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Radio MĂŒnchen · Argumente gegen die Herrschaft der Angst - Dr. Wolfgang Wodarg im GesprĂ€ch


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Corona Transition

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Feed Titel: Transition News


Donald Trump genehmigt Rekord-MilitĂ€rhaushalt – EU stellt Ukraine zinslos 83 Milliarden Euro fĂŒr KriegsgerĂ€t bereit

Sowohl die EuropĂ€ische Union als auch die USA halten unbeirrt an einer Politik fest, die vor allem eines kennt: immer neue Milliarden fĂŒr MilitĂ€r und Waffenlieferungen in die Ukraine. Die EU will Kiew in den kommenden Jahren Kredite von bis zu 90 Milliarden Euro zinslos zur VerfĂŒgung stellen. Diese stellen einen Teil des gesamten Finanzbedarfs der Ukraine von rund 135 Milliarden Euro bis 2027 dar. Etwa 83 Milliarden Euro davon sind allein fĂŒr Verteidigung vorgesehen, Geld, das die Ukraine langfristig in eine SchuldenabhĂ€ngigkeit zwingt.

Auf der anderen Seite des Atlantiks ist man nicht weniger spendierfreudig, wenn es um das MilitĂ€r geht. So hat US-PrĂ€sident Donald Trump ein neues Verteidigungsgesetz unterzeichnet, das 400 Millionen US-Dollar MilitĂ€rhilfe fĂŒr die Ukraine ĂŒber zwei Jahre festschreibt. Im Vergleich zu den genannten 83 Milliarden der EU sieht das aus wie «Peanuts». Doch diese Summe ist eingebettet in einen Verteidigungshaushalt von satten 901 Milliarden US-Dollar fĂŒr das Haushaltsjahr 2026. Dieser ist der höchste in der Geschichte der Vereinigten Staaten, und er liegt sogar um rund acht Milliarden US-Dollar ĂŒber dem, was von Trumps eigener Regierung beantragt wurde.

Diese Entscheidungen konterkarieren wohlklingende Parolen. WĂ€hrend Trump sich gern als Friedensstifter inszeniert und öffentlich mit der Idee eines Friedensnobelpreises kokettierte, genehmigt er zugleich Rekordausgaben fĂŒr das MilitĂ€r. Das erweckt nicht gerade den Eindruck, als ginge es ihm primĂ€r um Frieden auf der Welt. Ein Bruchteil der 901 Milliarden US-Dollar wĂŒrde reichen, um den Hunger auf der Welt zu beenden.

So schrieb der ehemalige deutsche Bundeskanzler und tatsĂ€chliche FriedensnobelpreistrĂ€ger Willy Brandt in seinem Buch «Der organisierte Wahnsinn: WettrĂŒsten und Welthunger», das 1985 erstmals aufgelegt wurde:

«Wir brauchen uns nicht gefallen zu lassen, dass kaltschnĂ€uzige Polit- und ÖkonomiebĂŒrokraten an einfachen Wahrheiten vorbeireden oder sie in einem Wust von Belanglosigkeiten ersticken 
 [Es stellt sich] sich die Frage, warum ist es nicht möglich und weshalb sollten die Staaten der Welt nicht fĂ€hig sein, einige Prozent der RĂŒstungsausgaben umzulenken. Und zwar so, dass die abgezweigten, umgelenkten Mittel sinnvollen, friedenssichernden Zwecken zugutekommen und Massenhunger und krasses Elend verschwinden.»

Bemerkenswert ist dabei, wie Ă€hnlich sich EU und USA in ihrer Praxis sind. Trotz unterschiedlicher Rhetorik verfolgen beide Seiten denselben Ansatz: AufrĂŒstung statt Ausweg, Milliarden statt Diplomatie. Gelder fĂŒr soziale Stabilisierung, Wiederaufbau oder ernsthafte politische Initiativen bleiben demgegenĂŒber zweitrangig, wĂ€hrend Waffenprogramme zuverlĂ€ssig weiterfinanziert werden.

Laut dem am 14. Februar veröffentlichten «Ukraine Support Tracker» des Kieler Instituts fĂŒr Weltwirtschaft zum Beispiel entfielen von etwa 267 Milliarden Euro Gesamthilfe (militĂ€risch, finanziell und humanitĂ€r) fĂŒr die Ukraine in den ersten drei Kriegsjahren (bis Ende 2024) rund 130 Milliarden Euro (49 Prozent) auf militĂ€rische UnterstĂŒtzung. Nur 19 Milliarden Euro (7 Prozent) hingegen dienten humanitĂ€ren Zwecken. Damit ist der Anteil ziviler/humanitĂ€rer Hilfe im Vergleich zur militĂ€rischen extrem gering.

Zinslast fĂŒr Ukraine bei Null, fĂŒr die EU bis zu 50 Milliarden Euro – effektive KorruptionsbekĂ€mpfung kein «Milestone»

Bei den Diskussionen ĂŒber die Kreditvergabe waren auch die eingefrorenen russischen Vermögen (rund 210 Milliarden Euro in der EU) großes Thema. So dienen sie als potenzielle RĂŒckzahlungsgarantie fĂŒr das 90-Milliarden-Euro-Hilfspaket: Die Ukraine soll den Kredit erst zurĂŒckzahlen, wenn Russland Kriegsreparationen leistet.

Der ursprĂŒngliche Plan, den Kredit direkt durch Nutzung dieser Vermögen zu finanzieren, scheiterte an rechtlichen und politischen Bedenken. Stattdessen finanziert die EU den Kredit ĂŒber eigene Marktaufnahme, behĂ€lt aber die Vermögen blockiert und will sie bei ausbleibenden Reparationen zur Tilgung verwenden.

Doch auch hierzu gibt es zahlreiche kritische Stimmen – vor allem aus Belgien, aber auch von Juristen, der EZB und LĂ€ndern wie Italien oder Ungarn –, die argumentieren, dass eine direkte oder indirekte Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögen zur Tilgung des Kredits rechtlich hoch riskant oder sogar unmöglich ist, selbst im «Fall der FĂ€lle» (siehe hier oder auch hier).

Die EU nimmt die 90 Milliarden Euro derweil als gemeinsame Anleihen am Kapitalmarkt auf, wie aus einer heute veröffentlichten Mitteilung des European Council hervorgeht. Und die aktuellen Marktrenditen fĂŒr hochwertige EU- oder Eurozone-Anleihen (AAA-bewertet) liegen Ende 2025 bei etwa 3 bis 3,5 Prozent pro Jahr (basierend auf 10-jĂ€hrigen Yields um 3,2 bis 3,3 Prozent).

Bei einer angenommenen durchschnittlichen Laufzeit von 10 bis 20 Jahren und einem Zins von circa 3 bis 4 Prozent ergeben sich jĂ€hrliche Zinskosten fĂŒr die EU von ungefĂ€hr 2,7 bis 3,6 Milliarden Euro. Über die gesamte Laufzeit könnten die Gesamtzinskosten 20 bis 50 Milliarden Euro betragen, wĂ€hrend fĂŒr die Ukraine selbst keine Zinszahlungen anfallen.

Auch bemerkenswert: Eine gemeinsame Schuldenaufnahme ĂŒber den EU-Haushalt galt lange als sehr unwahrscheinlich, weil dafĂŒr ein einstimmiger Beschluss der 27 EU-Staaten nötig ist. Die Regierung in Ungarn hatte dies ausgeschlossen. Ungarn stimmte der Einigung dann aber ebenso zu wie die der Ukraine-Hilfe gegenĂŒber kritisch eingestellten LĂ€nder Slowakei und Tschechien, wie etwa die Kronen-Zeitung heute frĂŒh schreibt.

Dem Beschluss zufolge sollen diese LĂ€nder nicht an einer etwaigen spĂ€teren RĂŒckzahlung des Kredits beteiligt werden. Dennoch bezeichnete Ungarns Premier Viktor OrbĂĄn den 90-Milliarden-Euro-Kredit als «lost money», wie Reuters heute berichtet, weil er ihn als nicht rĂŒckzahlbar einschĂ€tzt (siehe dazu auch TN-Beitrag).

Bemerkenswert ist unterdessen auch, dass an das 90-Milliarden-Euro-Hilfspaket zwar durchaus Bedingungen geknĂŒpft sind, darunter explizit der Fortbestand des Kampfes gegen Korruption. Ein nicht gerade zu vernachlĂ€ssigender Punkt, wenn man bedenkt, dass sogar die New York Times kĂŒrzlich schrieb, Selenskyjs Staatsapparat sei ein «komplettes Rattennest» aus Korruption. So heißt es in den erwĂ€hnten offiziellen Schlussfolgerungen des European Council:

Der Kredit solle unter anderem sicherstellen, dass «die Ukraine weiterhin die Rechtsstaatlichkeit wahrt, einschließlich des Kampfes gegen Korruption»

Das Problem ist jedoch: Es handelt sich hierbei nicht um harte, auszahlungsabhĂ€ngige «Milestones», die da hĂ€tten sein können: Relaunch des BĂŒros fĂŒr wirtschaftliche Sicherheit (Economic Security Bureau), Erhöhung des Personals in der spezialisierten Anti-Korruptions-Staatsanwaltschaft, Änderungen am Strafgesetzbuch und Strafprozessrecht zum Kampf gegen Korruption, Reform der öffentlichen Investitionen und Budgetplanung.

Das Magazin Politico bemÀngelte bereits 2016, dass EU-Hilfen nur begrenzten Einfluss auf die KorruptionsbekÀmpfung hÀtten, unter anderem wegen mangelnder Nachverfolgung und messbarer Ziele.

OrbĂĄn: Entscheidung ĂŒber Ukraine-Kredit bringt EU «nĂ€her an einen Krieg»

Viktor Orbån hat die Entscheidung der EU kritisiert, der Ukraine einen zinslosen Kredit in Höhe von 90 Milliarden Euro zu gewÀhren, wie RT mit Bezug auf Euronews berichtet. Der ungarische MinisterprÀsident warnte demnach, dass dieser Schritt die EU «nÀher an einen Krieg» bringe. Ein alternativer Plan zur Beschlagnahmung eingefrorener russischer Vermögenswerte wÀre laut Urban allerdings noch schlimmer gewesen.

Nachdem sich die EU-Staats- und Regierungschefs am Freitagmorgen auf das gemeinsame Kreditprogramm geeinigt hatten, habe Orbån es als eine grundlegend fehlerhafte Entscheidung bezeichnet, die die europÀischen Steuerzahler belasten werde, ohne realistische Renditen zu erzielen. Euronews zufolge erklÀrte der ungarische MinisterprÀsident:

«Es ist eine schlechte Entscheidung, die Europa nĂ€her an einen Krieg bringt. Es sieht aus wie ein Darlehen, aber natĂŒrlich werden die Ukrainer es niemals zurĂŒckzahlen können. Es ist also im Grunde genommen eine Geldverschwendung. Und diejenigen, die hinter diesem Darlehen stehen, werden die Verantwortung und die finanziellen Konsequenzen dafĂŒr tragen.»

Wie RT mitteilt, wird die EU im Rahmen der Vereinbarung auf den KapitalmĂ€rkten Mittel beschaffen, um die Ukraine in den Jahren 2026 und 2027 mit 90 Milliarden Euro zu unterstĂŒtzen. Der Kompromiss kam nach tagelangen spannungsgeladenen Verhandlungen und dem Scheitern eines umstritteneren Vorschlags, eingefrorene russische Vermögenswerte zu verwenden.

Ungarn hat sich laut Euronews zusammen mit der Slowakei und der Tschechischen Republik eine Ausnahmeregelung von der gemeinsamen Kreditvereinbarung gesichert und wird sich nicht an der Bereitstellung von Garantien fĂŒr den Kredit beteiligen. GemĂ€ĂŸ OrbĂĄn habe sich Budapest nur bereit erklĂ€rt, sein Veto aufzuheben, nachdem es die Zusicherung erhalten habe, dass Ungarn finanziell nicht beteiligt sein werde.


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Feed Titel: Verfassungsblog


Rechnungshof statt Redaktionsschluss

Am Palindromtag 23.5.23 geschah, womit vermutlich nur Insider gerechnet hatten: Unter dem Titel „Die Gefahren beim wissenschaftlichen Publizieren“ veröffentlichte der Rat der EuropĂ€ischen Union in seiner 3949. Sitzung seine Schlussfolgerungen zum wissenschaftlichen Publikationswesen. Das klingt erstmal nach trockenem Lesestoff. Denn welche Gefahren könnten schon beim Publizieren wissenschaftlicher Texte lauern? Dass man sich den Finger an einer Papierkante schneidet? Eher unwahrscheinlich – das analoge Zeitalter ist ja lĂ€ngst passĂ©. Offensichtlich aber doch nicht lange genug, um alle Altlasten daraus zu entsorgen.

Zum Beispiel gibt es immer noch kommerzielle Verlage – jene Relikte aus der Ära der Papierjournale – an die das BedĂŒrfnis der Wissenschaft nach Veröffentlichung ausgelagert wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg erkannte ein gewisser Robert Maxwell das unternehmerische Potenzial dieser Nischenbranche und hĂ€ufte mit Macmillan und Pergamon Press (heute: Elsevier) ein betrĂ€chtliches Vermögen an. Seine Tochter – Ghislaine Maxwell, verurteilte SexualstraftĂ€terin – verdankt ihren Zugang zu Magnat Jeffrey Epstein also zum Teil den großzĂŒgigen Überweisungen wissenschaftlicher Institutionen an wissenschaftliche Verlage.

Profit over merit

Mit Gewinnmargen von bis zu 40 Prozent zĂ€hlt das wissenschaftliche Verlagswesen zu den profitabelsten legalen GeschĂ€ftszweigen ĂŒberhaupt. Der Rat der EU benennt auch einen der GrĂŒnde fĂŒr diese RentabilitĂ€t: „Die PublikationskanĂ€le fĂŒr Forschende befinden sich hĂ€ufig in den HĂ€nden privater Unternehmen, die nicht selten die Kontrolle ĂŒber die Rechte des geistigen Eigentums an den Artikeln ĂŒbernehmen.“ Da jeder wissenschaftliche Artikel naturgemĂ€ĂŸ nur einmal publiziert wird, verfĂŒgen die Verlage ĂŒber ein strukturelles Monopol. Ohne Konkurrenz lassen sich Preise verlangen, die gerade noch so in die Etats öffentlicher Kassen passen – oder meist sogar etwas darĂŒber hinaus. Gleichzeitig sind mit der Digitalisierung klassische Kostenfaktoren wie Druck und Vertrieb weggefallen – was es den Verlagen ermöglicht, mittlerweile Preise bis zum Zehnfachen der eigentlichen Produktionskosten aus den ohnehin schon notleidenden Bibliotheken herauszupressen.

Angesichts dieses radikalen Fokus auf Gewinnmaximierung ĂŒberrascht es vermutlich wenig, dass die Verlage in den letzten Jahrzehnten weder in QualitĂ€tssicherung noch in FunktionalitĂ€t nennenswert investiert haben. Ausgerechnet die teuersten Journale publizieren heute die unzuverlĂ€ssigsten Studien. Immer mehr Stimmen sprechen von einer „Reproduktionskrise“, zuletzt sogar Donald Trump in seinem Erlass „Restoring Gold Standard Science“ vom 23. Mai 2025. FĂŒr Autor*Innen hat sich seit der EinfĂŒhrung der E-Mail-basierten Einreichung in den frĂŒhen 1990ern kaum etwas verbessert. Auch Gutachtende arbeiten weitgehend ohne nennenswerte UnterstĂŒtzung durch die Verlage, und das Endprodukt „wissenschaftlicher Artikel“ hat in etwa die digitalen FunktionalitĂ€ten eines abfotografierten Grabsteins.

Wenn die Verlage also mit ihren Auspressmethoden das Zehnfache ihrer Kosten einnehmen – warum machen sie dann „nur“ 40 Prozent Gewinn und nicht 90? Zum einen mĂŒssen selbstverstĂ€ndlich ein paar Privatjets und Luxusyachten fĂŒr die C-Suite angeschafft werden. Zum anderen investieren die Konzerne seit Jahren massiv in digitale Überwachungstechnik. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft setzte bereits 2021 eine Kommission ein, die zu dem Schluss kam, dass derart „unreguliertes bzw. unerkanntes Datentracking eine Verletzung der Wissenschaftsfreiheit und der Freiheit von Forschung und Lehre bedeuten“ könne.

Die Überwachung der Wissenschaft ist auch ein Grund, warum ich gemeinsam mit der Gesellschaft fĂŒr Freiheitsrechte beim Landesbeauftragten fĂŒr Datenschutz und Informationsfreiheit Baden-WĂŒrttemberg eine Datenschutzbeschwerde gegen die rechtswidrige Datenverarbeitung auf Verlagswebseiten eingereicht habe.

Die EU wagt den Ausbruch

Warum konnten die Verlage – inzwischen zu globalen Databroker-Konzernen gewachsen – die Wissenschaft ĂŒber all die Jahrzehnte so hemmungslos parasitieren? Die zumeist prekĂ€r beschĂ€ftigten Autor*Innen mĂŒssen in etablierten Journalen publizieren, um ihre Chance auf eine feste Stelle zu wahren – von ihnen ist also keine Revolution zu erwarten. Die Bibliotheken wiederum bezahlen die Journale, in denen die Forschenden publizieren und die sie lesen mĂŒssen. Die Wissenschaft steckt in einem strukturellen AbhĂ€ngigkeitsverhĂ€ltnis mit monopolistischen Großkonzernen. Der Rat der EU nennt das nĂŒchtern: „lock-in“ – eingesperrt.

Derart eingesperrt werden vornehmlich jene Forschenden berufen und finanziell gefördert, die in den teuersten – pardon, renommiertesten – Journalen publizieren. Und diese Berufenen teilen ihr Erfolgsrezept natĂŒrlich bereitwillig mit ihren Studierenden. Dumm nur, dass ausgerechnet in diesen Journalen die unzuverlĂ€ssigste Wissenschaft erscheint. Man muss keine Expert*in fĂŒr Evolutionsbiologie sein, um zu begreifen, wie es dazu kommen konnte, dass etwa in der Krebsforschung heute nur noch rund zwölf Prozent der Fachliteratur reproduzierbar sind. Der Selektionsdruck wissenschaftlicher Karrierepfade wirkt eben nicht auf die QualitĂ€t, sondern auf den Preis des Sichtbarwerdens.

Mit den „Gefahren beim wissenschaftlichen Publizieren“ meint der Rat der EU also nicht etwa die Gefahr, sich bei zu vielen Fußnoten den Verstand zu verrenken. Gemeint ist: die Verschwendung öffentlicher Gelder durch ein Preismodell, das fĂŒr eine Leistung das Zehnfache der eigentlichen Kosten verlangt. Gemeint ist: die grundrechtsverletzende Praxis des Datentrackings durch globale Databroker. Gemeint ist: die systematische Belohnung von unverlĂ€sslicher Wissenschaft und die gleichzeitige strukturelle Bestrafung von VerlĂ€sslichkeit. Und gemeint ist: ein AbhĂ€ngigkeitsverhĂ€ltnis, das es der Wissenschaft unmöglich macht, sich aus dem WĂŒrgegriff dieser Konzerne selbst zu befreien.

Was also schlĂ€gt der Rat der EU als Gegenmaßnahme vor?

Unter anderem ermutigt er die Mitgliedstaaten und die Kommission, „interoperable gemeinnĂŒtzige Infrastrukturen, mittels derer auf der Grundlage quelloffener Software und offener Standards publiziert werden kann, zu fördern und in diese zu investieren, um eine AbhĂ€ngigkeit von Diensteanbietern und proprietĂ€ren Systemen zu vermeiden, und diese Infrastrukturen mit der EuropĂ€ischen Cloud fĂŒr offene Wissenschaft zu verbinden“. Im Klartext: Die kommerziellen Journale sollen durch eine öffentliche Infrastruktur ersetzt werden – eine, die sich nicht nur um Artikel, sondern auch um Forschungsdaten, Software und Code kĂŒmmert. Und bei der es nicht um Profit geht, sondern um QualitĂ€tssicherung, FunktionalitĂ€t und ZugĂ€nglichkeit.

Seit 2023 sind erste Umsetzungen bereits RealitĂ€t. In der bislang nur EU-geförderten Autor*Innen offenstehenden Open Access Publikationsplattform „Open Research Europe“ (ORE) können ab 2026 alle Autor*Innen aus teilnehmenden LĂ€ndern ohne GebĂŒhren publizieren. Der Umbau der Plattform auf Open-Source-Software ist in vollem Gange. An einer dezentralen Erweiterung wird ebenfalls gearbeitet – mit dem Ziel, dass alle wissenschaftlichen Institutionen zum Aufbau beitragen können. In nur zwei Jahren hat die EU ihre AnkĂŒndigungen in konkrete Maßnahmen gegossen und ist damit auf bestem Wege, etwas zu schaffen, das alles ĂŒbertrifft, was die kommerziellen Anbieter in den letzten Jahrzehnten zustande gebracht haben.

Wenn man die Konsequenzen dieses Weges zu Ende denkt, wird deutlich: Hier wird nicht weniger versucht als die Zerschlagung der Monopole – durch den vollstĂ€ndigen Ersatz der Journale, wie wir sie seit 1665 kennen, mit einer dezentralen Infrastruktur. Angesichts der beschriebenen MissstĂ€nde erscheint diese Maßnahme nicht nur als sinnvoll, sondern als ĂŒberfĂ€llig. Schon vor Veröffentlichung der Schlussfolgerungen des Rates der EU war in der wissenschaftlichen Gemeinschaft der Ruf nach einem modernen, wissenschaftsgeleiteten Ersatz immer lauter geworden, unter anderem von einer Gruppe von Expert*Innen der auch ich angehöre. Die BeschlĂŒsse des Rates sind daher ein Paradebeispiel fĂŒr evidenzbasierte Politik und können gar nicht hoch genug gelobt werden. In einer Lage, in der die Wissenschaft alleine handlungsunfĂ€hig geworden ist, reicht ihr die EuropĂ€ische Kommission die Hand – und unterstĂŒtzt sie im Kampf gegen die globalen Überwachungskonzerne.

Es werden vermutlich jedoch noch weitere Hilfestellungen nötig sein, um die Wissenschaft vollstĂ€ndig aus den Klauen der Konzerne zu befreien. Denn ein Ersatz bedeutet noch nicht, dass er auch tatsĂ€chlich genutzt wird – schon gar nicht bevorzugt. Denn Autor*innen sind eben nicht frei in der Wahl ihres Publikationsortes.

Merit over exclusivity

Zwei zusĂ€tzliche Schritte könnten hier unterstĂŒtzend beitragen:

Zum einen könnten Forschungsförderer die UnterstĂŒtzung von ORE – und die lokale Implementierung der zugehörigen Infrastruktur – zur Voraussetzung fĂŒr ihre Förderentscheidungen machen. Das wĂ€re kein radikaler Paradigmenwechsel: Alle solche Förderer stellen bereits analoge Anforderungen und mĂŒssten sie nur um eine entsprechende digitale Anforderung erweitern.

Zum anderen könnten Rechnungshöfe ihren Teil dazu beitragen, den Geldstrom von den Konzernen zu den geforderten „interoperablen gemeinnĂŒtzigen Infrastrukturen“ umzuleiten. Bis heute wird in vielen FĂ€llen noch immer einzeln mit den alten Verlagen verhandelt. FrĂŒher war das noch rechtlich zulĂ€ssig: Wenn Verlage als einzige Bezugsquelle galten, durften VertrĂ€ge mit ihnen auch ohne Ausschreibung abgeschlossen werden – im Vergaberecht spricht man von einem „Verhandlungsverfahren ohne Bekanntmachung“ (vgl. § 17 V VgV). In der Praxis entsprach das einer Art faktischer Monopolausnahme.

Zumeist geht es heute jedoch lĂ€ngst nicht mehr um den Zugang zu exklusiven Inhalten, sondern um Publikationsdienstleistungen. Und diese können – Überraschung – nicht nur große Verlage erbringen. TatsĂ€chlich sind alle Anbieter auf dem Markt technisch in der Lage, solche Leistungen bereitzustellen. Die meisten von ihnen halten sich sogar an den sogenannten JATS-Standard: Die aus Manuskripten generierten Dateien – ob PDF, XML oder HTML – sind also nicht nur im gleichen Format, sondern auch noch standardisiert. Bessere Voraussetzungen fĂŒr die Substituierbarkeit von Dienstleistungen gibt es kaum – und genau diese Substituierbarkeit ist die rechtliche Voraussetzung fĂŒr Ausschreibungen.

Folglich sollten die Rechnungshöfe wissenschaftliche Einrichtungen dazu anhalten, Publikationsdienstleistungen nicht lĂ€nger exklusiv zu verhandeln, sondern auszuschreiben – so wie sie es auch beim Einkauf von Hardware, bei Reinigungsdienstleistungen oder bei allem anderen tun mĂŒssen.

Auch hier hat die EuropĂ€ische Kommission eindrucksvoll vorgemacht, wie das aussehen kann. Als öffentliche Einrichtung hatte sie – ganz analog zu jeder UniversitĂ€t – einen Bedarf an Publikationsdienstleistungen fĂŒr die von ihr geförderten Forschenden. Anders als viele andere Institutionen hat sie diesen Bedarf jedoch nicht im Hinterzimmer mit Elsevier & Co. verhandelt, sondern sauber und kompetitiv ausgeschrieben. Das Ergebnis hieß: ORE.

Wenn sich die Rechnungshöfe dieses Themas annÀhmen, wÀren die wissenschaftlichen Einrichtungen gezwungen, ihre Publikationsbedarfe ebenso transparent und wettbewerblich zu behandeln wie alle anderen Beschaffungsprozesse.

Nun mag man einwenden, die Wissenschaftsfreiheit umfasse auch die freie Wahl des Publikationsortes. Doch dem lĂ€sst sich gleich doppelt widersprechen: Zum einen haben Autor*innen de facto ohnehin keine echte Wahl – sie mĂŒssen schon jetzt dort publizieren, wo es ihre Karriere verlangt. Zum anderen ist die Wissenschaftsfreiheit primĂ€r ein Abwehrrecht gegenĂŒber staatlicher Einflussnahme – sie begrĂŒndet aber keinen Anspruch auf Finanzierung jeder individuell bevorzugten Publikationsform. Erst recht nicht, wenn diese Bevorzugung in eine Struktur fĂŒhrt, die Steuermittel verschwendet, Grundrechte verletzt, unzuverlĂ€ssige Wissenschaft belohnt – und die wissenschaftliche Praxis insgesamt in Geiselhaft nimmt.

Wer heute dennoch in den alten Journalen veröffentlichen möchte, sollte in der Tat sĂ€mtliche damit verbundenen Kosten selbst tragen – sowohl die finanziellen als auch alle anderen. Wenn, wie man hoffen kann, bei mehr als nur adĂ€quatem Ersatz nur noch ein Bruchteil der bisherigen Autor*Innen dazu bereit ist, wĂŒrde es bald auch keine Journale mehr geben, in denen irgendjemand eine Publikation fordern kann.

Ein nĂ€chster Schritt fĂŒr die EU könnte nun sein, außerhalb Europas nach Partnern zu suchen, die bereit sind, Ă€hnliche Wege zu gehen und mit ihnen das dezentrale Netz „interoperabler gemeinnĂŒtziger Infrastrukturen“ weiter auszubauen. Wenn erst alle europĂ€ischen Institutionen ihren Teil zu dieser neuen Infrastruktur beitragen, werden andere wissenschaftliche Einrichtungen weltweit nicht lange zögern, ebenfalls Teil dieses globalen Netzwerks zu werden – ganz so, wie sie in den 1990ern alle Teil des Internets werden wollten.

The post Rechnungshof statt Redaktionsschluss appeared first on Verfassungsblog.

Compulsion to Freedom

On 11 December 2025, just before the Christmas holidays, the Austrian National Council introduced amendments to the School Education Act (Schulunterrichtsgesetz [SchUG]), banning headscarves for students under 14 in the name of protecting children’s freedom of development and fulfillment. It is expected that the Federal Council will give its consent within next few days. This regulation constitutes the second attempt by the Austrian legislature to introduce a headscarf ban. The initial attempt was subsequently overturned by the Constitutional Court on the grounds of its unconstitutionality.

This article therefore examines the extent to which the legislature has taken the requirements of the Constitutional Court into account. Although the legislator has been largely successful in this, two crucial aspects have been overlooked: the resulting stigmatisation and the underlying patriarchal structures.

The (renewed) headscarf ban

The primary component of this “protection of children’s freedom” entails the compulsion that students up to the age of 14 are prohibited to wear a headscarf that covers the head in accordance with Islamic traditions. The ban applies to all public and private schools in Austria. Parents or guardians are obliged to ensure that the ban is observed. The objective is to facilitate optimal development and fulfilment of all pupils, with a particular emphasis on self-determination, equality, and the enhancement of visibility for girls. This approach is deemed to be in the best interests of the child.

In the event of a first violation of the ban, the school management must immediately convene a meeting with the pupil concerned and her legal guardians in order to clarify the background to the violation. It is evident that this aims at persuading parents to adhere to the headscarf prohibition. In the event of a subsequent violation of the headscarf ban, the school management must inform the responsible school authority, whereupon a further discussion is held with the parents or guardians. Should this discussion also prove unsuccessful, the legal guardians are threatened with an administrative fine ranging from 150 to 800 euros, and the youth welfare authority must also be informed.

The headscarf ban, which was passed with the votes of all parties represented, except of the Greens, is the second edition of an attempt that was first made in 2019. The law was introduced by the then center-right ÖVP/FPÖ coalition under massive criticism from the opposition parties (the social democratic SPÖ, the liberal NEOS and Greens) at the time. The legal provisions adopted in 2019 applied, in contrast to the recent attempt, only to public schools and exclusively to girls of primary school age. These provisions were declared unconstitutional by the Constitutional Court (Verfassungsgerichtshof [VfGH]) in 2020.

Judgement of the Constitutional Court

The primary rationale was that a regulation counteracting undesirable gender segregation and thus serving the educational goal of social integration and gender equality generally pursues an important constitutional objective in general (Article 7 para. 2 Bundes-Verfassungsgesetz [B-VG]) and for schools in particular (Article 14 para. 5a B-VG). However, such a regulation must be proportionate and objective, particularly in alignment with the other fundamental values of the school.

The Constitutional Court has stated that the wearing of the Islamic headscarf is a practice that can be carried out for various reasons. For instance, it could simply be an expression of affiliation to Islam or the orientation of one’s own life towards its religious values. Furthermore, the wearing of the headscarf can also be interpreted as a sign of belonging to the Islamic culture or of adherence to the traditions of one’s country of origin. Consequently, the Islamic headscarf is not characterised by a clear and unambiguous meaning. The Constitutional Court’s position is therefore in opposition to the attribution of a fundamentalist significance to the headscarf. However, given that the headscarf is not necessarily an expression of Islamic fundamentalism, the Constitutional Court does not see itself in a position to measure the constitutionality of banning headscarves in state educational institutions against this possible interpretation.

The selective ban, which affected only Muslim girls, under Section 43a SchUG of 2019 prohibited girls from wearing a headscarf until the end of the school year in which they turn ten. The Constitutional Court found that these measures were from the outset unsuitable to achieve the objective formulated by the legislator itself. Rather, the 2019 ban could also have a detrimental effect on the inclusion of Muslim girls and lead to discrimination, as it potentially hinders their access to education or socially excludes them. The 2019 regulation of Section 43a SchUG was identified as a factor that marginalises Islamic origin and tradition. The deliberate prohibition of the Islamic headscarf, predicated on a single religious or ideological clothing regulation, would have – according to the Constitutional Court – a stigmatising effect on a specific group of people.

Furthermore, the Constitutional Court contended that the prohibition on headscarves might result in pupils opting for private schools without the benefit of public rights or to attending lessons at home. This, in turn, could potentially lead to social exclusion and deny affected girls access to other ideological concepts within the meaning of the constitutional educational mandate under Article 14 para. 5a B-VG.

The Constitutional Court acknowledged the legislator’s legitimate concern regarding the protection of Muslim girls who do not wear a headscarf, and thus to ensure a free decision on the practice of religion. However, this circumstance could not justify the selective ban under Section 43a SchUG. For the Constitutional Court, it was not objectively justifiable that the solution to such conflict situations starts with girls wearing headscarves, instead of addressing those persons who exert pressure on them to do so, for example in the form of hostility, devaluation or social exclusion in its decision VfSlg 20.435.The 2019 headscarf ban had, from the point of view of the Constitutional Court, the effect of discriminating against Muslim pupils by creating a distinct separation between them and other pupils. The enforcement of the religious and ideological neutrality of the state could, in principle, also justify restrictions on the individual legal sphere. However, the emphasis on a specific religion or ideology and its particular manifestation in a singular type of attire, which is also comparable to other non-prohibited clothing habits in one way or another, is incompatible with the principle of neutrality.

Navigating the Constitutional Courts’ requirements

In light of the aforementioned context, the question arises as to whether the headscarf ban that will enter into force with the beginning of the upcoming school year on 1 September 2026 fulfils the requirements formulated by the Constitutional Court. The federal government seems to be convinced that it does, and also refers to the accompanying measures, in particular the discussions held with those affected. . However, there is little more detail on this; the measures are not explicitly delineated within the legislative amendment. Instead, they appear to be, at best, support measures intended to prevent the emergence of situations in which Muslim girls are exposed to pressure from young moral guardians at schools.

When the recent legislative regulation is evaluated in this context, it is evident that the legislator has made a concerted effort to mitigate the rigid headscarf ban: The consequence of the offence is a result of discussions with the legal guardians; the sanction ultimately affects them, not the girls concerned. It is acknowledged in the law that wearing a headscarf is a matter of personal preference, and that this choice should be respected. It is evident that the ban does not permit teachers to remove the headscarf. It is also evident that the federal government is keen to establish an environment that is conducive to the integration of Muslim girls into society and that reduces external pressure on them to wear a headscarf.

However, these efforts are now being thwarted by the fact that these girls, or rather their legal guardians, are being pressured to force them not to wear headscarves. The ban, targeting a single religion, criticised by the Constitutional Court in 2020, remains – albeit in a new form – in place, as does the stigmatisation of those affected. Whether this result can be justified by the fact that the sanctions are not disproportionate is questionable. In addition, the accompanying measures are only very vaguely known.

The assertion made by government officials that legislators were as certain of the constitutionality of the new law as they profess to be is questionable. Indeed, there is evidence to suggest that, at least temporarily, there was a degree of discussion about the possibility of ascribing the headscarf ban constitutional status. In such a scenario, with the backing of the FPÖ, it would have been feasible to insulate the headscarf ban from constitutional scrutiny by elevating it to constitutional status. With few exceptions, the Austrian Constitutional Court lacks jurisdiction to review constitutional provisions with regard to contradictions between these provisions and fundamental rights. It is praiseworthy that the ruling parties resisted this temptation, which would have have elevated a fundamental rights restriction to constitutional status and, moreover, would have documented through this constitutional status that the headscarf represents a significant obstacle to integration in Austria.

Addressing the result, not the source of the problem

A constitutional analysis of the law commences with the fact that the obligation not to wear the headscarf – even for children and young people – constitutes a restriction of their freedom of religion in accordance with Article 9 ECHR and Article 10 EU Charter or an interference with the parents’ right to religious education on this basis. Furthermore, it is a restriction of private and family life in accordance with Article 8 ECHR and Article 7 EU Charter. Finally, there is also the question – particularly emphasised by the Austrian Constitutional Court – of unequal treatment in comparison to members of other religious communities, where there is no ban on visible signs of religious affiliation.

In contrast to the classic secular model in France, for example, the Austrian state is not entirely neutral in religious terms, especially not in the context of the education system. Despite the fact that the cross in the classroom is regarded as a symbol of Western culture rather than of Christianity, as established by the case law of the Constitutional Court, it nonetheless represents a significant instance of unequal treatment, particularly in the context of the headscarf ban.

Nevertheless, this distinction is not inherently unconstitutional, provided it can be objectively justified. The legislative documents make such an eloquent attempt at justification when they refer to the number of women wearing headscarves in Austrian schools and the importance of integration. The number of women who choose to wear headscarves is not, in itself, problematic; however, there is an issue when this garment is worn as a result of social coercion, which promotes and perpetuates patriarchal structures. The public interest in counteracting such conditions can also justify treating this religious symbol differently from other religions, where such fears are not justified either due to the small size of the groups concerned or for other reasons.

Conversely, with the extension of the headscarf ban to all schools, the legislator has considered a justified concern of the Constitutional Court regarding the legal situation in 2020 and, additionally has also extended the group of those affected from the age of 10 to the age of 14. This exacerbates the problem. The Constitutional Court’s objection that the headscarf ban could lead to a switch to private schools has at least been countered by the legislator by extending the ban to such educational institutions, but it cannot cover home schooling, which is permitted in Austria. Above all, the legislator does not know how to respond to the Constitutional Court’s indication that – in short – the patriarchal structures should be addressed rather than the result and how to deal with the fact that the headscarf ban stigmatises.

The political elephant in the room

In light of the aforementioned circumstances, the elephant in the room is the question of whether a headscarf ban that is (also) supported by the Austrian political and societal mainstream could induce the Constitutional Court to depart from its previous case law, where it annulled a similar ban adopted by a centre-right government. That the mere breadth of political or societal support for a piece of legislation cannot serve as a constitutional argument requires no further explanation. Yet one may wonder whether such support is truly irrelevant in practice. This question becomes more pressing due to the constitutional concerns in relation to the renewed ban.

 

I would like to thank Ina Kapusta for her editorial support.

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Gekommen, um zu bleiben

Heiko Sauer hat dem BVerfG an dieser Stelle unlĂ€ngst einen „Kurswechsel im Europaverfassungsrecht“ bescheinigt. AnlĂ€sslich des Egenberger-Beschlusses des Zweiten Senats zeichnet er das Bild eines Bundesverfassungsgerichts, das nach den ErschĂŒtterungen des PSPP-Urteils (BVerfGE 154, 17) in ruhigeres Fahrwasser zurĂŒckkehrt. Sauer spricht von einer „wohltuenden Deflationierung der Ultra-vires-Kontrolle“, ja von einem „Abgesang“ auf die großen europaverfassungsrechtlichen Auseinandersetzungen. Die Karlsruher Kontrollvorbehalte wĂŒrden auf das zurĂŒckgefĂŒhrt, was sie einst sein sollten: exzeptionelle Letztvorbehalte, theoretische Notbremsen, deren BetĂ€tigung in weite Ferne rĂŒckt. Der Tenor ist Erleichterung: Die Harmonie scheint wiederhergestellt, weil die Dissonanz leiser geworden ist.

So verlockend diese Deutung angesichts des Wunsches nach einem harmonischen Gerichtsverbund sein mag: Sie lĂ€uft Gefahr, die bloße Abwesenheit offenen Streits mit einer strukturellen Befriedung gleichzusetzen. Ich möchte Sauers These daher ergĂ€nzen und zugleich wenden: Nicht die Deflationierung, die der Kontrolle die Wirkungskraft entzieht, ist die Lösung, sondern ihre Institutionalisierung.

Echte Kooperation erfordert Regeln fĂŒr den Umgang mit Kompetenzgrenzen – ein institutionalisiertes Zusammenspiel, das den Konfliktfall nicht als unionsverfassungswidrigen Betriebsunfall, sondern als klĂ€rungsbedĂŒrftigen Dialog begreift. Die Ultra-vires-Kontrolle ist kein Störfall, sondern – richtig verstanden – ein notwendiges Institut des Unionsverfassungsrechts selbst.

Kein deutscher Sonderweg: Der europÀische Befund

Ein zentrales MissverstĂ€ndnis in der Debatte um die „Deflationierung“ ist die Annahme, die Ultra-vires-Kontrolle sei ein deutsches PhĂ€nomen, ein Karlsruher Sonderweg, den man nun langsam wieder in den europĂ€ischen Mainstream eingliedert. Eine systematische Gesamtschau der europĂ€ischen Verfassungsrechtsprechung zeigt jedoch ein ganz anderes Bild: EuropĂ€ische NormalitĂ€t ist die Ablehnung eines absoluten, kompetenzblinden Anwendungsvorrangs.

Solange die Mitgliedstaaten ĂŒber das ‚Ob‘ und ‚Wie‘ der Integration entscheiden, ist die Ultra-vires-Kontrolle keine nationale Marotte, sondern die logische Kehrseite der europĂ€ischen Kompetenzordnung. Zwar beansprucht der EuGH fĂŒr sich eine absolute Autonomie des Unionsrechts und ein damit verbundenes umfassendes Rechtsprechungsmonopol. Doch diese absolute Autonomie ist eine Fiktion, die weder historisch noch dogmatisch in den VertrĂ€gen verankert ist. Die EU fußt auf dem Prinzip der begrenzten EinzelermĂ€chtigung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 EUV). Dieses Prinzip ist keine bloße politische AbsichtserklĂ€rung, sondern die rechtliche Lebensader der Union. Damit bleibt die Union eine abgeleitete Rechtsordnung; ihre Geltung beruht nicht auf sich selbst, sondern auf dem Willen der Mitgliedstaaten und deren verfassungsrechtlich verorteten und demokratisch gesteuerten Rechtsanwendungsbefehlen.

Dies ist auch kein deutsches Spezifikum, sondern europĂ€ischer Verfassungsstandard: Sei es Art. 23 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes, Art. 88-1 der französischen Verfassung, Art. 90 der polnischen Verfassung oder Art. 11 der italienischen Verfassung – sie alle öffnen die nationale Rechtsordnung fĂŒr das Unionsrecht, markieren aber als Geltungsgrund zugleich dessen Grenzen.

In der Mehrzahl der Mitgliedstaaten haben Verfassungsgerichte Kontrollvorbehalte etabliert, die funktional der Ultra-vires-Kontrolle entsprechen. Das dĂ€nische HĂžjesteret hat im Ajos-Urteil (Case 15/2014) eine klare rote Linie gezogen und dem EuGH die Gefolgschaft verweigert, gestĂŒtzt auf das Bestimmtheitserfordernis der dĂ€nischen Verfassung bei der HoheitsrechtsĂŒbertragung. In Frankreich nutzen der Conseil constitutionnel und der Conseil d’État eine flexible PrinzipienabwĂ€gung („IdentitĂ€tskontrolle“ bzw. „Äquivalenztest“), um sicherzustellen, dass KompetenzĂŒberschreitungen nicht die VerfassungsidentitĂ€t aushöhlen – wie etwa im French Data Network-Urteil (Conseil d’État, Nr. 393099) deutlich wurde. Auch in Tschechien (Holubec, Pl. ÚS 5/12), Polen (K 18/04, vor der Rechtsstaatskrise) oder Italien („Controlimiti“, vgl. schon Fragd, 232/1989) behalten sich die Gerichte vor, den Vorrang des Unionsrechts dort zu begrenzen, wo fundamentale Verfassungswerte und die VolkssouverĂ€nitĂ€t berĂŒhrt sind.

Wenn wir also ĂŒber eine „Deflationierung“ sprechen, dĂŒrfen wir nicht so tun, als sei das PSPP-Urteil ein Betriebsunfall gewesen, den man nun korrigiert. Es war vielmehr der deutlichste Ausdruck einer europaweit geteilten RechtsĂŒberzeugung: Die Geltung des Unionsrechts endet dort, wo das demokratische Mandat der nationalen Verfassung seine Grenze findet.

Vom Störfaktor zum Institut des Unionsrechts

Das Desiderat der aktuellen Debatte ist ein Perspektivwechsel: Die Ultra-vires-Kontrolle steht nicht außerhalb des unionalen Rechtsrahmens, sondern stĂŒtzt sich auf die VertrĂ€ge selbst. Die Ultra-vires-Kontrolle ist damit nicht als Störfaktor, sondern als Institut des Unionsrechts zu begreifen. Sie ist der SchlĂŒssel zur Lösung des Konflikts.

ZunĂ€chst verpflichtet die IdentitĂ€tsklausel des Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Var. 2 EUV die Union, die jeweilige nationale IdentitĂ€t der Mitgliedstaaten zu achten, die in ihren grundlegenden politischen und verfassungsmĂ€ĂŸigen Strukturen zum Ausdruck kommt. Entgegen einer scheinbar verbreiteten Lesart handelt es sich hierbei nicht um unverbindliche politische Lyrik oder eine bloße Höflichkeitsfloskel gegenĂŒber den HauptstĂ€dten, sondern um eine harte, justiziable Rechtsnorm mit klarem Geltungsanspruch. Art. 4 Abs. 2 EUV fungiert als eine Art „Rechtsgrundverweisung“: Das Unionsrecht öffnet sich an dieser Stelle bewusst fĂŒr die unantastbaren Kernelemente der mitgliedstaatlichen Verfassungen und macht deren Schutz zu einer eigenen unionsrechtlichen Verpflichtung. Damit ist im PrimĂ€rrecht selbst eine immanente Schranke angelegt, die den Geltungsanspruch des Unionsrechts dort begrenzt, wo es die verfassungsrechtliche IdentitĂ€t und VolkssouverĂ€nitĂ€t eines Mitgliedstaats berĂŒhrt.

Diese IdentitĂ€tswahrung ist untrennbar mit den demokratischen Prinzipien der Union verknĂŒpft, wie sie in Art. 2 und Art. 10 EUV niedergelegt sind. Die EuropĂ€ische Union bezieht ihre demokratische Legitimation nicht aus einem eigenen Staatsvolk, sondern abgeleitet aus den Wahlvölkern der Mitgliedstaaten, vermittelt ĂŒber die nationalen Parlamente und das EuropĂ€ische Parlament. Das Prinzip der begrenzten EinzelermĂ€chtigung ist der Garant dieser demokratischen RĂŒckbindung: Nur soweit eine KompetenzĂŒbertragung durch die nationalen Parlamente demokratisch legitimiert wurde, darf die Union handeln. Eine qualifizierte KompetenzĂŒberschreitung – also ein Handeln ultra vires – ist daher niemals nur ein technischer Fehler im ZustĂ€ndigkeitsgefĂŒge, sondern ein Angriff auf das Demokratieprinzip selbst. Wenn Unionsorgane Mandate an sich ziehen, die ihnen nie ĂŒbertragen wurden, durchbrechen sie den demokratischen Legitimationszusammenhang und verletzen die VolkssouverĂ€nitĂ€t, die als Kernbestandteil der nationalen VerfassungsidentitĂ€t unter dem besonderen Schutz des Art. 4 Abs. 2 EUV steht.

Diese Feststellung muss auch prozedural abgesichert werden: Wenn das materielle Unionsrecht ĂŒber Art. 4 Abs. 2 EUV den Schutz der verfassungsrechtlichen IdentitĂ€t und der demokratischen Selbstbestimmung garantiert, muss es auch ein Verfahren geben, um diesen Schutz im Ernstfall durchzusetzen. WĂŒrde man den nationalen Verfassungsgerichten dieses Instrument verweigern, liefe der Schutz der VerfassungsidentitĂ€t ins Leere, sobald der EuGH eine KompetenzĂŒberschreitung nicht als solche erkennt oder sanktioniert. Die Ultra-vires-Kontrolle ist daher kein Akt des Ungehorsams gegen das Unionsrecht: Sie stellt sicher, dass die in den VertrĂ€gen selbst angelegten Grenzen der Integration nicht durch eine schleichende Kompetenzausweitung contra legem ĂŒberschritten werden.

Die Kontrolle sichert daher die demokratische Legitimation der Union. Denn die EU ist eine kompetenziell legitimierte Demokratie. Wenn Kompetenzen ohne Mandat wandern („Creeping Competences“), kann die Zustimmung der BĂŒrger erodieren. Die Überwachung der Kompetenzgrenzen verfolgt eine demokratiespezifische Ventilfunktion.

Indem wir die Ultra-vires-Kontrolle als Institut des Unionsrechts begreifen, wandelt sie sich von einer einseitigen „Notbremse“ zu einem Instrument des Dialogs im Verfassungsgerichtsverbund. Das Ziel ist eben nicht der Bruch, sondern die Sicherung der gemeinsamen Rechtsgrundlage. Institutionalisiertes Zusammenspiel bedeutet, dass nationale Verfassungsgerichte und der EuGH nicht gegeneinander, sondern in einem arbeitsteiligen Prozess miteinander fungieren: Der EuGH sichert die Einheitlichkeit (Art. 19 EUV), die nationalen Gerichte sichern die Grenzen der ErmĂ€chtigung.

Prozeduralisierung statt Konfrontation: Ein Vier-Stufen-Modell

Wie sieht dieses Zusammenspiel konkret aus? Es darf kein „wildes“ Ausbrechen geben, keine willkĂŒrliche Verweigerung der Rechtsbefolgung. Ein europarechtskonformes Ultra-vires-Verfahren muss zwingend prozeduralisiert sein. Nur durch Verfahren lĂ€sst sich der Konflikt von der politischen auf die rechtliche Ebene heben und dort befrieden.

Ein solches institutionalisiertes Verfahren könnte man – grob angerissen – de lege lata in vier Stufen konzipieren, die sich aus einer Zusammenschau der verfassungsrechtlichen Grundlagen in Art. 2, Art. 4 Abs. 2 und 3 sowie Art. 5 EUV und den Rechtsschutzgarantien der Art. 19 EUV und Art. 267 AEUV ergeben:

Erstens verlangt das Prinzip der begrenzten EinzelermĂ€chtigung (Art. 5 Abs. 1 und 2 EUV) eine prĂ€zise Trennung zwischen einfachem Rechtsverstoß und Kompetenzanmaßung. Nicht jede fehlerhafte Rechtsanwendung ist ein Ultra-vires-Akt; vielmehr muss ein struktureller Ausbruch aus dem „Integrationsprogramm“ des Zustimmungsgesetzes vorliegen. Ein solcher ist gegeben, wenn die Union entweder in einem Bereich tĂ€tig wird, fĂŒr den ihr die Verbandskompetenz fehlt, oder wenn sie eine bestehende Kompetenz unter Missachtung ihrer konstitutiven Schranken – etwa durch Verletzung von Verbotsnormen oder des VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeitsgrundsatzes – so exzessiv ausĂŒbt, dass dies faktisch einer vertragslosen Kompetenzerweiterung gleichkommt.

Auf der zweiten Stufe greift die prozedurale Sicherung durch die gerichtliche Kooperationspflicht aus Art. 4 Abs. 3 EUV und Art. 267 AEUV. Bevor ein mitgliedstaatliches Verfassungsgericht eine Unionsmaßnahme im eigenen Rechtsraum unangewendet lĂ€sst, trifft es eine Vorlage- und Dialogpflicht. Bestehen Zweifel an der Kompetenzgrundlage, muss der Weg nach Luxemburg beschritten werden; der Dialog ist keine Option, sondern eine unionsrechtliche Notwendigkeit zur KlĂ€rung der Rechtslage. Das BVerfG hat dies im OMT-Verfahren (BVerfGE 134, 366) vorgemacht: Es legte detailliert dar, warum es eine KompetenzĂŒberschreitung sah, gab dem EuGH aber die Möglichkeit zur (konformen) Auslegung.

Drittens ist die ZustĂ€ndigkeitsverteilung nach Art. 19 EUV zu respektieren: Danach hat der EuGH das Mandat zur „Wahrung des Rechts bei der Auslegung der VertrĂ€ge“. Dabei muss sich der EuGH aber nachvollziehbarer Methoden bedienen. Hier liegt die Chance, die Sauer in seiner Analyse der „Deflationierung“ vielleicht unterschĂ€tzt. Wenn das BVerfG in Egenberger die Entscheidung des EuGH akzeptiert, dann nicht aus Resignation, sondern weil es die Antwort des EuGH auf ihre „Methodengerechtheit“ geprĂŒft hat. Wenn der EuGH aber die methodischen Standards völlig missachtet – etwa indem er offensichtliche Tatsachen ignoriert, den Wortlaut verkehrt oder willkĂŒrliche Rechtsfortbildung betreibt –, verlĂ€sst er den Boden der Auslegung der VertrĂ€ge und betreibt unzulĂ€ssige Rechtssetzung. Um hierbei die Rechtssicherheit zu wahren, bedarf es geschĂ€rfter Kategorien fĂŒr solche schwerwiegenden Methodenfehler.

Das Weiss-Urteil des EuGH (C-493/17) war ein warnendes Beispiel fĂŒr ein methodisches Defizit, in dem der Gerichtshof die wirtschaftspolitischen Auswirkungen der EZB-Politik faktisch ausblendete und so eine VerhĂ€ltnismĂ€ĂŸigkeitsprĂŒfung unmöglich machte. Im Fall Egenberger hingegen sah das BVerfG die Auslegung der Antidiskriminierungsrichtlinie als methodisch vertretbar an. Das ist der Unterschied: Dem EuGH-Urteil wird nicht blind gefolgt („Deflationierung“), vielmehr ist es das Ergebnis einer eingehenden PrĂŒfung („Institutionalisierung“). Das BVerfG behĂ€lt sich die Kontrolle vor, ĂŒbt sie aber zurĂŒckhaltend aus, solange der EuGH methodisch nachvollziehbar arbeitet.

Viertens muss das Verfahren gegen Rechtsmissbrauch abgesichert sein. Eine Ultra-vires-Kontrolle darf keinesfalls dazu dienen, rechtsstaatliche Standards abzubauen oder sich den Grundwerten der Union zu entziehen. Warnende Beispiele fĂŒr einen solchen instrumentellen Missbrauch liefern die Rechtsprechungspraxis des politisch gekaperten polnischen Verfassungsgerichtshofs (etwa im Urteil K 3/21) und des ungarischen Verfassungsgerichts (insbesondere Entscheidung 22/2016). Rechtssicherheit schafft hier nur eine prĂ€zise Fallgruppenbildung auf Basis von Art. 2 EUV. Denn nationale IdentitĂ€t darf nicht zum Deckmantel autoritĂ€rer Strukturen werden: Wer den Rechtsstaat im Inneren schleift, kann sich gegenĂŒber der Union nicht auf ihn berufen.

Fazit: Keine Angst vor institutionalisierter Dissonanz

Sauers „Abgesang“ auf die großen Auseinandersetzungen ist insofern verfrĂŒht, als die institutionellen Fragen noch nicht abschließend geklĂ€rt sind. Die Kompetenzfragen werden nicht verschwinden, solange die Union sich dynamisch entwickelt und KrisenbewĂ€ltigung mit Kompetenzdehnung einhergeht. Sie aber nur „kleinzukochen“, reicht nicht. Wir sollten die Ultra-vires-Kontrolle aus der Schmuddelecke des vermeintlichen Nationalismus holen und sie als prozedurales Element fest in die Unionsarchitektur einbauen.

Das PSPP-Urteil mag als Schock empfunden worden sein, doch historisch betrachtet könnte es die Geburtsstunde einer effektiven Kompetenzkontrolle als Gemeinschaftsaufgabe sein. Ähnlich wie die Solange I-Rechtsprechung (BVerfGE 37, 271) einst den EuGH zwang, den Grundrechtsschutz ernst zu nehmen, zwingt der Ultra-vires-Vorbehalt den Gerichtshof heute, seine Rolle als HĂŒter der Kompetenzordnung ernster zu nehmen und nicht einseitig als „Motor der Integration“ zu agieren.

Ein institutionalisiertes Verfahren zwingt zur BegrĂŒndung und zur Auseinandersetzung mit den Argumenten der anderen Seite. Es transformiert den Machtkampf in einen Diskurs. Eine Union, die ihre eigenen Grenzen ernst nimmt und deren Einhaltung durch ein kooperatives Verfahren garantiert, ist am Ende harmonischer, legitimer und auch effektiver als eine Union, die Kompetenzkritik als MajestĂ€tsbeleidigung behandelt.

Echte StabilitĂ€t wird nicht dadurch erzeugt, dass die Verfassungsgerichte verstummen, sondern indem sie in ein geordnetes europĂ€isches Verfahrensrecht eingebunden werden. Die jĂŒngere Rechtsprechung der europĂ€ischen Verfassungsgerichte zeigt immer deutlicher: Die Ultra-vires-Kontrolle ist gekommen, um zu bleiben. Wer ihren Abgesang anstimmt, verkennt, dass gerade die rechtlich eingehegte Möglichkeit des „Nein“ das „Ja“ zur europĂ€ischen Integration erst unionsverfassungsrechtlich tragfĂ€hig macht. Das ist das „institutionelle Zusammenspiel“, das wir auch nach Egenberger weiterentwickeln mĂŒssen.

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