Nau.ch: SBB vergibt nÀchsten Grossauftrag ins Ausland
Feed Titel: Transition News
Der Druck auf BrĂŒssel wird erheblich verschĂ€rft. Wie der Guardian berichtet, fordert die russische Zentralbank Schadenersatz in Höhe von umgerechnet rund 230 Milliarden Dollar von der belgischen Wertpapierverwahrstelle Euroclear. Moskau wertet den geplanten Zugriff auf eingefrorene russische Vermögenswerte als Diebstahl und kĂŒndigt an, vor internationalen Gerichten vorzugehen. Die Klage ist mehr als ein juristisches Manöver â sie ist eine Warnung an die EuropĂ€ische Union.
BrĂŒssel verschĂ€rft seinen Kurs â und ĂŒberschreitet dabei nach Ansicht zahlreicher Juristen eine rote Linie. Neu ist nicht mehr nur die Einfrierung russischer Zentralbankvermögen, sondern deren faktische Umwandlung in ein dauerhaftes Finanzierungsinstrument fĂŒr die Ukraine (wir berichteten). Konkret geht es um rund 210 Milliarden Euro, davon etwa 185 Milliarden bei der in Belgien ansĂ€ssigen Wertpapierverwahrstelle Euroclear. Die EU stĂŒtzt sich dabei auf Artikel 122 des Vertrags ĂŒber die Arbeitsweise der EuropĂ€ischen Union (AEUV). Am 11. Dezember beschlossen die EU-Botschafter, sich auf diesen Artikel zu berufen.
Artikel 122 AEUV ist eine Notfallbestimmung. Er erlaubt es dem Rat, in auĂergewöhnlichen Krisensituationen â etwa bei schweren VersorgungsengpĂ€ssen oder Naturkatastrophen â zeitlich begrenzte MaĂnahmen mit qualifizierter Mehrheit zu beschlieĂen. Gedacht ist der Artikel fĂŒr akute, vorĂŒbergehende Krisen, nicht fĂŒr strukturelle, dauerhafte Eingriffe in Eigentumsrechte oder fĂŒr geopolitische Langzeitstrategien. Genau darin sehen Kritiker nun einen Rechtsmissbrauch.
Denn mit der Berufung auf Artikel 122 wird ein bislang einstimmig zu verlĂ€ngerndes Sanktionsregime in ein quasi-permanentes Instrument ĂŒberfĂŒhrt. Die eingefrorenen Vermögenswerte der russischen Zentralbank sollen kĂŒnftig als Sicherheiten fĂŒr einen sogenannten «Reparationskredit» an die Ukraine dienen â in einer GröĂenordnung von bis zu 165 Milliarden Euro. Eine RĂŒckgabe der Gelder an Russland wĂ€re damit faktisch ausgeschlossen, solange keine umfassenden Reparationen gezahlt werden.
Besonders brisant ist die Rolle von Euroclear. Als zentrale Wertpapierverwahrstelle ist das Institut eine SchlĂŒsselsĂ€ule des internationalen Finanzsystems. Es verwahrt Staats- und Zentralbankvermögen aus aller Welt und lebt von der Garantie politischer NeutralitĂ€t und rechtlicher VerlĂ€sslichkeit. Wird dieses Prinzip aufgegeben, steht nicht weniger als das Vertrauen in den europĂ€ischen Finanzplatz auf dem Spiel. Genau hier setzt Moskau nun an: Laut dem Guardian droht Russland, europĂ€ische Vermögenswerte zu beschlagnahmen, sollte die EU den Zugriff auf die eingefrorenen Gelder weiter vorantreiben.
Belgien, Sitzstaat von Euroclear, stellt sich quer. MinisterprĂ€sident Bart De Wever warnt vor einem völkerrechtswidrigen Zugriff auf fremdes Staatseigentum und verlangt rechtliche Garantien sowie eine solidarische Haftung aller 27 EU-Mitgliedstaaten fĂŒr mögliche Schadenersatzforderungen. Diese Garantien verweigert die EU bislang. Hinter den Kulissen wĂ€chst der Druck auf BrĂŒssel, Belgien notfalls zu ĂŒbergehen oder politisch zu isolieren. Damit wird erstmals ein GrĂŒndungsmitglied der Union unter Druck gesetzt, weil es auf der Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit besteht. Das ist kein Betriebsunfall, sondern Ausdruck einer institutionellen Verrohung: Recht wird zum Hindernis erklĂ€rt, das man notfalls beiseiteschiebt.
Der Widerstand kommt nicht nur aus einzelnen HauptstĂ€dten. Auch die EuropĂ€ische Zentralbank, der Internationale WĂ€hrungsfonds und mehrere Partnerstaaten haben davor gewarnt, Zentralbankvermögen anzutasten. Nach dem Völkergewohnheitsrecht genieĂen diese Vermögenswerte nahezu absolute ImmunitĂ€t. Eine dauerhafte VerpfĂ€ndung oder wirtschaftliche Entwertung kĂ€me einer Enteignung gleich â ohne Gerichtsurteil, ohne rechtliches Verfahren. Dass Russland nun laut dem Guardian prĂŒft, Urteile in Drittstaaten wie China, den Vereinigten Arabischen Emiraten oder Kasachstan vollstrecken zu lassen, zeigt, wie real dieses Risiko ist.
Parallel dazu verschĂ€rft die EU ihr Vorgehen gegen Kritiker im Inneren. Erst kĂŒrzlich beschloss der Rat Sanktionen gegen weitere europĂ€ische BĂŒrger wegen angeblicher «Desinformation», darunter den Schweizer Sicherheitsexperten Jacques Baud. Die MaĂnahmen umfassen Kontosperrungen, ReisebeschrĂ€nkungen und den Ausschluss vom Wirtschaftsverkehr â ohne vorherige Anhörung der Betroffenen (siehe hier und hier). Diese Sanktionen hat die Schweiz nicht ĂŒbernommen. Immerhin.
Die zeitliche Koinzidenz ist kein Zufall, sagen Kritiker. Wer einen rechtlich hoch umstrittenen Zugriff auf Milliardenvermögen durchsetzen will, muss den politischen Diskurs kontrollieren. Genau hier setzt die Kritik der Europaabgeordneten Michael von der Schulenburg und Ruth Firmenich an. Sie sprechen von einem systematischen Abbau rechtsstaatlicher Sicherungen (wir berichteten).
Ein von ihnen in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten kommt zu einem klaren Ergebnis: Der EU-Sanktionsrahmen gegen «Desinformation» verstöĂt in zentralen Punkten gegen Unionsrecht. Die Gutachterinnen Prof. Dr. Ninon Colneric, ehemalige Richterin am EuropĂ€ischen Gerichtshof, und Prof. Dr. Alina Miron sehen insbesondere das fehlende Recht auf Anhörung und die massive EinschrĂ€nkung der Meinungsfreiheit als rechtswidrig an. Artikel 11 der EU-Grundrechtecharta werde verletzt, ebenso der Grundsatz der VerhĂ€ltnismĂ€Ăigkeit.
Der Euroclear-Fall wird damit zum Lackmustest. Sollte die EU dauerhaft auf Artikel 122 AEUV setzen, um geopolitische Ziele durchzusetzen, droht eine gefĂ€hrliche PrĂ€zedenzwirkung. Andere Staaten könnten ihre Zentralbankguthaben aus Europa abziehen, aus Angst, bei politischen Konflikten Ă€hnlich behandelt zu werden. Ein internationaler Vertrauensverlust wĂ€re die Folge â mit potenziell gravierenden Auswirkungen auf den Euro und das europĂ€ische Finanzsystem.
Die Risiken sind enorm. Sollten andere Staaten â von China ĂŒber Indien bis zu LĂ€ndern des globalen SĂŒdens â zu dem Schluss kommen, dass ihr Zentralbankvermögen in Europa politisch disponibel ist, wĂ€re ein internationaler Abzug von Guthaben die logische Konsequenz. Ein globaler Vertrauensverlust, ein internationaler Bank-Run, wĂŒrde nicht Russland treffen, sondern den Euro und den europĂ€ischen Finanzplatz.
Im EuropĂ€ischen Parlament wĂ€chst der Druck, gegenzusteuern. Michael von der Schulenburg und Ruth Firmenich fordern, den Sanktionsrahmen gegen «Desinformation» aufzuheben und den RĂŒckgriff auf Artikel 122 rechtlich zu ĂŒberprĂŒfen. Die Guardian-Meldung zeigt: Der Konflikt ist lĂ€ngst internationalisiert. Die kommenden Wochen werden entscheiden, ob die EU den Notfallartikel als Ausnahmeinstrument behandelt â oder ob aus der Ausnahme ein dauerhaftes Machtinstrument wird, mit unabsehbaren Folgen fĂŒr Recht, FinanzmĂ€rkte und politische GlaubwĂŒrdigkeit.
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Feed Titel: Verfassungsblog
Debates over the role of religion in contemporary European constitutional orders have increasingly shifted from the national to the European level, placing EU law and the jurisprudence of the Court of Justice under sharper scrutiny. While concrete expressions of the freedom of religion largely remain within the ambit of the variable regulatory frameworks of the Member States, the EU Charter, the Treaties, and secondary law â predominantly concerning the prohibition of discrimination in the workplace â are substantially influencing and curtailing their scope of discretion. Accordingly, EU jurisprudence collides with and shapes questions of religion, concurrently generating resentment and contestation both among progressive liberal narratives demanding stronger equality rights and among more traditionalist movements expecting greater room for national margins and the role of religion therein.
Nonetheless, the EU is far from absent in this picture and plays an important role as an external corrective or supervisory actor. In our view, despite imperfections in the CJEUâs case law, the external and differentiated role of the Court and of EU law can challenge claims of self-referential sufficiency. EU law provides a mirror and necessitates a dialogue in which these convictions are tested and, where necessary, redefined. The fact that religionâs role in societies is a sensitive field, closely intertwined with tradition and historical developments in the Member States, does not shield these matters from this dialogue, but rather reinforces the need for it.
The contributions to the symposium In Good Faith seek to situate the role of the CJEU and its jurisprudence within this context. They either welcome the Courtâs generally deferential approach to the role of religion in the Member States or warn that the CJEU plays with fire in assuming that a single Luxembourg-approach can simultaneously deliver justice across Europeâs highly diverse and non-homogeneous legal and social landscapes.
Beyond several general contributions on the changing role of the CJEU in matters of freedom of religion, this symposium analyses and elucidates some of the most recent and significant developments in this field. In particular, it examines, from highly diverse perspectives, Austriaâs latest prohibition on headscarves in schools for Muslim girls under the age of 14, scheduled to enter into force in September 2026. This legislation has been justified on the grounds that such a prohibition ostensibly promotes social integration and gender equality and prevents âfamilial or societal pressure [on Muslim girls] to wear certain clothing, which could have negative developmental and psychological effectsâ.
In addition, the symposium critically examines how the CJEUâs Egenberger judgment (C-414/16) decisively changed the relationship and oversight of the Member States and their religious communities. Specifically, it explores how the CJEUâs interpretation of the prohibition of discrimination in the workplace has prompted the German Federal Constitutional Court (FCC) to amend and progressively evolve its control and review of the constitutionally guaranteed right of churches to self-determination. Following the CJEUâs approach, the FCC changed its decades-long practice and determined that occupational requirements imposed by the Church on the employees must plausibly be linked to tasks and activities involved, thereby necessarily differentiating the categories of employment. In other words, a Church gardener does not necessarily need to belong to a particular religious denomination. Moreover, the courts must review these requirements to ensure they are proportional and thus subject to civil judicial scrutiny.
The FCCâs Egenberger decision of November 2025 shows how timely and relevant the questions of religious freedom in the EU are, particularly in light of the shared and constitutionally multilevel framework of several fundamental rights systems interacting in a complex equation.
Freedom of religion, one of the cornerstones of liberal constitutional democracies, cuts both ways. Conceived as a right of religious self-determination, it exerts a remarkable influence on liberal constitutional frameworks, successfully carving out space for its reservations. The Egenberger decision underscores the significant weight attached to the collective dimension of freedom of religion vis-Ă -vis the prohibition of discrimination. At the same time, freedom of religion is frequently curtailed under the pretext of neutrality, masking covert prejudice or paternalistic attempts to force individuals to be free. The recent Austrian example discussed above demonstrates this tension well.
Given the explicit neutrality carve-out under Article 17 TFEU, EU law finds itself between a rock and a hard place. While the Union protects against discrimination and directly legislates on equal treatment in employment, this inevitably challenges Member Statesâ prerogatives regarding the appropriate scope of freedom of religion, a particularly sensitive area.
The symposium In Good Faith revisits recent case law in an effort to reconcile the dual nature of religious freedom from an EU law perspective. It examines the reciprocal relationship between freedom of religion and other fundamental rights, exploring how the former may impose limitations on the latter and, conversely, how these rights can constrain freedom of religion.
Religious freedom, constitutionally protected in all EU Member States and enshrined in Article 10 of the EU Charter, remains deeply contested. The extent of this right and the relationship between state and religion differ across the Union. On the one hand, (formerly) dominant religions continue to enjoy privileges in many states â primarily based on their autonomy as religious communities, and often in tension with other rights. On the other hand, individual freedom of religion, in particular the wearing of religious symbols by Muslims, is readily restricted, selectively justified by appeals to neutrality, customer preference, or abstract notions of vivre ensemble. Conflicts around religious freedom are intensifying as right-wing and conservative movements increasingly invoke Europeâs Christian heritage, framing migration and Islam as perceived threats.
In its headscarf jurisprudence, the CJEU has adopted a restrained approach, granting Member States a wide margin of discretion. The CJEU interprets freedom of religion primarily in the context of equality, rather than as a liberty-right. As long as neutrality requirements apply to all employees, they are not deemed to disproportionately restrict religious freedom. This reasoning neglects the extent to which these restrictions interfere with the beliefs of the individual and disproportionately affect Muslim women.
With respect to religious employers, the CJEU has adopted stricter scrutiny, requiring national courts to assess whether occupational requirements are âgenuine, legitimate and justifiedâ, and ânecessary and objectively dictatedâ. This has narrowed the scope for denominational employers to discriminate, i.e. dismiss or hire persons, on grounds of belief. Nevertheless, religious communities continue to invoke their autonomy and right to self-determination to justify arguably discriminatory practices, as indicated by the latest Egenberger decision by the German FCC regarding church membership as a prerequisite for employment.
Like all fundamental rights, religious freedom must be carefully balanced against intersecting and competing rights and principles â equality, access to justice, state neutrality. Given the diverse understandings of religion across Member States, the CJEU has largely granted Member States discretion in religious matters while establishing only minimum standards. However, this judicial restraint rendered the Courtâs interpretation of religious freedom somewhat one-dimensional, overlooking its broader implications for equality, societal diversity, secularism, and the role of religion in secular democratic states. Such a narrow framework risks overlooking the complex interplay between religious rights and other fundamental principles of liberal democracies.
This symposium sheds light on the dual dynamics of religious freedom in Europe: both the restrictions imposed upon it and those justified in its name. It explores how religious freedom is invoked to undermine rights such as non-discrimination and reproductive autonomy, and how, conversely, individual religious freedom is curtailed by state or societal norms.
In cases concerning religion in the workplace, the CJEUâs generally assertive stance in anti-discrimination law aligns with its general deference to questions about religionâs role in society. Ronan McCrea analyses how the Court addresses this tension by setting wide but meaningful boundaries for Member States. Although this approach has been criticised in the past, McCrea explains why it constitutes a prudent and defensible choice in light of the existing legal framework and the evolving religious landscape in Europe.
By contrast, Andrea Pin argues that, in the name of anti-discrimination and neutrality, the CJEU risks undermining religious freedom in ways that are particularly detrimental to Muslim minorities â both by feeding into identity politics and by advancing a liberal narrative that frames restrictions as necessary to protect womenâs rights and non-discrimination. He is starkly critical of how the CJEU disregards the profound diversity of church-state relations and neglects the differing social positions occupied by religious communities across Member States. In his view, the CJEUâs approach is structurally ill-suited to the realities it seeks to address.
In its jurisprudence in the headscarf cases (Achbita, Bougnaoui, Wabe and MĂŒller, LF and OP), the CJEU has taken a largely deferential approach, emphasising neutrality as a legitimate aim, derived from the freedom to conduct a business for private entities and the principle of neutrality for public bodies. The CJEU thereby provided little protection for freedom of religion and overlooked broader implications for equality and societal diversity.
Accordingly, Erika Howard argues that the CJEU struck the wrong balance in the headscarf cases. The Court overemphasised neutrality while neglecting the implications of a de facto headscarf ban for individuals and society. Moreover, she criticises the Courtâs failure to engage with indirect discrimination based on grounds of sex or race (Article 21 of the EU Charter) or with the possibility of intersectional discrimination.
This narrow approach to indirect discrimination is also highlighted by Kristen Henrard. Her piece analyses how the Courtâs approach differs in its scrutiny. In cases of religious slaughter and headscarves at work, the Court has been largely deferential and arguably hides behind a broad margin of appreciation.
Prohibitions on wearing religious symbols affect minorities in particular. Maria Francesca Cavalcanti shows how the constitutional architecture of religious freedom and non-discrimination proves insufficient to capture the specific vulnerabilities and identity-based claims of minority communities. In her view, protecting minorities demands more than balancing rights. It requires recognising the specific forms of vulnerability produced by their social and constitutional position.
Concerning the recently renewed prohibition of headscarves for Muslim pupils, proponents describe it as a âclear commitment to gender equalityâ and a step toward âempowering girlsâ. In 2020, however, the Austrian Constitutional Court had already declared a similar headscarve ban in schools unconstitutional. Peter BuĂjĂ€ger analyses how the new prohibition attempts to comply with the standards set by the Constitutional Court. Although the legislator has been largely successful in this regard, two crucial aspects seem to have been overlooked: the resulting stigmatisation and the underlying patriarchal structures. By contrast, Michael Lysander Fremuth supports this prohibition. Given the increasing number of reports from teachers and sociologists that girls lack autonomy and de facto freedom to determine their own identity, and considering the need to combat radicalisation and promote integration, he argues that these societal changes may prompt the Court to reassess and adapt its jurisprudence accordingly.
In addition, Paulus Blokker highlights the European struggle over the sacred and the profane. While not an entirely new phenomenon, the intensity seems to be increasing considerably. In his view, increasingly well-organised radical-conservative actors actively use liberal-democratic instruments to advance their claims in domestic and European political and legal arenas, a strategy amplified by an increasingly hostile international environment.
The symposium concludes with an analysis of the Egenberger decision by the German Federal Constitutional Court (FCC), a decision that was eagerly awaited. While the FCC avoided a looming conflict with the CJEU and affirmed a shared conception of fundamental rights, the decision offers numerous points for debate.
Lucy Vickers assesses the proportionality review employed in balancing the right to self-determination with individualsâ right to equality and non-discrimination. The fact that two courts could consider the same facts and reach opposite conclusions without either seeming to have misapplied the law shows how flexible the proportionality review can be. In her view, this flexibility is a great strength, allowing decisions of nuance and fact sensitivity, but also a significant weakness, demonstrating the fragility of the protection against discrimination on grounds of religion and belief in EU law.
Furthermore, Matthias Mahlmann analyses the decision and explains how the FCC changed its praxis, from now on requiring that occupational requirements imposed by the churches must have a direct link with the tasks in question. He argues that the FCC not only strengthens equality and non-discrimination but also reinforces the protection of religious freedom itself. In this light, the decision constitutes a substantial, constitutionally well-justified, fundamental-rights-friendly, and welcome shift.
In addition, Matthias Wendel and Sarah Geiger show that the Egenberger decision is not only about church labour law but also touches on fundamental issues in the interplay between national and European constitutional law in a multilevel system. While the FCC prevented unnecessary conflict with the CJEU through a balanced, conciliatory, and nuanced approach, they contend that the decision ends on an unwelcome note. By reasserting the possibility of national constitutional review of EU law with respect to individual fundamental rights under the Solange-doctrine, the FCC once again claims the authority to potentially disregard the primacy of EU law.
With numerous cases currently pending before the courts and a wide range of scholarly perspectives on the role of the CJEU in relation to freedom of religion and its associated rights, the issue remains more pertinent than ever. It appears that the questions addressed in this symposium are far from settled, and debates over the appropriate balance among these conflicting fundamental rights are likely to continue in the foreseeable future.
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Die Diskussion um ein mögliches AfD-Verbot ist und bleibt virulent. So wies etwa BundesprĂ€sident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zum 9. November ausdrĂŒcklich auf die Möglichkeit des Parteiverbots hin und adressierte dabei die AfD, ohne sie namentlich zu erwĂ€hnen. Steinmeiers Rede wurde umgehend kommentiert: Die AfD spricht von âAmtsmissbrauchâ, Wolfgang Kubicki von einem âschwerwiegenden Fehlerâ. Andere â so der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter oder der thĂŒringische Innenminister Georg Maier â sehen in den ĂuĂerungen Steinmeiers einen wichtigen Beitrag in der Debatte zum Umgang mit der AfD. Wieder einmal zeigt sich, dass in der Diskussion kaum Platz fĂŒr Zwischentöne ist. In der Tat stehen sich die Positionen weitgehend unversöhnlich gegenĂŒber. Keine der beiden Seiten ist ernsthaft in der Lage, ZugestĂ€ndnisse an die andere zu machen, und so gehen Versuche der Differenzierung angesichts beinahe tĂ€glicher EinwĂŒrfe von der politischen Seitenlinie regelmĂ€Ăig unter.
Ob ein Verbotsantrag der richtige Weg im Umgang mit der AfD ist, verkommt mehr und mehr zu einer Debatte von GlaubenssĂ€tzen. WĂ€hrend eine Seite in der Verfassung selbst mit ihrer âwehrhaften Demokratieâ ein wesentliches Argument fĂŒr ein solches Verfahren sieht, hĂ€lt die andere Seite die strengen Anforderungen an ein Parteiverbot fĂŒr ein grundsĂ€tzliches Argument gegen das Verfahren. Dabei enthĂ€lt das Grundgesetz selbst keine eindeutige Antwort auf die Frage nach den Risiken und Nebenwirkungen eines Verbotsverfahrens, sondern klĂ€rt lediglich dessen Voraussetzungen. Bei aller rechtswissenschaftlichen Exegese bleibt so unterbelichtet, dass das Grundgesetz mit der Möglichkeit zum Ausschluss einer Partei von der staatlichen Finanzierung in Art. 21 Abs. 3 GG selbst einen Zwischenton zwischen âweiter soâ und Verbot setzt. Dieser Regelung widmet sich der folgende Beitrag und zeigt dabei auf, dass diese auch gegen eine Partei wie die AfD zur Anwendung kommen könnte1).
Damit Art. 21 Abs. 3 GG auf eine groĂe Partei wie die AfD anwendbar ist, muss die Regelung zunĂ€chst verfassungsmĂ€Ăig sein. Um dies zu begrĂŒnden, wird hĂ€ufig ein Erst-Recht-Schluss herangezogen. Wenn schon das Verbot verfassungsgemÀà ist, so mĂŒsse dies fĂŒr den bloĂen Ausschluss von der Finanzierung ebenso gelten, schlieĂlich sind die Voraussetzungen weitgehend gleich streng. Insofern wĂŒrde sich der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung nahtlos in die Systematik der wehrhaften Demokratie des Grundgesetzes einfĂŒgen, die das BVerfG bereits in der KPD-Entscheidung als âSynthese zwischen dem Prinzip der Toleranz [âŠ] und dem Bekenntnis zu gewissen, unantastbaren Grundwertenâ (Rn. 258) beschrieb. Wenngleich dieser Ausgangspunkt ausklammert, dass eine Partei, der die Finanzierung entzogen wurde, als âillegitime Kraftâ am politischen Wettbewerb teilnehmen und so ein neues PhĂ€nomen darstellen wĂŒrde, ist er doch im Ergebnis richtig. Gemessen an Art. 79 Abs. 3 GG ist Art. 21 Abs. 3 GG kein verfassungswidriges Verfassungsrecht. Weder die Schranke des Demokratieprinzips noch die der MenschenwĂŒrde in ihrer demokratisch-teilhaberechtlichen AusprĂ€gung werden in ihren Kernelementen durch den Ausschluss von der staatlichen Finanzierung berĂŒhrt. Wie auch das Parteiverbot fordert der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung nĂ€mlich eine Beeinflussung oder BeeintrĂ€chtigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Deren Schutz erstreckt sich jedoch im Rahmen von Art. 21 Abs. 2 und 3 GG auf wenige unverzichtbare Grundprinzipien. Auch der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung kommt demnach erst in Betracht, wenn âdasjenige infrage gestellt und abgelehnt wird, was zur GewĂ€hrleistung eines freiheitlichen und demokratischen Zusammenlebens schlechthin unverzichtbar ist und daher auĂerhalb jedes Streits stehen mussâ.
Damit ist aber noch nicht geklĂ€rt, ob die Regelung tatsĂ€chlich auch auf groĂe Parteien anwendbar ist. Um dieser Frage nachzugehen, muss das VerhĂ€ltnis zum Parteiverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG in den Blick genommen werden. Der Gesetzgeber schuf die Norm als Reaktion auf die zweite NPD-Entscheidung des BVerfG, da die NPD nach Ansicht des BVerfG mangels politischer Bedeutung nicht verboten werden konnte. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen Parteiverbot und Finanzierungsentzug ist demnach das vom BVerfG in Art. 21 Abs. 2 GG hineingelesene Kriterium der PotenzialitĂ€t. Eine Partei kann demnach nur verboten werden, wenn neben einer Programmatik, die die bestehende freiheitliche Ordnung beseitigen will, auch die Möglichkeit besteht, dass dieses Ziel erreicht wird. Die NPD wurde damals also von ihrer vollkommenen Bedeutungslosigkeit âgerettetâ. Das könnte als Indiz dafĂŒr gesehen werden, dass der Finanzierungsentzug nur eine âLex NPDâ ist und sich ihr Anwendungsbereich in Kleinstparteien erschöpft, die mangels PotenzialitĂ€t nicht verboten werden können. Dem Wortlaut der Regelungen lĂ€sst sich ein solches RangverhĂ€ltnis allerdings nicht entnehmen. WĂ€hrend das Verbot voraussetzt, dass die Partei auf die verfassungswidrige Zielsetzung âausgehenâ muss, verlangt der Finanzierungsentzug lediglich, dass die Partei darauf âausgerichtetâ ist. Damit beschrĂ€nkt sich Art. 21 Abs. 3 GG keineswegs ausdrĂŒcklich auf âkleineâ Parteien. Auch dem einfachen Recht ist nicht zu entnehmen, dass vorrangig ein Verbotsverfahren eingeleitet werden muss. § 43 Abs. 1 S. 2 BVerfGG stellt lediglich klar, dass der Antrag auf Ausschluss von der staatlichen Finanzierung hilfsweise zu einem Verbotsantrag gestellt werden kann. Nur weil die Vorschrift im Zuge des gescheiterten NPD-Verbots geschaffen wurde, ist ihr Anwendungsbereich somit nicht auf Parteien beschrĂ€nkt, deren Struktur der NPD Ă€hnelt.
Aus dem VerhÀltnis von Parteiverbot und Finanzierungsentzug kann demnach keine BeschrÀnkung des Anwendungsbereichs von Art. 21 Abs. 3 GG abgeleitet werden. Eine solche könnte allerdings aus einer anderen, in der Literatur durchaus verbreiteten ErwÀgung abgeleitet werden. Wenn die antragsberechtigten Organe verfassungsrechtlich unter bestimmten Bedingungen verpflichtet sind, einen Verbotsantrag zu stellen, wÀre es ihnen im Umkehrschluss mindestens in dieser Konstellation verwehrt, gegen dieselbe Partei einen Antrag zu stellen, der sich allein auf den Finanzierungsentzug richtet.
Ob die zur Antragstellung berechtigten Organe unter gewissen UmstĂ€nden verpflichtet sind, einen Verbotsantrag zu stellen, wird seit Jahrzehnten intensiv diskutiert. Das erstaunt vor dem Hintergrund, dass das BVerfG bereits im Verfahren zum KPD-Verbot im Jahr 1956 ausfĂŒhrte, dass ein âpolitisches Ermessenâ bestehe, auch wenn die Antragsteller die Partei fĂŒr verfassungswidrig halten. Dennoch finden sich â wenn auch mit divergierenden BegrĂŒndungen â seit jeher Stimmen, die sich fĂŒr eine Antragspflicht aussprechen.
In den Nachwehen des KPD-Verbots und unter dem Eindruck der auĂerparlamentarischen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre machte sich etwa der zu dieser Zeit im Innenministerium tĂ€tige Verwaltungsjurist Karl-Heinz Seifert fĂŒr eine Antragspflicht stark. Seifert, der bereits im Nationalsozialismus als Beamter Karriere machte, sah insbesondere die Bundesregierung aufgrund des LegalitĂ€tsprinzips sowie der Regelungstechnik von Art. 21 Abs. 2 GG (âsind verfassungswidrigâ) zur Antragstellung verpflichtet, andernfalls âdrohe die streitbare Demokratie zur bloĂen Phrase und SelbsttĂ€uschung zu verkommenâ. Auch in der aktuellen Debatte wird auf die Regelungstechnik von Art. 21 Abs. 2 GG hingewiesen, um einen schrumpfenden Ermessensspielraum bei der Antragstellung zu begrĂŒnden. Und in der Tat: Wer der Auffassung folgt, dass Parteien bereits vor der Feststellung durch das BVerfG aufgrund des Wortlauts der Normen materiell-rechtlich verfassungswidrig âsindâ, der kann daraus Konsequenzen fĂŒr das EntschlieĂungsermessen der Antragsteller ziehen. Daneben wird in der wissenschaftlichen Debatte hĂ€ufig darauf verwiesen, dass es in einem Rechtsstaat kein freies Ermessen geben könne und auch die Historie der Vorschrift als Antwort auf die vermeintliche SchwĂ€che der Weimarer Verfassung fĂŒr eine Antragspflicht spreche.
Gegen diese Argumente sprechen allerdings erhebliche EinwĂ€nde. So sind jene BegrĂŒndungen fĂŒr eine Antragsverpflichtung, die aus der Historie und dem Zweck des Art. 21 Abs. 2 GG abgeleitet werden, einseitig darauf bezogen, ein Parteiverbot zu ermöglichen. Dass das Parteiverbot durch das verfassungsgerichtliche Monopol auch beschrĂ€nkt wird, wird kaum gewĂŒrdigt. Bis das BVerfG ĂŒber das Verbot entschieden hat, bewegen sich alle Parteien im Rahmen der durch das Grundgesetz garantierten politischen Freiheit. Das Verbotsverfahren ist daher eben keine SanktionsmaĂnahme fĂŒr vorangegangenes politisches Fehlverhalten, sondern wirkt zukunftsorientiert. Aus dem Umstand, dass politische Freiheit bis zur Entscheidung durch das BVerfG nicht staatlich sanktioniert werden darf, folgt der Charakter des Parteiverbots und der wehrhaften Demokratie als solcher. Dieser liegt mit Helmut Ridder nicht in der Abwehr von an sich verfassungswidrigem Verhalten, sondern in der Befugnis zur UnterdrĂŒckung von Strömungen, die die Abschaffung der âfreiheitlich demokratischen Grundordnungâ zum Ziel haben. Das Grundgesetz beinhaltet insofern keinen Automatismus, sondern erlaubt es den verantwortlichen Organen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat ausnahmsweise und unter Monopolisierung der Entscheidung beim BVerfG gegen Gegner der freiheitlichen Ordnung vorzugehen.
Können sich die politisch verantwortlichen Organe, obwohl sie von der Verfassungswidrigkeit einer Partei ĂŒberzeugt sind, nicht zur Antragsstellung durchringen, so ist diese WidersprĂŒchlichkeit gerade eine Konsequenz aus der konkreten Gestaltung der Wehrhaftigkeit des Grundgesetzes. Sie ermöglicht Parteiverbote, ohne sie zu verlangen, eben weil der schmale Grat zwischen Freiheitsschutz und FreiheitsbeschrĂ€nkung politischer Verantwortung bedarf. Das bedeutet wiederum aber ebenso wenig, dass die antragsberechtigten Organe das Parteiverbot einfach rechts liegen lassen dĂŒrfen. Gerade weil das Grundgesetz die Möglichkeit ausdrĂŒcklich vorsieht, lĂ€sst sich aus Art. 21 GG ein Befassungsauftrag ableiten, sich ernsthaft mit der Option eines Verbots auseinanderzusetzen. Am Ende dieser Auseinandersetzung kann dann aber auch das Ergebnis stehen, dass trotz hoher Erfolgsaussichten ein Antrag nicht gestellt wird, weil die potenziellen Antragsteller zu der Ăberzeugung kommen, dem Schutz der freiheitlichen Ordnung ohne Verbot besser dienen zu können.
FĂŒr den Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 2 und 3 GG ergeben sich, je nach vertretenem Standpunkt, unterschiedliche Konsequenzen. Soweit eine Antragspflicht angenommen wird und deren Bedingungen erfĂŒllt sind, kommt dagegen nur noch ein Parteiverbotsverfahren in Betracht, sofern die Partei das Kriterium der PotenzialitĂ€t mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfĂŒllt. Wenn, wie hier, lediglich von einem Befassungsauftrag ausgegangen wird, sind die Antragsteller hinsichtlich der Wahl des Mittels â Verbot oder Finanzierungsentzug â nicht gebunden. Dieses Ergebnis lĂ€sst sich auch durch eine systematische Ăberlegung absichern. MaĂnahmen nach Art. 21 Abs. 2 und Abs. 3 GG verlangen nĂ€mlich, dass es sich bei der fraglichen Organisation ĂŒberhaupt um eine Partei handelt. Die Rechtsprechung verlangt jedoch: Je lĂ€nger eine Partei existiert, desto eher muss sie auch tatsĂ€chlich in der Lage sein, an der politischen Willensbildung teilzuhaben. Organisationen, die dieses Kriterium nicht erfĂŒllen, fallen nicht unter Art. 21 Abs. 2 und Abs. 3 GG. WĂ€re Art. 21 Abs. 3 GG auf Parteien begrenzt, die das PotenzialitĂ€tserfordernis nicht erfĂŒllen, könnte die Norm nur auf Organisationen angewendet werden, die zwar groĂ genug sind, um Einfluss auf die Willensbildung zu nehmen, deren Einfluss aber nicht ausreicht, um ihre Ziele tatsĂ€chlich durchzusetzen. FĂŒr den Finanzierungsentzug verbliebe somit allein dort ein Anwendungsbereich, wo eine Partei bereits staatlich finanziert wird (gem. § 18 Abs. 4 S. 1 PartG ĂŒber 0,5 bzw. 1,0 %), aber noch nicht das Potenzial aufweist, ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch zu erreichen. FĂŒr Parteien, die nicht an der staatlichen Finanzierung teilnehmen, wĂŒrde der Finanzierungsausschluss zwar immerhin noch Steuerprivilegien beenden. Dennoch fiele der durch die Norm selbst genannte Anwendungsbereich â nĂ€mlich der Entzug der Finanzierung â weitgehend aus, da die PotenzialitĂ€t bereits bei geringen Wahlerfolgen anzunehmen ist.
Art. 21 Abs. 3 GG gibt den Antragstellern damit ein Mittel an die Hand, in einem rechtsstaatlichen Verfahren und unter hohen Voraussetzungen durch das BVerfG feststellen zu lassen, dass eine Partei verfassungswidrige Ziele verfolgt, ohne diese vollstĂ€ndig von der politischen Willensbildung auszuschlieĂen. Diese Möglichkeit besteht auch fĂŒr groĂe Parteien. Das Grundgesetz zeigt im Umgang mit potenziellen Feinden der Freiheit Wege auf, ohne sie vorzuzeichnen. Dabei rĂŒckt bei einem Antrag auf Entzug der Finanzierung die Signalwirkung in den Vordergrund. Statt auf die exekutive Durchsetzung eines möglichen Verbots zu vertrauen, verlieĂen sich die Antragsteller ĂŒberwiegend auf die Wirkung, die von der Entscheidung des BVerfG ausgehen wĂŒrde. Angesichts der Rolle des Gerichts im demokratischen System muss dies keinesfalls ein Nachteil sein.
Damit ist Art. 21 Abs. 3 GG kein Verbot âlightâ. Das Grundgesetz kennt aber seit der EinfĂŒhrung des Absatzes neben legalen und illegalen Parteien eine dritte Kategorie: die âverfassungsfeindlicheâ, aber wĂ€hlbare Partei. Damit schafft die Regelung eine neue FlexibilitĂ€t, die gleichwohl keinen âgoldenen Wegâ aus dem Dilemma bietet, das Parteiverbot und wehrhafte Demokratie schaffen. Es bleibt dabei, dass die politisch Verantwortlichen entscheiden mĂŒssen, welchen Weg sie beim Umgang mit potenziell verfassungsfeindlichen Parteien wĂ€hlen. Die Verfassung selbst erzwingt dabei nichts, die Diskussion darum wird sich fortsetzen.
References
| â1 | Bei dem Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung der wichtigsten Thesen aus Maurer/Spahr, MIP 2025, S. 284f. |
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Stellen Sie sich einmal vor, dass ein westlicher Regierungschef den Generalstaatsanwalt und Richter:innen des obersten Gerichts sanktioniert, weil sie Strafverfahren gegen seine Parteifreunde betrieben haben. Er lĂ€sst ihr Vermögen beschlagnahmen, Bankkonten einfrieren, die Bewegungsfreiheit einschrĂ€nken. Er verbietet den nationalen Unternehmen jegliche GeschĂ€ftsbeziehung mit den sanktionierten Personen, einschlieĂlich der Familienangehörigen. Ein fundamentaler Angriff auf die Gewaltenteilung und die Arbeit der Justiz? Ja! Unvorstellbar? Leider nein!
Denn genau dies hat die Trump-Regierung inzwischen mit der FĂŒhrungsebene der Anklagebehörde und sechs Richtern des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) getan. Die Sanktionierung erfolgte per prĂ€sidialer Exekutivverordnung 14203 (âVOâ) am 6. Februar 2025.1) Sie war zunĂ€chst auf den â inzwischen aus anderen GrĂŒnden suspendierten â ChefanklĂ€ger Karim Khan beschrĂ€nkt, wurde dann aber am 5. Juni 2025 von AuĂenminister Marco Rubio auf vier Richter2) und am 20. August 2025 auf die zwei stellvertretenden AnklĂ€ger3) sowie zwei weitere Richter4) erweitert.5) Weitergehend droht die institutionelle Sanktionierung des IStGH, die zwar auf legislativer Ebene (âIllegitimate Court Counteraction Actâ) Anfang des Jahres im US-Senat gescheitert ist,6) aber jederzeit wieder vom Kongress aufgenommen oder per erneuter Exekutivverordnung angeordnet werden kann. Auch der IStGH braucht also eine Art âJustiz-Projektâ gegen die rechtspopulistische Gefahr,7) allerdings auf supranationaler Ebene.
Die Sanktionierung wird damit begrĂŒndet, dass der IStGH durch die genannten Personen âohne legitime Grundlageâ (âwithout a legitimate basisâ) Ermittlungen gegen US-Personal und seine VerbĂŒndeten (âcertain of its alliesâ)8)â sog. âgeschĂŒtzte Personenâ (âprotected personsâ)9) â eingeleitet habe und dieses âbösartige Verhaltenâ (âmalign conductâ) dieser âbankrotten Institutionâ (âbankrupt institutionâ) die SouverĂ€nitĂ€t der USA verletze und ihre nationale Sicherheit untergrabe. Konkret wird den sanktionierten Personen vorgeworfen, âsich direkt an BemĂŒhungen des IStGH beteiligt zu haben, eine geschĂŒtzte Person ohne Zustimmung des Heimatlandes dieser Person zu untersuchen, zu verhaften, festzuhalten oder strafrechtlich zu verfolgen.â10) Allerdings werden neben Israel keine US-VerbĂŒndeten genannt und tatsĂ€chlich lief zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses nur noch das Verfahren in der âSituation in the State of Palestineâ, das am 21. November 2024 zur Anordnung von (unveröffentlichten) Haftbefehlen gegen den israelischen Premierminister Netanjahu und den damaligen Verteidigungsminister Gallant (sowie gegen drei â inzwischen getötete â HamasfĂŒhrer) gefĂŒhrt hat.
DemgegenĂŒber hat der damalige ChefanklĂ€ger die Ermittlungen im Afghanistan-Verfahren schon am 27. September 2021 auf die Taliban beschrĂ€nkt11) und bezĂŒglich US-Staatsangehöriger effektiv eingestellt (âdepriorizedâ). Derzeit laufen also ĂŒberhaupt keine Ermittlungen gegen US-Staatsangehörige. Die Sanktionierung der genannten Personen lĂ€sst sich damit tatsĂ€chlich nur â abgesehen von einer ideologischen Feindschaft der Trump-Regierung gegen den IStGH als ReprĂ€sentanten völker(straf)rechtlicher Verantwortlichkeit â mit den Israel/PalĂ€stina Ermittlungen begrĂŒnden. Das belegt auch die (zusĂ€tzliche) Sanktionierung der PalĂ€stina-UN-Sonderberichterstatterin Albanese durch AuĂenminister Rubio am 9. Juli 2025.
An den Israel/PalĂ€stina-Ermittlungen waren allerdings bisher nur AnklĂ€ger Khan (und seine zwei Stellvertreter seit seiner Suspendierung) sowie die Richter Alapini Gansou, Guillou und Hohler (als Mitglieder der Vorverfahrenskammer, die die o.g. Haftbefehle erlassen hat) beteiligt. Die anderen sanktionierten Richter (Balungi Bossa, Ibåñez Carranza und Prost) haben als Teil der Rechtsmittelkammer â neben den inzwischen ausgeschiedenen (und nicht sanktionierten) Richtern HofmĂĄnski und Morrison â am 5. MĂ€rz 2020 die Afghanistan-Ermittlungen autorisiert. Damit wird die Strategie der Sanktionspolitik der US-Regierung klar: Es sollten nur die noch aktiven Richter und diejenigen sanktioniert werden, die als Teil der Rechtsmittelkammer die Afghanistan-Ermittlungen in ihrem ursprĂŒnglichen Umfang (neben Taliban u.a. auch US-Staatsangehörige betreffend) autorisiert haben, nicht aber alle am Afghanistan-Verfahren beteiligten Richter (so etwa nicht der italienische Richter Aitala, der maĂgeblich an der ablehnenden Eröffnungsentscheidung der Vorverfahrenskammer II vom 12. April 2019 beteiligt war).
Es geht der US-Regierung also ausschlieĂlich um den Schutz eigener und befreundeter (israelischer) Staatsangehöriger, nicht um die Verfahren oder die TatvorwĂŒrfe an sich. Solange diese sich gegen Gegner und Feinde der USA (Taliban) oder Israels (Hamas) richten, hat die US-Regierung kein Problem mit dem angeblichen âoverreachâ des IStGH. Wenn aber gegen die USA oder deren Freunde das Recht durchgesetzt werden soll, wird der Gerichtshof selbst zum Feind. Diese Doppelstandards sind nicht neu, sie lassen sich aktuell auch im sogenannten Drogenkrieg beobachten: WĂ€hrend die Trump-Regierung angebliche âNarco-Terroristenâ in der Karibik auĂergerichtlich hinrichtet (zur evidenten Völkerrechtswidrigkeit s. umfassend hier, hier und auch hier), begnadigt sie gleichzeitig den ehemaligen PrĂ€sidenten von Honduras, Juan Orlando HernĂĄndez, der zuvor in den USA in einem rechtsstaatlichen Verfahren zu 45 Jahren Freiheitsstrafe u.a. wegen Drogenhandels verurteilt wurde.
Eine sanktionierte Person und ihre Familienangehörigen dĂŒrfen nicht in die USA reisen. Ihr gesamtes Vermögen und alle Vermögensanteile, die sich in den USA befinden oder im Besitz oder unter der Kontrolle von US-Personen stehen, sind gesperrt und mĂŒssen dem Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums gemeldet werden. DarĂŒber hinaus sind alle (natĂŒrlichen oder juristischen) Personen gesperrt, die direkt oder indirekt, einzeln oder insgesamt zu 50 Prozent oder mehr im Besitz einer oder mehrerer gesperrter Personen sind. SĂ€mtliche Transaktionen von US-Personen oder innerhalb (oder im Transit) der USA, die Vermögen oder Vermögensanteile von benannten oder anderweitig gesperrten Personen betreffen, sind verboten, sofern keine allgemeine oder spezifische Genehmigung des OFAC vorliegt oder eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde. Dieses Verbot umfasst die Leistung oder Bereitstellung von Geldern, Waren oder Dienstleistungen durch, an oder zugunsten einer sanktionierten Person sowie den Empfang von Geldern, Waren oder Dienstleistungen von einer solchen Person (s. auch Galbraith und Hovell).
Das sind aber nur die primĂ€ren Wirkungen, auch primĂ€re Sanktionen genannt. Gravierender noch können die sekundĂ€ren Sanktionen sein. Sie gehen ĂŒber das US-Staatsgebiet und US-Staatsangehörige und Unternehmen hinaus, wirken also extraterritorial und weltweit. Mitunter sind sie auch eine Folge von vorauseilender ĂbererfĂŒllung (âovercomplianceâ), was zugleich den chilling effect der PrimĂ€rsanktionen zeigt. Beispielhaft: Eine europĂ€ische Bank mit Sitz in der EU, die eigentlich nicht direkt von den Sanktionen betroffen ist, kĂŒndigt das Konto eines Sanktionierten, weil sie negative Effekte fĂŒr ihr US-GeschĂ€ft befĂŒrchtet. Zu den konkreten Wirkungen haben sich zwei der sechs betroffenen Richter öffentlich geĂ€uĂert, zum einen der französische Richter Guillou (hier) und zum anderen die kanadische Richterin Prost (hier und hier): Ăber das Einreiseverbot in die USA hinaus von einem auf den anderen Tag keine Waren, Dienstleistungen oder Geldmittel mehr von US-Unternehmen (z.B. Amazon, Airbnb, PayPal, Visa, Master Card) und zugleich indirekte (sekundĂ€re) Wirkungen auch auf GeschĂ€fte mit europĂ€ischen Unternehmen, z.B. der heimischen Bank oder einem Reiseunternehmen. Ăhnliches wird von UN-Sonderberichterstatterin Albanese im Rahmen einer Anhörung im italienischen Senat berichtet; zugleich bedauerte der Manager ihrer italienischen âBanca Eticaâ (!), dass er ihr Konto kĂŒndigen mĂŒsse, und bat die Politik um GegenmaĂnahmen.
Um solche (extraterritorialen) Wirkungen zu vermeiden, hat die EU frĂŒher â im Zusammenhang mit US-Sanktionen gegen Kuba und den Iran â eine sog. Blocking-Verordnung erlassen (VO 2271/96 vom 29.11.1996), die es EU-âPersonenâ (natĂŒrliche und juristische Personen, Art. 11) verbietet, solchen Sanktionen nachzukommen. In einer wegweisenden Entscheidung vom 21. Dezember 2021 (âBank Melli Iran gegen Telekom Deutschland GmbHâ)12) bestĂ€tigt der EuGH (GroĂe Kammer) zunĂ€chst â in Ăbereinstimmung mit den ErwĂ€gungsgrĂŒnden der Verordnung â, dass die extraterritoriale Wirkung der US-Sanktionen âdie Interessen der Union und ⊠der bezeichneten Personen [beeintrĂ€chtigt], indem sie das Völkerrecht verletzen und die Verwirklichung der Ziele der Union [Förderung des freien Handels] behindernâ (para. 37). Das Verbot (gemÀà Art. 5 VO 2271/96), solchen Sanktionen nachzukommen, gelte auch dann, âwenn seitens der Verwaltungs- oder Justizbehörden der DrittlĂ€nder, die diese Gesetze erlassen haben, keine Weisung zu deren Einhaltung vorliegt.â (para. 42-51). Ein EU-Unternehmen dĂŒrfe zwar VertrĂ€ge mit sanktionierten Personen â auch ohne Angabe von GrĂŒnden â kĂŒndigen, jedoch nicht alleine wegen der US-Sanktionen, sondern es mĂŒsse andere GrĂŒnde, z.B. wirtschaftlicher Art, vorbringen und nachweisen (para. 52-68).13) Der darin liegende Konflikt mit dem Grundrecht unternehmerischer Freiheit (Art. 16 EU-Grundrechtecharta) sei letztlich im Wege einer VerhĂ€ltnismĂ€ĂigkeitsprĂŒfung aufzulösen, im Rahmen derer die Verfolgung der o.g. Ziele der Union mit den wirtschaftlichen Interessen des betroffenen Unternehmens abzuwĂ€gen sei. Diese haben zurĂŒckzutreten, soweit die Unwirksamkeit einer KĂŒndigung eines Vertrags mit einer sanktionierten Person â als Konsequenz der von der EU geforderten Nichtbefolgung der extraterritorialen Sanktionierung â keine âunverhĂ€ltnismĂ€Ăigen Auswirkungenâ auf das betroffene Unternehmen habe (para. 69-95).14)
Eine solche Blocking-Verordnung wurde auch als Reaktion auf die US-Sanktionen gegen den Strafgerichtshof diskutiert (s. zum EuropĂ€ischen Parlament hier und hier). Als weitere EU-GegenmaĂnahme kĂ€me auch das 2023 erlassene Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang (VO (EU) 2023/2675) in Betracht. Es geht auf chinesische ZwangsmaĂnahmen gegen Litauen wegen dessen Taiwan-Politik im Jahre 2021 zurĂŒck (s. hier). Art. 2 Abs. 1 der Verordnung definiert wirtschaftlichen Zwang als âMaĂnahme eines Drittlandes âŠ, die den Handel oder Investitionen beeintrĂ€chtigt, um die Einstellung, Ănderung oder Annahme eines bestimmten Rechtsakts durch die Union oder einen Mitgliedstaat zu verhindern oder zu erwirken, und dadurch in die legitimen souverĂ€nen Entscheidungen der Union oder eines Mitgliedstaats eingreift.â PrimĂ€r geht es also um wirtschaftliche ZwangsmaĂnahmen (wie etwa die von der Trump-Regierung erhobenen Zölle), doch wenn man davon ausgeht, dass solche MaĂnahmen (wie die IStGH-Sanktionen) auch die souverĂ€ne AuĂenpolitik der EU beeintrĂ€chtigen (hier die vorbehaltslose UnterstĂŒtzung des IStGH),15) lieĂe sich die Aktivierung dieses Instruments durchaus begrĂŒnden. Andernfalls könnte die EU auch einen passgenaueren Rechtsakt erlassen.Â
Bisher hat sich die EU allerdings noch nicht zu einer solchen formalen Reaktion durchringen können â nicht nur wegen der oben deutlich gewordenen rechtlichen (und wirtschaftlichen) Problematik, sondern (wohl) auch, weil man fĂŒrchtet, dass die US-Regierung dann den Gerichtshof als Ganzes sanktionieren könnte. Einerseits ist diese BefĂŒrchtung, wie eingangs gesagt, durchaus berechtigt; und wenn sie eintrĂ€te, stĂŒnde die Existenz des Gerichtshofs auf dem Spiel. Andererseits aber können nur verbale Proteste und SolidaritĂ€tserklĂ€rungen16) die Wirkungen der Sanktionen praktisch nicht abmildern. Auch die â lobenswerten und wichtigen â BemĂŒhungen der IStGH-GeschĂ€ftsstelle (âRegistryâ), Resilienz, AnpassungsfĂ€higkeit und Nachhaltigkeit des IStGH zu stĂ€rken,17) u.a durch RĂŒckgriff auf nationale Umgehungsstrategien,18) sowie der innerstaatliche Dialog bestimmter Vertragsstaaten mit relevanten nationalen Unternehmen können die Wirkungen einer formalen EU-Reaktion (insbesondere mittels einer Blocking-Verordnung) nicht ersetzen.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die USA als das Land, das maĂgeblich fĂŒr den NĂŒrnberger Hauptkriegsverbrecherprozess verantwortlich war, nun gerade das Gericht, das es ohne NĂŒrnberg nicht geben wĂŒrde, zerstören wollen. Anders als in der Karibik tötet die Trump-Regierung mit den Sanktionen zwar nicht physisch, vernichtet aber die bĂŒrgerliche Existenz der betroffenen Vertreter des Strafgerichtshofs. Die Sanktionierung kommt dem zivilen Tod gleich, weil Sanktionierte nicht mehr am normalen GeschĂ€ftsleben teilnehmen können. UnabhĂ€ngige StaatsanwĂ€lte und Richter werden mit Terroristen, organisierten Kriminellen und korrupten Diktatoren gleichgestellt. Mit anderen Worten: Sie werden dafĂŒr bestraft, dass sie ihren Job machen â einen âJobâ, fĂŒr den sie gewĂ€hlt und ernannt wurden und aufgrund dessen sie einen besonderen Schutz genieĂen (Art. 48 Abs. 2 IStGH-Statut).19) Zugleich lassen sich die Sanktionen und die sie begleitenden Repressalien und Drohungen gegen Mitglieder des IStGH und das Gericht als Ganzes â ebenso wie die russische Strafverfolgung und Verurteilung (in Abwesenheit) von IStGH-FĂŒhrungspersonal â als Straftaten gegen die Rechtspflege i.S.v. Art. 70 Abs. 1 lit. d), e) IStGH-Statut qualifizieren (so auch die ASP-Resolution vom 5. Dezember 2025, para. 4; ebenso Hovell).
So erweist sich die US-Sanktionspolitik nicht nur als Angriff auf den IStGH, sondern als Angriff auf das Recht schlechthin. Dem muss man mehr entgegensetzen als bloĂ verbalen Protest. Den Worten mĂŒssen Taten folgen. Ein EU-Rechtsakt in Form einer Blocking-Verordnung oder ein passgenaueres Instrument (gegebenenfalls orientiert an der VO gegen wirtschaftlichen Zwang) könnte eine solche Tat sein (dafĂŒr auch Hovell [mit weiteren MaĂnahmen auch innerhalb der USA] und Iverson). Sie wĂŒrde nicht nur gerichtshoffreundlichen EU-Akteuren helfen, ihre vertraglichen Beziehungen mit dem IStGH aufrechtzuerhalten, sondern ĂŒber die EU und Europa hinaus ein starkes, nicht nur symbolisches Signal europĂ€ischer Entschlossenheit senden. Sie wĂŒrde einen ersten Schritt auf dem Weg zur â auch in diesem Bereich ĂŒberfĂ€lligen â Erlangung europĂ€ischer SouverĂ€nitĂ€t darstellen. Zugleich sollte sich der IStGH â gleichsam prĂ€ventiv mit Blick auf eine mögliche institutionelle Sanktionierung â von US-Unternehmen (z.B. von Microsoft Office) unabhĂ€ngig machen.
Eine knappe Audiofassung dieses Beitrags ist hier verfĂŒgbar: DLF, Politisches Feuilleton, 17.12.25.
References
| â1 | Zuvor (20.1.2025) hatte Trump PrĂ€sident Bidens Exekutivverordnung 14022 v. 1.4.2021, mit der die Sanktionen der ersten PrĂ€sidentschaft Trumps aufgehoben wurden (ânot an effective or appropriate strategy for addressing the United Statesâs concerns with the ICCâ), aufgehoben, womit allerdings noch nicht automatisch neue Sanktionen in Kraft getreten sind; dazu musste Trump erst einen neuen ânationalen Notstandâ erklĂ€ren und die neue VO 14203 erlassen; vgl. Bridgeman/Hamilton; fĂŒr einen Ăberblick der US-Position seit PrĂ€sident Clinton s. Galbraith. |
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| â2 | Solomy Balungi Bossa (Uganda), Luz del Carmen Ibåñez Carranza (Peru), Reine Adelaide Alapini Gansou (Benin) und Beti Hohler (Slowenien). |
| â3 | Nazhat Shameem Khan (Fidschi) und Mame Mandiaye Niang (Senegal). |
| â4 | Kimberly Prost (Kanada), Nicolas Guillou (Frankreich). |
| â5 | VO 14203 ermĂ€chtigt den AuĂenminister weitere âforeign person(s)â fĂŒr eine Sanktionierung zu bestimmen (section 1(a)(ii)(A)). |
| â6 | Der Gesetzentwurf wurde mit 243 zu 140 Stimmen vom US-ReprĂ€sentantenhaus am 9.1.2025 verabschiedet, scheiterte dann aber im Senat, weil die erforderliche Mehrheit zur Ăberwindung eines filibuster (60 von 100 Stimmen) nicht erreicht wurde (sog. âfailed clotureâ). Das Gesetzgebungsverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden, s. zusf. hier. |
| â7 | S. insoweit zum âbigger pictureâ der Trump-Sanktionen (Angriff auf Justiz und Rechtsstaat) Galbraith sowie das Interview mit Kim Scheppele. |
| â8 | Als âallyâ der USA gilt gemÀà sect. 8(e) VO 14203 â(i) a government of a member country of the North Atlantic Treaty Organization; or (ii) a government of a âmajor non-NATO ally,â as that term is defined by section 2013(7) of the American term is defined by section 2013(7) of the American Servicemembersâ Protection Act of 2002 (22 U.S.C. 7432(7) )â. Danach wird ein âmajor non-NATO allyâ vom US-PrĂ€sidenten â als zentraler Sicherheitspartner â bestimmt. |
| â9 | GemÀà sect. 8(d) VO 14203 gelten als âprotected personsâ (nicht mit dem humanitĂ€rvölkerrechtlichen Begriff zu verwechseln) â(i) any United States person ⊠including (A) current or former members of the Armed Forces of the United States; (B) current or former elected or appointed officials of the United States Government; and (C) any other person currently or formerly employed by or working on behalf of the United States Government; and (ii) any foreign person that is a citizen or lawful resident of an ally of the United States that has not consented to ICC jurisdiction over that person or is not a state party to the Rome Statute, including: (A) current or former members of the armed forces of such ally of the United States; (B) current or former elected or appointed government officials of such ally of the United States; and (C) any other person currently or formerly employed by or working on behalf of such a government;â |
| â10 | Section 1(a)(ii)(A) VO 14203 (â⊠having directly engaged in any effort by the ICC to investigate, arrest, detain, or prosecute a protected person without consent of that personâs country of nationality.â). |
| â11 | Insoweit hat Khan am 23.1.2025 auch Haftbefehle beantragt, die am 8.7.2025 durch Vorverfahrenskammer II erlassen wurden. |
| â12 | Die Entscheidung, ergangen auf Vorlage des OLG Hamburg, hatte die RechtmĂ€Ăigkeit der KĂŒndigung der TelekommunikationsvertrĂ€ge der Bank Melli durch die Telekom mit Blick auf die Blocking-VO zum Gegenstand. |
| â13 | S. genauer EuGH, Urteil 21.12.2021, para. 52-68, mit einer etwas kryptischen Schlussfolgerung hinsichtlich des KĂŒndigungsgrunds (para. 68): âWenn alle Beweismittel, ĂŒber die das nationale Gericht verfĂŒgt, auf den ersten Blick darauf hindeuten, dass eine von Art. 11 der Verordnung Nr. 2271/96 erfasste Person den gelisteten Gesetzen nachgekommen ist, ohne insoweit ĂŒber eine Genehmigung zu verfĂŒgen, verlangt Art. 5 Abs. 1 allerdings, dass es im Rahmen eines Zivilprozesses ĂŒber einen behaupteten VerstoĂ gegen die in dieser Bestimmung vorgesehenen Anforderungen ebendieser Person obliegt, rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass ihr Verhalten nicht darauf abzielte, diesen Gesetzen nachzukommen.â |
| â14 | Ebd., para. 95: â⊠dass die Verordnung Nr. 2271/96, insbesondere ihre Art. 5 und 9, im Licht von Art. 16 und Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen ist, dass sie der Feststellung der Unwirksamkeit einer KĂŒndigung von VertrĂ€gen nicht entgegensteht, die durch eine von Art. 11 der Verordnung erfasste Person zur Befolgung von Forderungen oder Verboten, die auf den gelisteten Gesetzen beruhen, erklĂ€rt wurde, obgleich sie nicht ĂŒber eine Genehmigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung verfĂŒgt, soweit die Feststellung der Unwirksamkeit fĂŒr diese Person keine in Anbetracht der Ziele der Verordnung, die bestehende Rechtsordnung und die Interessen der Union im Allgemeinen zu schĂŒtzen, unverhĂ€ltnismĂ€Ăigen Auswirkungen hat. Bei dieser VerhĂ€ltnismĂ€ĂigkeitsprĂŒfung ist die Verfolgung dieser Ziele, der mit der Feststellung der Unwirksamkeit einer gegen das in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2271/96 vorgesehene Verbot verstoĂenden VertragskĂŒndigung gedient wird, gegen die Wahrscheinlichkeit abzuwĂ€gen, dass die betroffene Person wirtschaftlichen Verlusten ausgesetzt wird, sowie gegen deren AusmaĂ fĂŒr den Fall, dass sie die GeschĂ€ftsverbindung mit einer Person nicht beenden darf, gegen die sich die SekundĂ€rsanktionen richten, die sich aus den gelisteten Gesetzen ergeben.â (Herv. K.A.). |
| â15 | S. dazu van Elsuwege und Ambos, DRiZ 2025, 202 (203) (anlĂ€sslich des ungarischen EU-Austritts). |
| â16 | S. zuletzt die ErklĂ€rung der IStGH-Vertragsstaatenversammlung [Assembly of States Parties, ASP] vom 3.12.2025, para. 3 und die Resolution âStrengthening the International Criminal Courtâ vom 5.12.2025, S. 3 u. para. 2 f.; aus zivilgesellschaftlicher Sicht s. hier. Krit. zum Schweigen Kanadas s. Kersten. |
| â17 | S. zuletzt die Rede des Registrar Osvaldo Zavala Giler auf der letzten ASP hier, S. 5 f. |
| â18 | Das verdient eine eigene Abhandlung, wobei es auch insoweit um die Erlangung finanzwirtschaftlicher und digitaler SouverĂ€nitĂ€t geht, z.B. durch parallele Zahlungssysteme wie das brasilianische PIX System (als Alternative zu PayPal und ApplePay, s hier). |
| â19 | S. auch die insoweit relevante UN-Konvention zum Schutz von Diplomaten und anderer gleichgestellter Personen von 1973; dazu auch Hovell. |
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Debates over the role of religion in contemporary European constitutional orders have increasingly shifted from the national to the European level, placing EU law and the jurisprudence of the Court of Justice under sharper scrutiny. While concrete expressions of the freedom of religion largely remain within the ambit of the variable regulatory frameworks of the Member States, the EU Charter, the Treaties, and secondary law â predominantly concerning the prohibition of discrimination in the workplace â are substantially influencing and curtailing their scope of discretion. Accordingly, EU jurisprudence collides with and shapes questions of religion, concurrently generating resentment and contestation both among progressive liberal narratives demanding stronger equality rights and among more traditionalist movements expecting greater room for national margins and the role of religion therein.
Nonetheless, the EU is far from absent in this picture and plays an important role as an external corrective or supervisory actor. In our view, despite imperfections in the CJEUâs case law, the external and differentiated role of the Court and of EU law can challenge claims of self-referential sufficiency. EU law provides a mirror and necessitates a dialogue in which these convictions are tested and, where necessary, redefined. The fact that religionâs role in societies is a sensitive field, closely intertwined with tradition and historical developments in the Member States, does not shield these matters from this dialogue, but rather reinforces the need for it.
The contributions to the symposium In Good Faith seek to situate the role of the CJEU and its jurisprudence within this context. They either welcome the Courtâs generally deferential approach to the role of religion in the Member States or warn that the CJEU plays with fire in assuming that a single Luxembourg-approach can simultaneously deliver justice across Europeâs highly diverse and non-homogeneous legal and social landscapes.
Beyond several general contributions on the changing role of the CJEU in matters of freedom of religion, this symposium analyses and elucidates some of the most recent and significant developments in this field. In particular, it examines, from highly diverse perspectives, Austriaâs latest prohibition on headscarves in schools for Muslim girls under the age of 14, scheduled to enter into force in September 2026. This legislation has been justified on the grounds that such a prohibition ostensibly promotes social integration and gender equality and prevents âfamilial or societal pressure [on Muslim girls] to wear certain clothing, which could have negative developmental and psychological effectsâ.
In addition, the symposium critically examines how the CJEUâs Egenberger judgment (C-414/16) decisively changed the relationship and oversight of the Member States and their religious communities. Specifically, it explores how the CJEUâs interpretation of the prohibition of discrimination in the workplace has prompted the German Federal Constitutional Court (FCC) to amend and progressively evolve its control and review of the constitutionally guaranteed right of churches to self-determination. Following the CJEUâs approach, the FCC changed its decades-long practice and determined that occupational requirements imposed by the Church on the employees must plausibly be linked to tasks and activities involved, thereby necessarily differentiating the categories of employment. In other words, a Church gardener does not necessarily need to belong to a particular religious denomination. Moreover, the courts must review these requirements to ensure they are proportional and thus subject to civil judicial scrutiny.
The FCCâs Egenberger decision of November 2025 shows how timely and relevant the questions of religious freedom in the EU are, particularly in light of the shared and constitutionally multilevel framework of several fundamental rights systems interacting in a complex equation.
Freedom of religion, one of the cornerstones of liberal constitutional democracies, cuts both ways. Conceived as a right of religious self-determination, it exerts a remarkable influence on liberal constitutional frameworks, successfully carving out space for its reservations. The Egenberger decision underscores the significant weight attached to the collective dimension of freedom of religion vis-Ă -vis the prohibition of discrimination. At the same time, freedom of religion is frequently curtailed under the pretext of neutrality, masking covert prejudice or paternalistic attempts to force individuals to be free. The recent Austrian example discussed above demonstrates this tension well.
Given the explicit neutrality carve-out under Article 17 TFEU, EU law finds itself between a rock and a hard place. While the Union protects against discrimination and directly legislates on equal treatment in employment, this inevitably challenges Member Statesâ prerogatives regarding the appropriate scope of freedom of religion, a particularly sensitive area.
The symposium In Good Faith revisits recent case law in an effort to reconcile the dual nature of religious freedom from an EU law perspective. It examines the reciprocal relationship between freedom of religion and other fundamental rights, exploring how the former may impose limitations on the latter and, conversely, how these rights can constrain freedom of religion.
Religious freedom, constitutionally protected in all EU Member States and enshrined in Article 10 of the EU Charter, remains deeply contested. The extent of this right and the relationship between state and religion differ across the Union. On the one hand, (formerly) dominant religions continue to enjoy privileges in many states â primarily based on their autonomy as religious communities, and often in tension with other rights. On the other hand, individual freedom of religion, in particular the wearing of religious symbols by Muslims, is readily restricted, selectively justified by appeals to neutrality, customer preference, or abstract notions of vivre ensemble. Conflicts around religious freedom are intensifying as right-wing and conservative movements increasingly invoke Europeâs Christian heritage, framing migration and Islam as perceived threats.
In its headscarf jurisprudence, the CJEU has adopted a restrained approach, granting Member States a wide margin of discretion. The CJEU interprets freedom of religion primarily in the context of equality, rather than as a liberty-right. As long as neutrality requirements apply to all employees, they are not deemed to disproportionately restrict religious freedom. This reasoning neglects the extent to which these restrictions interfere with the beliefs of the individual and disproportionately affect Muslim women.
With respect to religious employers, the CJEU has adopted stricter scrutiny, requiring national courts to assess whether occupational requirements are âgenuine, legitimate and justifiedâ, and ânecessary and objectively dictatedâ. This has narrowed the scope for denominational employers to discriminate, i.e. dismiss or hire persons, on grounds of belief. Nevertheless, religious communities continue to invoke their autonomy and right to self-determination to justify arguably discriminatory practices, as indicated by the latest Egenberger decision by the German FCC regarding church membership as a prerequisite for employment.
Like all fundamental rights, religious freedom must be carefully balanced against intersecting and competing rights and principles â equality, access to justice, state neutrality. Given the diverse understandings of religion across Member States, the CJEU has largely granted Member States discretion in religious matters while establishing only minimum standards. However, this judicial restraint rendered the Courtâs interpretation of religious freedom somewhat one-dimensional, overlooking its broader implications for equality, societal diversity, secularism, and the role of religion in secular democratic states. Such a narrow framework risks overlooking the complex interplay between religious rights and other fundamental principles of liberal democracies.
This symposium sheds light on the dual dynamics of religious freedom in Europe: both the restrictions imposed upon it and those justified in its name. It explores how religious freedom is invoked to undermine rights such as non-discrimination and reproductive autonomy, and how, conversely, individual religious freedom is curtailed by state or societal norms.
In cases concerning religion in the workplace, the CJEUâs generally assertive stance in anti-discrimination law aligns with its general deference to questions about religionâs role in society. Ronan McCrea analyses how the Court addresses this tension by setting wide but meaningful boundaries for Member States. Although this approach has been criticised in the past, McCrea explains why it constitutes a prudent and defensible choice in light of the existing legal framework and the evolving religious landscape in Europe.
By contrast, Andrea Pin argues that, in the name of anti-discrimination and neutrality, the CJEU risks undermining religious freedom in ways that are particularly detrimental to Muslim minorities â both by feeding into identity politics and by advancing a liberal narrative that frames restrictions as necessary to protect womenâs rights and non-discrimination. He is starkly critical of how the CJEU disregards the profound diversity of church-state relations and neglects the differing social positions occupied by religious communities across Member States. In his view, the CJEUâs approach is structurally ill-suited to the realities it seeks to address.
In its jurisprudence in the headscarf cases (Achbita, Bougnaoui, Wabe and MĂŒller, LF and OP), the CJEU has taken a largely deferential approach, emphasising neutrality as a legitimate aim, derived from the freedom to conduct a business for private entities and the principle of neutrality for public bodies. The CJEU thereby provided little protection for freedom of religion and overlooked broader implications for equality and societal diversity.
Accordingly, Erika Howard argues that the CJEU struck the wrong balance in the headscarf cases. The Court overemphasised neutrality while neglecting the implications of a de facto headscarf ban for individuals and society. Moreover, she criticises the Courtâs failure to engage with indirect discrimination based on grounds of sex or race (Article 21 of the EU Charter) or with the possibility of intersectional discrimination.
This narrow approach to indirect discrimination is also highlighted by Kristen Henrard. Her piece analyses how the Courtâs approach differs in its scrutiny. In cases of religious slaughter and headscarves at work, the Court has been largely deferential and arguably hides behind a broad margin of appreciation.
Prohibitions on wearing religious symbols affect minorities in particular. Maria Francesca Cavalcanti shows how the constitutional architecture of religious freedom and non-discrimination proves insufficient to capture the specific vulnerabilities and identity-based claims of minority communities. In her view, protecting minorities demands more than balancing rights. It requires recognising the specific forms of vulnerability produced by their social and constitutional position.
Concerning the recently renewed prohibition of headscarves for Muslim pupils, proponents describe it as a âclear commitment to gender equalityâ and a step toward âempowering girlsâ. In 2020, however, the Austrian Constitutional Court had already declared a similar headscarve ban in schools unconstitutional. Peter BuĂjĂ€ger analyses how the new prohibition attempts to comply with the standards set by the Constitutional Court. Although the legislator has been largely successful in this regard, two crucial aspects seem to have been overlooked: the resulting stigmatisation and the underlying patriarchal structures. By contrast, Michael Lysander Fremuth supports this prohibition. Given the increasing number of reports from teachers and sociologists that girls lack autonomy and de facto freedom to determine their own identity, and considering the need to combat radicalisation and promote integration, he argues that these societal changes may prompt the Court to reassess and adapt its jurisprudence accordingly.
In addition, Paulus Blokker highlights the European struggle over the sacred and the profane. While not an entirely new phenomenon, the intensity seems to be increasing considerably. In his view, increasingly well-organised radical-conservative actors actively use liberal-democratic instruments to advance their claims in domestic and European political and legal arenas, a strategy amplified by an increasingly hostile international environment.
The symposium concludes with an analysis of the Egenberger decision by the German Federal Constitutional Court (FCC), a decision that was eagerly awaited. While the FCC avoided a looming conflict with the CJEU and affirmed a shared conception of fundamental rights, the decision offers numerous points for debate.
Lucy Vickers assesses the proportionality review employed in balancing the right to self-determination with individualsâ right to equality and non-discrimination. The fact that two courts could consider the same facts and reach opposite conclusions without either seeming to have misapplied the law shows how flexible the proportionality review can be. In her view, this flexibility is a great strength, allowing decisions of nuance and fact sensitivity, but also a significant weakness, demonstrating the fragility of the protection against discrimination on grounds of religion and belief in EU law.
Furthermore, Matthias Mahlmann analyses the decision and explains how the FCC changed its praxis, from now on requiring that occupational requirements imposed by the churches must have a direct link with the tasks in question. He argues that the FCC not only strengthens equality and non-discrimination but also reinforces the protection of religious freedom itself. In this light, the decision constitutes a substantial, constitutionally well-justified, fundamental-rights-friendly, and welcome shift.
In addition, Matthias Wendel and Sarah Geiger show that the Egenberger decision is not only about church labour law but also touches on fundamental issues in the interplay between national and European constitutional law in a multilevel system. While the FCC prevented unnecessary conflict with the CJEU through a balanced, conciliatory, and nuanced approach, they contend that the decision ends on an unwelcome note. By reasserting the possibility of national constitutional review of EU law with respect to individual fundamental rights under the Solange-doctrine, the FCC once again claims the authority to potentially disregard the primacy of EU law.
With numerous cases currently pending before the courts and a wide range of scholarly perspectives on the role of the CJEU in relation to freedom of religion and its associated rights, the issue remains more pertinent than ever. It appears that the questions addressed in this symposium are far from settled, and debates over the appropriate balance among these conflicting fundamental rights are likely to continue in the foreseeable future.
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Die Diskussion um ein mögliches AfD-Verbot ist und bleibt virulent. So wies etwa BundesprĂ€sident Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede zum 9. November ausdrĂŒcklich auf die Möglichkeit des Parteiverbots hin und adressierte dabei die AfD, ohne sie namentlich zu erwĂ€hnen. Steinmeiers Rede wurde umgehend kommentiert: Die AfD spricht von âAmtsmissbrauchâ, Wolfgang Kubicki von einem âschwerwiegenden Fehlerâ. Andere â so der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter oder der thĂŒringische Innenminister Georg Maier â sehen in den ĂuĂerungen Steinmeiers einen wichtigen Beitrag in der Debatte zum Umgang mit der AfD. Wieder einmal zeigt sich, dass in der Diskussion kaum Platz fĂŒr Zwischentöne ist. In der Tat stehen sich die Positionen weitgehend unversöhnlich gegenĂŒber. Keine der beiden Seiten ist ernsthaft in der Lage, ZugestĂ€ndnisse an die andere zu machen, und so gehen Versuche der Differenzierung angesichts beinahe tĂ€glicher EinwĂŒrfe von der politischen Seitenlinie regelmĂ€Ăig unter.
Ob ein Verbotsantrag der richtige Weg im Umgang mit der AfD ist, verkommt mehr und mehr zu einer Debatte von GlaubenssĂ€tzen. WĂ€hrend eine Seite in der Verfassung selbst mit ihrer âwehrhaften Demokratieâ ein wesentliches Argument fĂŒr ein solches Verfahren sieht, hĂ€lt die andere Seite die strengen Anforderungen an ein Parteiverbot fĂŒr ein grundsĂ€tzliches Argument gegen das Verfahren. Dabei enthĂ€lt das Grundgesetz selbst keine eindeutige Antwort auf die Frage nach den Risiken und Nebenwirkungen eines Verbotsverfahrens, sondern klĂ€rt lediglich dessen Voraussetzungen. Bei aller rechtswissenschaftlichen Exegese bleibt so unterbelichtet, dass das Grundgesetz mit der Möglichkeit zum Ausschluss einer Partei von der staatlichen Finanzierung in Art. 21 Abs. 3 GG selbst einen Zwischenton zwischen âweiter soâ und Verbot setzt. Dieser Regelung widmet sich der folgende Beitrag und zeigt dabei auf, dass diese auch gegen eine Partei wie die AfD zur Anwendung kommen könnte1).
Damit Art. 21 Abs. 3 GG auf eine groĂe Partei wie die AfD anwendbar ist, muss die Regelung zunĂ€chst verfassungsmĂ€Ăig sein. Um dies zu begrĂŒnden, wird hĂ€ufig ein Erst-Recht-Schluss herangezogen. Wenn schon das Verbot verfassungsgemÀà ist, so mĂŒsse dies fĂŒr den bloĂen Ausschluss von der Finanzierung ebenso gelten, schlieĂlich sind die Voraussetzungen weitgehend gleich streng. Insofern wĂŒrde sich der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung nahtlos in die Systematik der wehrhaften Demokratie des Grundgesetzes einfĂŒgen, die das BVerfG bereits in der KPD-Entscheidung als âSynthese zwischen dem Prinzip der Toleranz [âŠ] und dem Bekenntnis zu gewissen, unantastbaren Grundwertenâ (Rn. 258) beschrieb. Wenngleich dieser Ausgangspunkt ausklammert, dass eine Partei, der die Finanzierung entzogen wurde, als âillegitime Kraftâ am politischen Wettbewerb teilnehmen und so ein neues PhĂ€nomen darstellen wĂŒrde, ist er doch im Ergebnis richtig. Gemessen an Art. 79 Abs. 3 GG ist Art. 21 Abs. 3 GG kein verfassungswidriges Verfassungsrecht. Weder die Schranke des Demokratieprinzips noch die der MenschenwĂŒrde in ihrer demokratisch-teilhaberechtlichen AusprĂ€gung werden in ihren Kernelementen durch den Ausschluss von der staatlichen Finanzierung berĂŒhrt. Wie auch das Parteiverbot fordert der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung nĂ€mlich eine Beeinflussung oder BeeintrĂ€chtigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Deren Schutz erstreckt sich jedoch im Rahmen von Art. 21 Abs. 2 und 3 GG auf wenige unverzichtbare Grundprinzipien. Auch der Ausschluss von der staatlichen Finanzierung kommt demnach erst in Betracht, wenn âdasjenige infrage gestellt und abgelehnt wird, was zur GewĂ€hrleistung eines freiheitlichen und demokratischen Zusammenlebens schlechthin unverzichtbar ist und daher auĂerhalb jedes Streits stehen mussâ.
Damit ist aber noch nicht geklĂ€rt, ob die Regelung tatsĂ€chlich auch auf groĂe Parteien anwendbar ist. Um dieser Frage nachzugehen, muss das VerhĂ€ltnis zum Parteiverbot nach Art. 21 Abs. 2 GG in den Blick genommen werden. Der Gesetzgeber schuf die Norm als Reaktion auf die zweite NPD-Entscheidung des BVerfG, da die NPD nach Ansicht des BVerfG mangels politischer Bedeutung nicht verboten werden konnte. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal zwischen Parteiverbot und Finanzierungsentzug ist demnach das vom BVerfG in Art. 21 Abs. 2 GG hineingelesene Kriterium der PotenzialitĂ€t. Eine Partei kann demnach nur verboten werden, wenn neben einer Programmatik, die die bestehende freiheitliche Ordnung beseitigen will, auch die Möglichkeit besteht, dass dieses Ziel erreicht wird. Die NPD wurde damals also von ihrer vollkommenen Bedeutungslosigkeit âgerettetâ. Das könnte als Indiz dafĂŒr gesehen werden, dass der Finanzierungsentzug nur eine âLex NPDâ ist und sich ihr Anwendungsbereich in Kleinstparteien erschöpft, die mangels PotenzialitĂ€t nicht verboten werden können. Dem Wortlaut der Regelungen lĂ€sst sich ein solches RangverhĂ€ltnis allerdings nicht entnehmen. WĂ€hrend das Verbot voraussetzt, dass die Partei auf die verfassungswidrige Zielsetzung âausgehenâ muss, verlangt der Finanzierungsentzug lediglich, dass die Partei darauf âausgerichtetâ ist. Damit beschrĂ€nkt sich Art. 21 Abs. 3 GG keineswegs ausdrĂŒcklich auf âkleineâ Parteien. Auch dem einfachen Recht ist nicht zu entnehmen, dass vorrangig ein Verbotsverfahren eingeleitet werden muss. § 43 Abs. 1 S. 2 BVerfGG stellt lediglich klar, dass der Antrag auf Ausschluss von der staatlichen Finanzierung hilfsweise zu einem Verbotsantrag gestellt werden kann. Nur weil die Vorschrift im Zuge des gescheiterten NPD-Verbots geschaffen wurde, ist ihr Anwendungsbereich somit nicht auf Parteien beschrĂ€nkt, deren Struktur der NPD Ă€hnelt.
Aus dem VerhÀltnis von Parteiverbot und Finanzierungsentzug kann demnach keine BeschrÀnkung des Anwendungsbereichs von Art. 21 Abs. 3 GG abgeleitet werden. Eine solche könnte allerdings aus einer anderen, in der Literatur durchaus verbreiteten ErwÀgung abgeleitet werden. Wenn die antragsberechtigten Organe verfassungsrechtlich unter bestimmten Bedingungen verpflichtet sind, einen Verbotsantrag zu stellen, wÀre es ihnen im Umkehrschluss mindestens in dieser Konstellation verwehrt, gegen dieselbe Partei einen Antrag zu stellen, der sich allein auf den Finanzierungsentzug richtet.
Ob die zur Antragstellung berechtigten Organe unter gewissen UmstĂ€nden verpflichtet sind, einen Verbotsantrag zu stellen, wird seit Jahrzehnten intensiv diskutiert. Das erstaunt vor dem Hintergrund, dass das BVerfG bereits im Verfahren zum KPD-Verbot im Jahr 1956 ausfĂŒhrte, dass ein âpolitisches Ermessenâ bestehe, auch wenn die Antragsteller die Partei fĂŒr verfassungswidrig halten. Dennoch finden sich â wenn auch mit divergierenden BegrĂŒndungen â seit jeher Stimmen, die sich fĂŒr eine Antragspflicht aussprechen.
In den Nachwehen des KPD-Verbots und unter dem Eindruck der auĂerparlamentarischen Bewegungen der 1960er und 1970er Jahre machte sich etwa der zu dieser Zeit im Innenministerium tĂ€tige Verwaltungsjurist Karl-Heinz Seifert fĂŒr eine Antragspflicht stark. Seifert, der bereits im Nationalsozialismus als Beamter Karriere machte, sah insbesondere die Bundesregierung aufgrund des LegalitĂ€tsprinzips sowie der Regelungstechnik von Art. 21 Abs. 2 GG (âsind verfassungswidrigâ) zur Antragstellung verpflichtet, andernfalls âdrohe die streitbare Demokratie zur bloĂen Phrase und SelbsttĂ€uschung zu verkommenâ. Auch in der aktuellen Debatte wird auf die Regelungstechnik von Art. 21 Abs. 2 GG hingewiesen, um einen schrumpfenden Ermessensspielraum bei der Antragstellung zu begrĂŒnden. Und in der Tat: Wer der Auffassung folgt, dass Parteien bereits vor der Feststellung durch das BVerfG aufgrund des Wortlauts der Normen materiell-rechtlich verfassungswidrig âsindâ, der kann daraus Konsequenzen fĂŒr das EntschlieĂungsermessen der Antragsteller ziehen. Daneben wird in der wissenschaftlichen Debatte hĂ€ufig darauf verwiesen, dass es in einem Rechtsstaat kein freies Ermessen geben könne und auch die Historie der Vorschrift als Antwort auf die vermeintliche SchwĂ€che der Weimarer Verfassung fĂŒr eine Antragspflicht spreche.
Gegen diese Argumente sprechen allerdings erhebliche EinwĂ€nde. So sind jene BegrĂŒndungen fĂŒr eine Antragsverpflichtung, die aus der Historie und dem Zweck des Art. 21 Abs. 2 GG abgeleitet werden, einseitig darauf bezogen, ein Parteiverbot zu ermöglichen. Dass das Parteiverbot durch das verfassungsgerichtliche Monopol auch beschrĂ€nkt wird, wird kaum gewĂŒrdigt. Bis das BVerfG ĂŒber das Verbot entschieden hat, bewegen sich alle Parteien im Rahmen der durch das Grundgesetz garantierten politischen Freiheit. Das Verbotsverfahren ist daher eben keine SanktionsmaĂnahme fĂŒr vorangegangenes politisches Fehlverhalten, sondern wirkt zukunftsorientiert. Aus dem Umstand, dass politische Freiheit bis zur Entscheidung durch das BVerfG nicht staatlich sanktioniert werden darf, folgt der Charakter des Parteiverbots und der wehrhaften Demokratie als solcher. Dieser liegt mit Helmut Ridder nicht in der Abwehr von an sich verfassungswidrigem Verhalten, sondern in der Befugnis zur UnterdrĂŒckung von Strömungen, die die Abschaffung der âfreiheitlich demokratischen Grundordnungâ zum Ziel haben. Das Grundgesetz beinhaltet insofern keinen Automatismus, sondern erlaubt es den verantwortlichen Organen Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat ausnahmsweise und unter Monopolisierung der Entscheidung beim BVerfG gegen Gegner der freiheitlichen Ordnung vorzugehen.
Können sich die politisch verantwortlichen Organe, obwohl sie von der Verfassungswidrigkeit einer Partei ĂŒberzeugt sind, nicht zur Antragsstellung durchringen, so ist diese WidersprĂŒchlichkeit gerade eine Konsequenz aus der konkreten Gestaltung der Wehrhaftigkeit des Grundgesetzes. Sie ermöglicht Parteiverbote, ohne sie zu verlangen, eben weil der schmale Grat zwischen Freiheitsschutz und FreiheitsbeschrĂ€nkung politischer Verantwortung bedarf. Das bedeutet wiederum aber ebenso wenig, dass die antragsberechtigten Organe das Parteiverbot einfach rechts liegen lassen dĂŒrfen. Gerade weil das Grundgesetz die Möglichkeit ausdrĂŒcklich vorsieht, lĂ€sst sich aus Art. 21 GG ein Befassungsauftrag ableiten, sich ernsthaft mit der Option eines Verbots auseinanderzusetzen. Am Ende dieser Auseinandersetzung kann dann aber auch das Ergebnis stehen, dass trotz hoher Erfolgsaussichten ein Antrag nicht gestellt wird, weil die potenziellen Antragsteller zu der Ăberzeugung kommen, dem Schutz der freiheitlichen Ordnung ohne Verbot besser dienen zu können.
FĂŒr den Anwendungsbereich von Art. 21 Abs. 2 und 3 GG ergeben sich, je nach vertretenem Standpunkt, unterschiedliche Konsequenzen. Soweit eine Antragspflicht angenommen wird und deren Bedingungen erfĂŒllt sind, kommt dagegen nur noch ein Parteiverbotsverfahren in Betracht, sofern die Partei das Kriterium der PotenzialitĂ€t mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfĂŒllt. Wenn, wie hier, lediglich von einem Befassungsauftrag ausgegangen wird, sind die Antragsteller hinsichtlich der Wahl des Mittels â Verbot oder Finanzierungsentzug â nicht gebunden. Dieses Ergebnis lĂ€sst sich auch durch eine systematische Ăberlegung absichern. MaĂnahmen nach Art. 21 Abs. 2 und Abs. 3 GG verlangen nĂ€mlich, dass es sich bei der fraglichen Organisation ĂŒberhaupt um eine Partei handelt. Die Rechtsprechung verlangt jedoch: Je lĂ€nger eine Partei existiert, desto eher muss sie auch tatsĂ€chlich in der Lage sein, an der politischen Willensbildung teilzuhaben. Organisationen, die dieses Kriterium nicht erfĂŒllen, fallen nicht unter Art. 21 Abs. 2 und Abs. 3 GG. WĂ€re Art. 21 Abs. 3 GG auf Parteien begrenzt, die das PotenzialitĂ€tserfordernis nicht erfĂŒllen, könnte die Norm nur auf Organisationen angewendet werden, die zwar groĂ genug sind, um Einfluss auf die Willensbildung zu nehmen, deren Einfluss aber nicht ausreicht, um ihre Ziele tatsĂ€chlich durchzusetzen. FĂŒr den Finanzierungsentzug verbliebe somit allein dort ein Anwendungsbereich, wo eine Partei bereits staatlich finanziert wird (gem. § 18 Abs. 4 S. 1 PartG ĂŒber 0,5 bzw. 1,0 %), aber noch nicht das Potenzial aufweist, ihre verfassungsfeindlichen Ziele auch zu erreichen. FĂŒr Parteien, die nicht an der staatlichen Finanzierung teilnehmen, wĂŒrde der Finanzierungsausschluss zwar immerhin noch Steuerprivilegien beenden. Dennoch fiele der durch die Norm selbst genannte Anwendungsbereich â nĂ€mlich der Entzug der Finanzierung â weitgehend aus, da die PotenzialitĂ€t bereits bei geringen Wahlerfolgen anzunehmen ist.
Art. 21 Abs. 3 GG gibt den Antragstellern damit ein Mittel an die Hand, in einem rechtsstaatlichen Verfahren und unter hohen Voraussetzungen durch das BVerfG feststellen zu lassen, dass eine Partei verfassungswidrige Ziele verfolgt, ohne diese vollstĂ€ndig von der politischen Willensbildung auszuschlieĂen. Diese Möglichkeit besteht auch fĂŒr groĂe Parteien. Das Grundgesetz zeigt im Umgang mit potenziellen Feinden der Freiheit Wege auf, ohne sie vorzuzeichnen. Dabei rĂŒckt bei einem Antrag auf Entzug der Finanzierung die Signalwirkung in den Vordergrund. Statt auf die exekutive Durchsetzung eines möglichen Verbots zu vertrauen, verlieĂen sich die Antragsteller ĂŒberwiegend auf die Wirkung, die von der Entscheidung des BVerfG ausgehen wĂŒrde. Angesichts der Rolle des Gerichts im demokratischen System muss dies keinesfalls ein Nachteil sein.
Damit ist Art. 21 Abs. 3 GG kein Verbot âlightâ. Das Grundgesetz kennt aber seit der EinfĂŒhrung des Absatzes neben legalen und illegalen Parteien eine dritte Kategorie: die âverfassungsfeindlicheâ, aber wĂ€hlbare Partei. Damit schafft die Regelung eine neue FlexibilitĂ€t, die gleichwohl keinen âgoldenen Wegâ aus dem Dilemma bietet, das Parteiverbot und wehrhafte Demokratie schaffen. Es bleibt dabei, dass die politisch Verantwortlichen entscheiden mĂŒssen, welchen Weg sie beim Umgang mit potenziell verfassungsfeindlichen Parteien wĂ€hlen. Die Verfassung selbst erzwingt dabei nichts, die Diskussion darum wird sich fortsetzen.
References
| â1 | Bei dem Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung der wichtigsten Thesen aus Maurer/Spahr, MIP 2025, S. 284f. |
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Stellen Sie sich einmal vor, dass ein westlicher Regierungschef den Generalstaatsanwalt und Richter:innen des obersten Gerichts sanktioniert, weil sie Strafverfahren gegen seine Parteifreunde betrieben haben. Er lĂ€sst ihr Vermögen beschlagnahmen, Bankkonten einfrieren, die Bewegungsfreiheit einschrĂ€nken. Er verbietet den nationalen Unternehmen jegliche GeschĂ€ftsbeziehung mit den sanktionierten Personen, einschlieĂlich der Familienangehörigen. Ein fundamentaler Angriff auf die Gewaltenteilung und die Arbeit der Justiz? Ja! Unvorstellbar? Leider nein!
Denn genau dies hat die Trump-Regierung inzwischen mit der FĂŒhrungsebene der Anklagebehörde und sechs Richtern des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) getan. Die Sanktionierung erfolgte per prĂ€sidialer Exekutivverordnung 14203 (âVOâ) am 6. Februar 2025.1) Sie war zunĂ€chst auf den â inzwischen aus anderen GrĂŒnden suspendierten â ChefanklĂ€ger Karim Khan beschrĂ€nkt, wurde dann aber am 5. Juni 2025 von AuĂenminister Marco Rubio auf vier Richter2) und am 20. August 2025 auf die zwei stellvertretenden AnklĂ€ger3) sowie zwei weitere Richter4) erweitert.5) Weitergehend droht die institutionelle Sanktionierung des IStGH, die zwar auf legislativer Ebene (âIllegitimate Court Counteraction Actâ) Anfang des Jahres im US-Senat gescheitert ist,6) aber jederzeit wieder vom Kongress aufgenommen oder per erneuter Exekutivverordnung angeordnet werden kann. Auch der IStGH braucht also eine Art âJustiz-Projektâ gegen die rechtspopulistische Gefahr,7) allerdings auf supranationaler Ebene.
Die Sanktionierung wird damit begrĂŒndet, dass der IStGH durch die genannten Personen âohne legitime Grundlageâ (âwithout a legitimate basisâ) Ermittlungen gegen US-Personal und seine VerbĂŒndeten (âcertain of its alliesâ)8)â sog. âgeschĂŒtzte Personenâ (âprotected personsâ)9) â eingeleitet habe und dieses âbösartige Verhaltenâ (âmalign conductâ) dieser âbankrotten Institutionâ (âbankrupt institutionâ) die SouverĂ€nitĂ€t der USA verletze und ihre nationale Sicherheit untergrabe. Konkret wird den sanktionierten Personen vorgeworfen, âsich direkt an BemĂŒhungen des IStGH beteiligt zu haben, eine geschĂŒtzte Person ohne Zustimmung des Heimatlandes dieser Person zu untersuchen, zu verhaften, festzuhalten oder strafrechtlich zu verfolgen.â10) Allerdings werden neben Israel keine US-VerbĂŒndeten genannt und tatsĂ€chlich lief zum Zeitpunkt des Verordnungserlasses nur noch das Verfahren in der âSituation in the State of Palestineâ, das am 21. November 2024 zur Anordnung von (unveröffentlichten) Haftbefehlen gegen den israelischen Premierminister Netanjahu und den damaligen Verteidigungsminister Gallant (sowie gegen drei â inzwischen getötete â HamasfĂŒhrer) gefĂŒhrt hat.
DemgegenĂŒber hat der damalige ChefanklĂ€ger die Ermittlungen im Afghanistan-Verfahren schon am 27. September 2021 auf die Taliban beschrĂ€nkt11) und bezĂŒglich US-Staatsangehöriger effektiv eingestellt (âdepriorizedâ). Derzeit laufen also ĂŒberhaupt keine Ermittlungen gegen US-Staatsangehörige. Die Sanktionierung der genannten Personen lĂ€sst sich damit tatsĂ€chlich nur â abgesehen von einer ideologischen Feindschaft der Trump-Regierung gegen den IStGH als ReprĂ€sentanten völker(straf)rechtlicher Verantwortlichkeit â mit den Israel/PalĂ€stina Ermittlungen begrĂŒnden. Das belegt auch die (zusĂ€tzliche) Sanktionierung der PalĂ€stina-UN-Sonderberichterstatterin Albanese durch AuĂenminister Rubio am 9. Juli 2025.
An den Israel/PalĂ€stina-Ermittlungen waren allerdings bisher nur AnklĂ€ger Khan (und seine zwei Stellvertreter seit seiner Suspendierung) sowie die Richter Alapini Gansou, Guillou und Hohler (als Mitglieder der Vorverfahrenskammer, die die o.g. Haftbefehle erlassen hat) beteiligt. Die anderen sanktionierten Richter (Balungi Bossa, Ibåñez Carranza und Prost) haben als Teil der Rechtsmittelkammer â neben den inzwischen ausgeschiedenen (und nicht sanktionierten) Richtern HofmĂĄnski und Morrison â am 5. MĂ€rz 2020 die Afghanistan-Ermittlungen autorisiert. Damit wird die Strategie der Sanktionspolitik der US-Regierung klar: Es sollten nur die noch aktiven Richter und diejenigen sanktioniert werden, die als Teil der Rechtsmittelkammer die Afghanistan-Ermittlungen in ihrem ursprĂŒnglichen Umfang (neben Taliban u.a. auch US-Staatsangehörige betreffend) autorisiert haben, nicht aber alle am Afghanistan-Verfahren beteiligten Richter (so etwa nicht der italienische Richter Aitala, der maĂgeblich an der ablehnenden Eröffnungsentscheidung der Vorverfahrenskammer II vom 12. April 2019 beteiligt war).
Es geht der US-Regierung also ausschlieĂlich um den Schutz eigener und befreundeter (israelischer) Staatsangehöriger, nicht um die Verfahren oder die TatvorwĂŒrfe an sich. Solange diese sich gegen Gegner und Feinde der USA (Taliban) oder Israels (Hamas) richten, hat die US-Regierung kein Problem mit dem angeblichen âoverreachâ des IStGH. Wenn aber gegen die USA oder deren Freunde das Recht durchgesetzt werden soll, wird der Gerichtshof selbst zum Feind. Diese Doppelstandards sind nicht neu, sie lassen sich aktuell auch im sogenannten Drogenkrieg beobachten: WĂ€hrend die Trump-Regierung angebliche âNarco-Terroristenâ in der Karibik auĂergerichtlich hinrichtet (zur evidenten Völkerrechtswidrigkeit s. umfassend hier, hier und auch hier), begnadigt sie gleichzeitig den ehemaligen PrĂ€sidenten von Honduras, Juan Orlando HernĂĄndez, der zuvor in den USA in einem rechtsstaatlichen Verfahren zu 45 Jahren Freiheitsstrafe u.a. wegen Drogenhandels verurteilt wurde.
Eine sanktionierte Person und ihre Familienangehörigen dĂŒrfen nicht in die USA reisen. Ihr gesamtes Vermögen und alle Vermögensanteile, die sich in den USA befinden oder im Besitz oder unter der Kontrolle von US-Personen stehen, sind gesperrt und mĂŒssen dem Office of Foreign Assets Control (OFAC) des US-Finanzministeriums gemeldet werden. DarĂŒber hinaus sind alle (natĂŒrlichen oder juristischen) Personen gesperrt, die direkt oder indirekt, einzeln oder insgesamt zu 50 Prozent oder mehr im Besitz einer oder mehrerer gesperrter Personen sind. SĂ€mtliche Transaktionen von US-Personen oder innerhalb (oder im Transit) der USA, die Vermögen oder Vermögensanteile von benannten oder anderweitig gesperrten Personen betreffen, sind verboten, sofern keine allgemeine oder spezifische Genehmigung des OFAC vorliegt oder eine Ausnahmegenehmigung erteilt wurde. Dieses Verbot umfasst die Leistung oder Bereitstellung von Geldern, Waren oder Dienstleistungen durch, an oder zugunsten einer sanktionierten Person sowie den Empfang von Geldern, Waren oder Dienstleistungen von einer solchen Person (s. auch Galbraith und Hovell).
Das sind aber nur die primĂ€ren Wirkungen, auch primĂ€re Sanktionen genannt. Gravierender noch können die sekundĂ€ren Sanktionen sein. Sie gehen ĂŒber das US-Staatsgebiet und US-Staatsangehörige und Unternehmen hinaus, wirken also extraterritorial und weltweit. Mitunter sind sie auch eine Folge von vorauseilender ĂbererfĂŒllung (âovercomplianceâ), was zugleich den chilling effect der PrimĂ€rsanktionen zeigt. Beispielhaft: Eine europĂ€ische Bank mit Sitz in der EU, die eigentlich nicht direkt von den Sanktionen betroffen ist, kĂŒndigt das Konto eines Sanktionierten, weil sie negative Effekte fĂŒr ihr US-GeschĂ€ft befĂŒrchtet. Zu den konkreten Wirkungen haben sich zwei der sechs betroffenen Richter öffentlich geĂ€uĂert, zum einen der französische Richter Guillou (hier) und zum anderen die kanadische Richterin Prost (hier und hier): Ăber das Einreiseverbot in die USA hinaus von einem auf den anderen Tag keine Waren, Dienstleistungen oder Geldmittel mehr von US-Unternehmen (z.B. Amazon, Airbnb, PayPal, Visa, Master Card) und zugleich indirekte (sekundĂ€re) Wirkungen auch auf GeschĂ€fte mit europĂ€ischen Unternehmen, z.B. der heimischen Bank oder einem Reiseunternehmen. Ăhnliches wird von UN-Sonderberichterstatterin Albanese im Rahmen einer Anhörung im italienischen Senat berichtet; zugleich bedauerte der Manager ihrer italienischen âBanca Eticaâ (!), dass er ihr Konto kĂŒndigen mĂŒsse, und bat die Politik um GegenmaĂnahmen.
Um solche (extraterritorialen) Wirkungen zu vermeiden, hat die EU frĂŒher â im Zusammenhang mit US-Sanktionen gegen Kuba und den Iran â eine sog. Blocking-Verordnung erlassen (VO 2271/96 vom 29.11.1996), die es EU-âPersonenâ (natĂŒrliche und juristische Personen, Art. 11) verbietet, solchen Sanktionen nachzukommen. In einer wegweisenden Entscheidung vom 21. Dezember 2021 (âBank Melli Iran gegen Telekom Deutschland GmbHâ)12) bestĂ€tigt der EuGH (GroĂe Kammer) zunĂ€chst â in Ăbereinstimmung mit den ErwĂ€gungsgrĂŒnden der Verordnung â, dass die extraterritoriale Wirkung der US-Sanktionen âdie Interessen der Union und ⊠der bezeichneten Personen [beeintrĂ€chtigt], indem sie das Völkerrecht verletzen und die Verwirklichung der Ziele der Union [Förderung des freien Handels] behindernâ (para. 37). Das Verbot (gemÀà Art. 5 VO 2271/96), solchen Sanktionen nachzukommen, gelte auch dann, âwenn seitens der Verwaltungs- oder Justizbehörden der DrittlĂ€nder, die diese Gesetze erlassen haben, keine Weisung zu deren Einhaltung vorliegt.â (para. 42-51). Ein EU-Unternehmen dĂŒrfe zwar VertrĂ€ge mit sanktionierten Personen â auch ohne Angabe von GrĂŒnden â kĂŒndigen, jedoch nicht alleine wegen der US-Sanktionen, sondern es mĂŒsse andere GrĂŒnde, z.B. wirtschaftlicher Art, vorbringen und nachweisen (para. 52-68).13) Der darin liegende Konflikt mit dem Grundrecht unternehmerischer Freiheit (Art. 16 EU-Grundrechtecharta) sei letztlich im Wege einer VerhĂ€ltnismĂ€ĂigkeitsprĂŒfung aufzulösen, im Rahmen derer die Verfolgung der o.g. Ziele der Union mit den wirtschaftlichen Interessen des betroffenen Unternehmens abzuwĂ€gen sei. Diese haben zurĂŒckzutreten, soweit die Unwirksamkeit einer KĂŒndigung eines Vertrags mit einer sanktionierten Person â als Konsequenz der von der EU geforderten Nichtbefolgung der extraterritorialen Sanktionierung â keine âunverhĂ€ltnismĂ€Ăigen Auswirkungenâ auf das betroffene Unternehmen habe (para. 69-95).14)
Eine solche Blocking-Verordnung wurde auch als Reaktion auf die US-Sanktionen gegen den Strafgerichtshof diskutiert (s. zum EuropĂ€ischen Parlament hier und hier). Als weitere EU-GegenmaĂnahme kĂ€me auch das 2023 erlassene Instrument gegen wirtschaftlichen Zwang (VO (EU) 2023/2675) in Betracht. Es geht auf chinesische ZwangsmaĂnahmen gegen Litauen wegen dessen Taiwan-Politik im Jahre 2021 zurĂŒck (s. hier). Art. 2 Abs. 1 der Verordnung definiert wirtschaftlichen Zwang als âMaĂnahme eines Drittlandes âŠ, die den Handel oder Investitionen beeintrĂ€chtigt, um die Einstellung, Ănderung oder Annahme eines bestimmten Rechtsakts durch die Union oder einen Mitgliedstaat zu verhindern oder zu erwirken, und dadurch in die legitimen souverĂ€nen Entscheidungen der Union oder eines Mitgliedstaats eingreift.â PrimĂ€r geht es also um wirtschaftliche ZwangsmaĂnahmen (wie etwa die von der Trump-Regierung erhobenen Zölle), doch wenn man davon ausgeht, dass solche MaĂnahmen (wie die IStGH-Sanktionen) auch die souverĂ€ne AuĂenpolitik der EU beeintrĂ€chtigen (hier die vorbehaltslose UnterstĂŒtzung des IStGH),15) lieĂe sich die Aktivierung dieses Instruments durchaus begrĂŒnden. Andernfalls könnte die EU auch einen passgenaueren Rechtsakt erlassen.Â
Bisher hat sich die EU allerdings noch nicht zu einer solchen formalen Reaktion durchringen können â nicht nur wegen der oben deutlich gewordenen rechtlichen (und wirtschaftlichen) Problematik, sondern (wohl) auch, weil man fĂŒrchtet, dass die US-Regierung dann den Gerichtshof als Ganzes sanktionieren könnte. Einerseits ist diese BefĂŒrchtung, wie eingangs gesagt, durchaus berechtigt; und wenn sie eintrĂ€te, stĂŒnde die Existenz des Gerichtshofs auf dem Spiel. Andererseits aber können nur verbale Proteste und SolidaritĂ€tserklĂ€rungen16) die Wirkungen der Sanktionen praktisch nicht abmildern. Auch die â lobenswerten und wichtigen â BemĂŒhungen der IStGH-GeschĂ€ftsstelle (âRegistryâ), Resilienz, AnpassungsfĂ€higkeit und Nachhaltigkeit des IStGH zu stĂ€rken,17) u.a durch RĂŒckgriff auf nationale Umgehungsstrategien,18) sowie der innerstaatliche Dialog bestimmter Vertragsstaaten mit relevanten nationalen Unternehmen können die Wirkungen einer formalen EU-Reaktion (insbesondere mittels einer Blocking-Verordnung) nicht ersetzen.
Es ist eine Ironie der Geschichte, dass die USA als das Land, das maĂgeblich fĂŒr den NĂŒrnberger Hauptkriegsverbrecherprozess verantwortlich war, nun gerade das Gericht, das es ohne NĂŒrnberg nicht geben wĂŒrde, zerstören wollen. Anders als in der Karibik tötet die Trump-Regierung mit den Sanktionen zwar nicht physisch, vernichtet aber die bĂŒrgerliche Existenz der betroffenen Vertreter des Strafgerichtshofs. Die Sanktionierung kommt dem zivilen Tod gleich, weil Sanktionierte nicht mehr am normalen GeschĂ€ftsleben teilnehmen können. UnabhĂ€ngige StaatsanwĂ€lte und Richter werden mit Terroristen, organisierten Kriminellen und korrupten Diktatoren gleichgestellt. Mit anderen Worten: Sie werden dafĂŒr bestraft, dass sie ihren Job machen â einen âJobâ, fĂŒr den sie gewĂ€hlt und ernannt wurden und aufgrund dessen sie einen besonderen Schutz genieĂen (Art. 48 Abs. 2 IStGH-Statut).19) Zugleich lassen sich die Sanktionen und die sie begleitenden Repressalien und Drohungen gegen Mitglieder des IStGH und das Gericht als Ganzes â ebenso wie die russische Strafverfolgung und Verurteilung (in Abwesenheit) von IStGH-FĂŒhrungspersonal â als Straftaten gegen die Rechtspflege i.S.v. Art. 70 Abs. 1 lit. d), e) IStGH-Statut qualifizieren (so auch die ASP-Resolution vom 5. Dezember 2025, para. 4; ebenso Hovell).
So erweist sich die US-Sanktionspolitik nicht nur als Angriff auf den IStGH, sondern als Angriff auf das Recht schlechthin. Dem muss man mehr entgegensetzen als bloĂ verbalen Protest. Den Worten mĂŒssen Taten folgen. Ein EU-Rechtsakt in Form einer Blocking-Verordnung oder ein passgenaueres Instrument (gegebenenfalls orientiert an der VO gegen wirtschaftlichen Zwang) könnte eine solche Tat sein (dafĂŒr auch Hovell [mit weiteren MaĂnahmen auch innerhalb der USA] und Iverson). Sie wĂŒrde nicht nur gerichtshoffreundlichen EU-Akteuren helfen, ihre vertraglichen Beziehungen mit dem IStGH aufrechtzuerhalten, sondern ĂŒber die EU und Europa hinaus ein starkes, nicht nur symbolisches Signal europĂ€ischer Entschlossenheit senden. Sie wĂŒrde einen ersten Schritt auf dem Weg zur â auch in diesem Bereich ĂŒberfĂ€lligen â Erlangung europĂ€ischer SouverĂ€nitĂ€t darstellen. Zugleich sollte sich der IStGH â gleichsam prĂ€ventiv mit Blick auf eine mögliche institutionelle Sanktionierung â von US-Unternehmen (z.B. von Microsoft Office) unabhĂ€ngig machen.
Eine knappe Audiofassung dieses Beitrags ist hier verfĂŒgbar: DLF, Politisches Feuilleton, 17.12.25.
References
| â1 | Zuvor (20.1.2025) hatte Trump PrĂ€sident Bidens Exekutivverordnung 14022 v. 1.4.2021, mit der die Sanktionen der ersten PrĂ€sidentschaft Trumps aufgehoben wurden (ânot an effective or appropriate strategy for addressing the United Statesâs concerns with the ICCâ), aufgehoben, womit allerdings noch nicht automatisch neue Sanktionen in Kraft getreten sind; dazu musste Trump erst einen neuen ânationalen Notstandâ erklĂ€ren und die neue VO 14203 erlassen; vgl. Bridgeman/Hamilton; fĂŒr einen Ăberblick der US-Position seit PrĂ€sident Clinton s. Galbraith. |
|---|---|
| â2 | Solomy Balungi Bossa (Uganda), Luz del Carmen Ibåñez Carranza (Peru), Reine Adelaide Alapini Gansou (Benin) und Beti Hohler (Slowenien). |
| â3 | Nazhat Shameem Khan (Fidschi) und Mame Mandiaye Niang (Senegal). |
| â4 | Kimberly Prost (Kanada), Nicolas Guillou (Frankreich). |
| â5 | VO 14203 ermĂ€chtigt den AuĂenminister weitere âforeign person(s)â fĂŒr eine Sanktionierung zu bestimmen (section 1(a)(ii)(A)). |
| â6 | Der Gesetzentwurf wurde mit 243 zu 140 Stimmen vom US-ReprĂ€sentantenhaus am 9.1.2025 verabschiedet, scheiterte dann aber im Senat, weil die erforderliche Mehrheit zur Ăberwindung eines filibuster (60 von 100 Stimmen) nicht erreicht wurde (sog. âfailed clotureâ). Das Gesetzgebungsverfahren kann jederzeit wieder aufgenommen werden, s. zusf. hier. |
| â7 | S. insoweit zum âbigger pictureâ der Trump-Sanktionen (Angriff auf Justiz und Rechtsstaat) Galbraith sowie das Interview mit Kim Scheppele. |
| â8 | Als âallyâ der USA gilt gemÀà sect. 8(e) VO 14203 â(i) a government of a member country of the North Atlantic Treaty Organization; or (ii) a government of a âmajor non-NATO ally,â as that term is defined by section 2013(7) of the American term is defined by section 2013(7) of the American Servicemembersâ Protection Act of 2002 (22 U.S.C. 7432(7) )â. Danach wird ein âmajor non-NATO allyâ vom US-PrĂ€sidenten â als zentraler Sicherheitspartner â bestimmt. |
| â9 | GemÀà sect. 8(d) VO 14203 gelten als âprotected personsâ (nicht mit dem humanitĂ€rvölkerrechtlichen Begriff zu verwechseln) â(i) any United States person ⊠including (A) current or former members of the Armed Forces of the United States; (B) current or former elected or appointed officials of the United States Government; and (C) any other person currently or formerly employed by or working on behalf of the United States Government; and (ii) any foreign person that is a citizen or lawful resident of an ally of the United States that has not consented to ICC jurisdiction over that person or is not a state party to the Rome Statute, including: (A) current or former members of the armed forces of such ally of the United States; (B) current or former elected or appointed government officials of such ally of the United States; and (C) any other person currently or formerly employed by or working on behalf of such a government;â |
| â10 | Section 1(a)(ii)(A) VO 14203 (â⊠having directly engaged in any effort by the ICC to investigate, arrest, detain, or prosecute a protected person without consent of that personâs country of nationality.â). |
| â11 | Insoweit hat Khan am 23.1.2025 auch Haftbefehle beantragt, die am 8.7.2025 durch Vorverfahrenskammer II erlassen wurden. |
| â12 | Die Entscheidung, ergangen auf Vorlage des OLG Hamburg, hatte die RechtmĂ€Ăigkeit der KĂŒndigung der TelekommunikationsvertrĂ€ge der Bank Melli durch die Telekom mit Blick auf die Blocking-VO zum Gegenstand. |
| â13 | S. genauer EuGH, Urteil 21.12.2021, para. 52-68, mit einer etwas kryptischen Schlussfolgerung hinsichtlich des KĂŒndigungsgrunds (para. 68): âWenn alle Beweismittel, ĂŒber die das nationale Gericht verfĂŒgt, auf den ersten Blick darauf hindeuten, dass eine von Art. 11 der Verordnung Nr. 2271/96 erfasste Person den gelisteten Gesetzen nachgekommen ist, ohne insoweit ĂŒber eine Genehmigung zu verfĂŒgen, verlangt Art. 5 Abs. 1 allerdings, dass es im Rahmen eines Zivilprozesses ĂŒber einen behaupteten VerstoĂ gegen die in dieser Bestimmung vorgesehenen Anforderungen ebendieser Person obliegt, rechtlich hinreichend nachzuweisen, dass ihr Verhalten nicht darauf abzielte, diesen Gesetzen nachzukommen.â |
| â14 | Ebd., para. 95: â⊠dass die Verordnung Nr. 2271/96, insbesondere ihre Art. 5 und 9, im Licht von Art. 16 und Art. 52 Abs. 1 der Charta dahin auszulegen ist, dass sie der Feststellung der Unwirksamkeit einer KĂŒndigung von VertrĂ€gen nicht entgegensteht, die durch eine von Art. 11 der Verordnung erfasste Person zur Befolgung von Forderungen oder Verboten, die auf den gelisteten Gesetzen beruhen, erklĂ€rt wurde, obgleich sie nicht ĂŒber eine Genehmigung im Sinne von Art. 5 Abs. 2 der Verordnung verfĂŒgt, soweit die Feststellung der Unwirksamkeit fĂŒr diese Person keine in Anbetracht der Ziele der Verordnung, die bestehende Rechtsordnung und die Interessen der Union im Allgemeinen zu schĂŒtzen, unverhĂ€ltnismĂ€Ăigen Auswirkungen hat. Bei dieser VerhĂ€ltnismĂ€ĂigkeitsprĂŒfung ist die Verfolgung dieser Ziele, der mit der Feststellung der Unwirksamkeit einer gegen das in Art. 5 Abs. 1 der Verordnung Nr. 2271/96 vorgesehene Verbot verstoĂenden VertragskĂŒndigung gedient wird, gegen die Wahrscheinlichkeit abzuwĂ€gen, dass die betroffene Person wirtschaftlichen Verlusten ausgesetzt wird, sowie gegen deren AusmaĂ fĂŒr den Fall, dass sie die GeschĂ€ftsverbindung mit einer Person nicht beenden darf, gegen die sich die SekundĂ€rsanktionen richten, die sich aus den gelisteten Gesetzen ergeben.â (Herv. K.A.). |
| â15 | S. dazu van Elsuwege und Ambos, DRiZ 2025, 202 (203) (anlĂ€sslich des ungarischen EU-Austritts). |
| â16 | S. zuletzt die ErklĂ€rung der IStGH-Vertragsstaatenversammlung [Assembly of States Parties, ASP] vom 3.12.2025, para. 3 und die Resolution âStrengthening the International Criminal Courtâ vom 5.12.2025, S. 3 u. para. 2 f.; aus zivilgesellschaftlicher Sicht s. hier. Krit. zum Schweigen Kanadas s. Kersten. |
| â17 | S. zuletzt die Rede des Registrar Osvaldo Zavala Giler auf der letzten ASP hier, S. 5 f. |
| â18 | Das verdient eine eigene Abhandlung, wobei es auch insoweit um die Erlangung finanzwirtschaftlicher und digitaler SouverĂ€nitĂ€t geht, z.B. durch parallele Zahlungssysteme wie das brasilianische PIX System (als Alternative zu PayPal und ApplePay, s hier). |
| â19 | S. auch die insoweit relevante UN-Konvention zum Schutz von Diplomaten und anderer gleichgestellter Personen von 1973; dazu auch Hovell. |
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