŒtern in besonderem Maasse noch Diense und Nutzungne als selbs-
422 stĂ€ndige wirtschaftliche Faktoren treten, mĂŒssen auch diese in
423 den Kreis der Relationen mit hineingezogen werden und damit taucht
424 die eingangs gestellte Frage erneut auf, welches Maass denn geeig-
425 net wÀre, die durchaus differenzierten Dinge ihrem absoluten Werte
426 nach zu bestimmen. Zwar haben wir dem Wert der Waren auch vorher
427 schon nach der Menge der angewendeten Arbeit bestimmt; dieses
428 allein war wertbildend ohne RĂŒcksicht auf die Art des der Arbeit
429 zu gruned liegenden Naturstoffes der an sich wirtschaftlich
430 wertlos ist. Die Entlohnung der Arbeit bedeutete ehedem die gegen
431 das gestellte Gut getauschte Ware, worinnen gleiche Arbeitsmengen
432 in beiden FÀllen verkörpert waren. Heute hat nicht jeder Arbeiter
433 mehr das Produkt seiner Arbeitsleistung in HĂ€nden und darum
434 mĂŒssen die Beziehungen nicht nur auf die GĂŒterwerte sondern
435 getrennt von ihnen auch auf deren Einzelfaktoren, die Dienste
436 erweitert werden. Das Geld und in besonderem Maasse die Kategorie
437 des stoffwertlosen Papiergeldes ist nur befÀhigt Relationen
438 aufzudecken, obgleich dieses " n u r " genĂŒgt, den Mechanismus
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443 des Wirtschaftslebens in Bewegung zu halten1/2 Wie jedes Teilgut frĂŒh-
444 her --e--in einem entsprechenden Teilgewicht dargestellt, so kann
445 auch bei modernen Bankgelde jeder Faktor des in Arbeitsteilung
446 entstandenen Produktes in einer entsprechenden Anzahl von Wert-
447 einheiten symbolisch vergegenstÀndlicht und damit die Distri-
448 bution ermöglicht werden. Der Begriff der Werteinheit ist heute
449 so in unser Denken und FĂŒhlen eingehĂ€mmert, dass wir uns im tĂ€g-
450 lichen Leben nicht die Frage nach deren absoluten Werte stellen
451 mĂŒssen. Wohl aber muss die Wissenschaft versuchen, das Dunkel
452 zu durchdringen; insbesondere wird es sich darum handeln, das in
453 so langer Entwicklung geborene Bankgeld - unser heutiges Geld
454 schlechthin - um dazu alles, was begrifflich damit verwoben ist
455 wie Bardeckung, Geldeinlösungspflicht, PrÀgefreiheit und mehr
456 nÀher zu analysieren. Die Betrachtung des Kreislaufes der Wirt-
457 schaft, der Einkommensbildung und GĂŒterverteilung, die den Rahmen
458 des folgenden Teils abgeben soll, wird geeignet sein, die Zusam-
459 menhÀnge unserer Wirtschaft aufzudecken und manche der gestell-
460 ten Fragen der endlichen Beantwortung ertgegen reifen lassen.
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470             So lose auch bei nachlĂ€ssiger Betrachtung eine
471  Atomisierung des wirtschaftlichen Kreislaufe mit der Wertein-
472  heit zusammenhĂ€ngen mag, wie wenig solches Unterfangen auch zur
473  Bereicherung der Erkenntnis ihres Wesens beizutragen befĂ€higt
474 ist, so wird uns doch gerade aus dieser Anschauung, die eigentlich,
475 losgelöst von jeder theoretischen Lehrmeinung uns nur die wirt-
476 schaftlichen Bindungen und die wirtschaftlichen Funktionen der
477 Werteinheit wird aufdecken können, ein Gewinn fĂŒr unsere Untersu-
478 chung erwachsen. In ihrem Element, der Wirtschaft, gehorcht sie
479 nimmer dem Winke der Theorie, die Werteinheit wandelt und formt
480 sich um aus scheinbar eigener Kraft heraus und die orthodoxe
481 Lehre weiss keinen Zauberspruch mehr, den Geist, dem jene mÀhlich
482 entwachsen ist, zu bannen. Wir sehen, d a s sind die Àusseren
483 Formen der Werteinheit, d a s vermag sie und wenn wir sie dann
484 so in das weit verzweigte Getriebe der Wirtschaft hineinverfolgt
485 und ihr Sein in den feinsten Nerven des Wirtschaftskörpers ver-
486 spĂŒrt haben, dann mĂŒssen wir mit dem wissenschaftlichen RĂŒstzeug
487 die Sonde anlegen, um den Kern, den Inhalt und den Geist der Wert-
488 einheit aus allen Aeusserlichkeiten herauszuschÀlen.
489           So wie es historisch gesehen Aufgabe irgendeines Tausch-
490 gutes war, den zufÀlligen Austausch von Waren zwischen Einzelper-
491 sonen, wie es dann dem staatlichen Stoffgelde oblag den Tauschver-
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496 kehr innerhalb einer Wirtschaftgemeinschaft zu verwirklichen,
497 wie in allen Stufen und in jeder Phase der Wirtschaft stets noch
498 die Werteinheit den Körper, d.i. die Technik annahm, die vonnöten
499 war, sollte von dieser Seite die Entwicklung nicht gehemmt werden,
500 so wird auch der schon heiraus erkennbare Geist der Werteinheit
501 gleich in welcherlei Gestalt er uns in der Geldform begegnen mag,
502 auch in der modernsten arbeitsteiligen Verkehrswirtschaft dazu be-
503 rufen sein, um Produktion, Distribution und Konsumtion ein alles
504 verbindendes Band zu schlingen, mit anderen Worten, dem ganzen
505 wirtschaftlichen Leben, das jetzt scharf getrennt in diesen deut-
506 lich unterscheidbaren drei Begriffen aufgehen muss, zu einer flĂŒs-
507 sigen Abwicklung zu verhelfen. Wir sprechen in jener Zeit von Welt-
508 wirtschaft und sagen damit, dass die einzelnen Glieder derselben
509 nur um so fester verbundene, geschlossenere Gebilde darstellen mĂŒs-
510 sen, die den anderen gegenĂŒber als eine solidarisch haftende Ein-
511 heit in die E^^r^^scheinung tritt. U^^n^^d jede dieser Einheiten hat wieder-
512 um ihre eigene Wirtschaftsordnung, ihre eigene Wert-oder Rechnungs-
513 einheit, lebt ihr eigenes Leben und muss die KrÀfte dazu aus sich
514 selbst schöpfen. Diese KrÀfte so in Bewegung zu setzen, dass ein
515 relatives Maximum an GĂŒtern erzeugt, dieser Vorrat wiederum nach
516 einem, alle beteiligten Faktoren gleich wertenden SchlĂŒssel ver-
517 teilt und dabei noch das notwendige " volkwirtschaftliche Kapital "
518 erĂŒbrigt wird, diesen Mechanismus insgesamt wollen wir den Kreis-
519 lauf der Wirtschaft nenn. So kam man dazu, je nachdem wohin man
520 das wesentliche Moment und den Nachdruck verlegte, von einer Geld-
521 wirtschaft, von einer Kreditwirtschaft und schliesslich doch auch
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526 noch von einer Tauschwirtschaft zu sprechen, wobei aber bei letz-
527 terer Ausdrucksweise nicht ohne weiteres ersichtlich ist, ob der
528 Tausch bereits bei Hingabe des Geldes oder erste bei Wiederein-
529 lösung desselben in Waren als vollendet zu gelten hat. Mag eine
530 Theorie auch einen Warenkauf mit gleichzeitiger Geldzahlung als
531 einen Tausch charakterisieren wollen, wobei auch beim stoffwert-
532 losen Gelde alle Gesetze eines realen Tausches, gleich wie bei
533 zwei stofflichen GĂŒtern obwalten; bei der Betrachtung der Wirt-
534 schaft mĂŒssen wir uns wieder begegnen, in deren Grenzen innerhalb
535 einer bestimmten Periode alles zum letzten definitiven Tausche ,
536 zum Konsum drÀngt. Nur dadurch wird die Wirtschaft wieder in das
537 Gleichgewicht gebracht und zugleich zu neuer Leistung angefacht.
538 Und zu diesem letzten Konsumakte gehören von der volkwirtschaft-
539 lichen Perspektive aus gesehen alle GĂŒter die verzehrt oder doch
540 nicht mehr mobil gemacht und nimmer in die Zukunft wirken können.
541 Auch wenn das Geld stoffwertvolles Gut und etwas die zeitlich
542 beschrĂ€nkten Produktionsphasen Überdauerndes, gewissermassen
543 Ewiges darstellt und immer aufÂŽs neue gegen GenussgĂŒter zu tau-
544 schen bereit ist, auch dann wird, natĂŒrlich immer nur periodisch
545 gesehen, dieses Stoffgeld zum Stillstand verurteilt sein, wenn
546 die ĂŒber den Eigenbedarf verfĂŒgungsfreien Waren gegen andere
547 ebensolche sich ausgetauscht haben und so innerhalb der vorhan-
548 denen Möglichkeiten der grösste SÀttigungsgrad des Konsums er-
549 reicht ist. Von diesem Augenblicke an ist das Geld begrifflich
550 nicht mehr T a u s c hgut, sondern einfach Gut, ein Besitz wie
551 irgend ein anderer, der in der Hand des Wirtschafters nach vol-
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556 lendetem Austausch seine ĂŒberschĂŒssigen Produkte in andere Konsum-
557 gĂŒter mittels jenes Geldes doch im Einzelfall, nie aber in der Gesamt-
558 heit möglich sein. In anderen Falle, wo das GEld in eienm stoffwert-
559 losen Material vergegenstÀndlicht ist, und das ganz besonders bei
560 dem durch den Warenwechsel an die Produktion gebundenen Gelde,
561 das wiederum eingezogen und damit volkswirtschaftlich vernichtet
562 wird, bei dem --a--kann von einem definitiven Tausche zwischen Geld und
563 Ware, wenn ĂŒberhaupt, so doch nur sehr gezwungen und gewagt gespro-
564 chen werden.
565        Wohl aber können wir dort, wo freie Menschen in wirtschaft-
566 liche Beziehungen zueinander treten, diese, wenn sie von einem ge-
567 schlossenen Wirtschaftsverbande organisiert werden, zusammen genom-
568 men als Tauschwirtschaft allgemein anerkennen. Das Prinzip der
569 Äquivalenz, das wir geneigt sind, in den Tausch zu legen, kann durch
570 MachtverhĂ€ltnisse getrĂŒbt bis schrill gestört werden, aber hier
571 bei der Betrachtung des Kreislaufes kann es nur darauf ankommen,
572 innerhalb der ganzen Wirtschaft nachzuweisen, dass trotz dieser
573 Störung plus und minus sich aufhebt und der GĂŒterausgleich auf
574 dieser Grundlage sich hat vollziehen können.
575        Wir mĂŒnden hier in die Frage des Wertes und Mehrwehrtes
576 ein, ohne hier dem weiter nachforschen und ohne erreichen zu wollen,
577 wie weit im einzelnen jenes plus oder minus ĂŒber das durchschnitt-
578 liche Einkommen in der nur gedankanklich möglichen Abstraktion "der
579 Gesellschaft der Gleichen" hinaus schwingt oder zurĂŒckbleibt. Wir
580 sahen nur, dass solche M^^ö^^glichkeit besteht, wenn der Arbeitende
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585 nicht mehr das Werk seiner Arbeit verfĂŒgungsbereit in HĂ€nden
586 hat, dass die Spanne eine immer grössere zu werden vermag, je
587 entfernter der Wirtschaftende einer fertigen Ware insbesondere
588 den Produktionsmitteln steht, je weiter die AbhÀngigkeit reicht,
589 ohna aber, was wesentlich ist, der Àusserlichen Freiheit verlustig
590 zu gehen. Wenn, wie wir gesehen haben, ein G^^u^^t sich definitiv nur gegen ein anderes austauschen kann, so ist das natĂŒrlich fĂŒr die
591 ganze GĂŒterwelt von GĂŒltigkeit und in der Volkswirtschaft kompen-
592 sieren sich im Endzustande zwei gleiche GĂŒterkomplexe.Die Schwie-
593 rigkeit, das plastisch zu erkennen, mĂŒssen wir hier im besonderen
594 darin suchen, dass in der mordernen Wirtschaft, wohl Nutzungen und
595 selbstÀndige Dienste, die in keinerlei konnexer Beziehung zu deren
596 Warenwelt stehen, ihrerseits doch an der GĂŒterentnahme aus der
597 Wirtschaft, am Kuuo uunsum beteiligt sind und im allgemeinen noch darin,
598 dass die Tauschhandlungen aus einander gerissen und erst durch
599 den Kredit wieder verbunden werden, ferner dass der Schleier des
600 Geldes ĂŒber den gĂŒterwirtschaftlichen wesentlichen VorgĂ€ngen
601  gebreitet liegt. Wir bestreiten zudem nicht, dass alle VorgĂ€ng
602 hier nicht ihre Wurzeln haben, wollen aber im Ferneren ein Bild geben, das
603 , ohne das Gesagte zu negieren, den modernen Erscheinungen doch eher
604 gerecht und uns allgemein verstÀndlicher wird.
605           Vorher aber wollen wir noch die Auffassung Schumpeters
606 wiedergeben, der etwa folgendermaassen ausgefĂŒhrt:
607           "Wirtschaft ist der Kreislauf von produktiven Aufwen-
608 dungen und konsumtiven Verwendungen innerhalb einer Periode und
609 und zwar realisieren sich Produktion und Verteilung durch den
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614 Austausch von produktiven Leistungen sachlicher und persönlicher
615 Natur gegen GenussgĂŒter. FĂŒr letztere allein gelte der Ausdruck
616 Sozialprodukt. Die Produktion ist wirtschaftlich nicht anderes
617  als ein Kombinieren von Produktionsmitteln und damit realisiert
618 sie in den GeschÀftsakten, im Eigentum von Produktionsmitteln
619 gegen GenussgĂŒter auch zugleich die Verteilung. Die Unternehmer
620 tauschen das Sozialprodukt gegen Buuouuden-und Arbeitsleistungen und
621 gegen produzierte Produktionsmittel. Mit letzteren produzieren
622 sie wieder GenussgĂŒter auch zugleich die Verteilung. Die Unternehmer
623 tauschen das Sozialprodukt gegen Buuouuden- und Arbeitsleistungen und
624 gegen produzierte Produktionsmittel. Mit letzteren produzieren
625 sie wieder GenussgĂŒter u.s.f. Die Produzenten von produzierten
626 Produktionsmitteln tauschen gegen GenussgĂŒter und diese wieder
627 aus gegen Produktionsmittel, mittels deren sie wieder neu zu pro-
628 duzieren imstande sind. Der Anteil des einzelnen hÀngt von dem
629 Marktwert seiner TĂ€tigkeit ab. Jedes Subjekt wirft in den gĂŒter-
630 wirtschaftlichen Automaten seinen Beitrag und erhÀlt durch den
631 Mechanismus eine GĂŒterquantitĂ€t und alle diese GĂŒterquantitĂ€ten
632 die Einkommen, erschöpfen das Sozialprodukt. Das Geld nun zerreisst
633 die Volkswirtschaft, die sonst einen grossen Markt bilden wĂŒrde,
634 in zwei MĂ€rkte. Auf dem Produktionsmittelmarkt sind die Unterneh-
635 mer Nachfragende--n-- ,die Konsumenten Anbietende , auf dem GenussgĂŒter-
636 markt umgekehrt und so vollzieht sich dann der Austausch von
637 Geld gegen GenussgĂŒter. Die Kuuouunsumenten des GenussgĂŒtermarktes
638 sind dieselben, die auf dem Produktionsmittelmarkt als Anbietende
639 auftreten und können auf dem GenussgĂŒtermarkt dasselbe Geld aus-
640 geben, das sie auf dem Produktionsmittelmarkt eingenommen haben,
641 wobei die Unternehmer bezĂŒglich ihrer eigenen Leistung den
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646 Anbietenden auf dem Produktionssmittelmarkt und bezĂŒglich ihrer
647 eigenen Konsumtion den Nachfragenden auf dem GenussgĂŒtermarkt
648 beizuzÀhlen sind. Auf dem Produktionsmittelmarkt steht wiederum
649 nur soviel zur VerfĂŒgung als korporativ--n--auf dem GenussgĂŒtermarkt
650 ausgegeben wurde und durch Vermittlung der Unternehmer auf den
651 ersteren gelangt ist.""
652                  Soweit Schumpeter.
653          Wir mögen die Wirtschaft beleuchten, von welcher Seite
654 wir auch immer wollen, das Zentralproblem werden wir in der GĂŒter-
655 verteilung zu suchen haben und der SchlĂŒssel, der uns die Pforten
656 zum Kuuouusum öffnet, den finden wir im Einkommen.Der Konsumtrieb
657 ist das Schwungrad fĂŒr jegliche Produktion, fĂŒr jegliche Bewegung
658 im Wirtschaftskörper ĂŒberhaupt. Er ist immer das primĂ€re Moment
659 und er allein diktiert die Produktion, mag er auch wieder in seiner
660 möglichen Höhe an die Grösse der derzeitigen Produktion eng ge-
661 bunden sein. Eine Vorauseskomptierung des wahrscheinlichen Konsums
662 ist in der Wirklichkeit denn doch immer vom wirklichen Konsum
663 abhÀngig und folgt ihr der nicht, so entsteht mangels Abnahme derenWare, wenn auch möglicherweise nur ganz lokal, so doch immerhin
664 dem Wesen nach eine Krise.
665           Was wir heute verzehren wollen, muss wohl das Erzeugnis
666 einer frĂŒheren Produktion gewesen sein, aber eben einer solchen
667 die vom erfahrungsgemÀse vorauserwartetem heutigen Kuuoouunsum vor-
668 geschrieben wurde. mit dem Einkommen, das wir heute ausgeben, kau-
669 fen wir die GĂŒter frĂŒherer Produktionsepochen. Dazu ist nötig, dass
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674 die Wirtschaft stets von einem konstinuierlich fortlaufenden GĂŒ-
675 terstrom durchflutet ist, in dem Ein-und Abfluss, Produktion und
676 Kuuouunsumtion in gewissen Guuruunzen sich die Wage halten mĂŒssen.Zwang-
677 los finden wir hier die ErklÀrung mancher Krise:nÀmlich dann,
678 wenn wir aus der MuuĂŒuundung mehr KuuouunsumgĂŒter erwarten, als diese uns
679 fĂŒr den Augenblick zufĂŒhren kann, oder in anderer Variation, wenn
680 wir einen spÀteren Kuuouunsum gewaltsam und stossweise hinaufzuschrau-
681 ben versuchen und fĂŒr diese dahin zielende, sich aber erst spĂ€ter realisierende TĂ€tigkeit heute schon konsumreife Equivalente ver-
682 langen.
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