Versionsunterschiede von Wesen Und Inhalt Der Werteinheit / Volltext
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1 | !![S. 1]!! Wesen und Inhalt der Werteinheit erforschen suchen, heisst soviel wie die heutige Wirtschaftsverfassung in all ihren eng verschlungenen Zusammenhängen erkennen wollen. Dabei ist es uns klar, dass wir das Verständnis nicht gewinnen können, etwa aus dem Studium der Münzgeschichte, denn Werteinheit ist der viel weitere Begriff wie Geld: Werteinheit umfasst und umspannt alles, was uns im täglichen, wirtschaftlichen Leben in mannigfachster Form entgegentritt. Was die Werteinheit erreicht, hat seine Individualität verloren und ist nunmehr in der Quantität vor anderen Dingen differenziert. |
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3 | Sei es Grund und Boden oder Vieh, sei es menschliche Tätigkeit vom Dienst des Baerensammlers bis zur höchstqualifiziertesten geistigen oder organisatorischen Arbeit, ob es nun Erz und Kohle oder gleich der stolze Oceanriese, ein Kindersteinbaukasten oder ein Wolkenkratzer in der New Yorker City, der millionste Kliescheeabzug eines Bilderbuches oder ob es das Kunstwerk eines unserer besten Meister sei ;– Dinge, die wir nie und nimmer vergleichen könnten, in der Form, dass wir sie auf einen gemeinsamen Ausdruck bringen, sie scheinen im Spiegel der modernen Wirtschaft gleichgemacht. Der Begriff der Werteinheit scheint uns etwas real wirtschaftliches darzustellen und es bleiben übrig und regieren nurmehr die Zahlen, die sich gegeneinander wägen, damit den Mechanismus der Wirtschaft in Gang setzend. |
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5 | Wir sagten, die Werteinheit "scheint" eine absolut reale grösse zu sein und wollen die Beantwortung der Frage, ob die Möglichkeit einer so beschriebenen Wertgrösse bestehen kann und was deren |
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9 | Wir stehen hier im Streite der Wertlehren, zwischen den Schwertern der Geldtheorien. Hie objektive, hie subjektive Wertlehre; hie Metallismus, hie Nominalismus. Was wir in aller Kürze hier einleitend anführen konnten, das ist schlechthin die gestellte Aufgabe selbst, das bedeutet das Problem. |
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11 | Die historische Betrachtungsweise aufnehmend, fragen wir uns, ob der Werteinheitsbegriff eine Urerscheinung wie Wert und Bedürfnis vorstelle oder ob er nur ein, der heutigen Wirtschaftsform essentieller bestandteil sei. Auf diese Weise müssen wir einmal zu dem Punkte gelangen, wo jener Begriff im Wirtschaftsleben erstmals wirksam und erkenntlich wird. Wir versetzen uns zurück in das Zeit- |
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15 | Die wirtschaftliche Entwicklung, die wir als Tatsache annehmen wollen, schreitet fort. Durch irgendwelche Umstände, wie die Völkerwanderungen, traten die Menschen nicht nur in Beziehungen zu anderen Wirtschaften ihres Stammes und ihrer Art, sondern auch zu fremden Völkern mit anderen Sitten, Gebräuchen und Lebensgewohnheiten; lernen damit fremde Bedürfnisse kennen und schätzen. Die ersten Tauschhandlungen werden hier zustande gekommen sein, ohne dass aber eine Werteinheit dabei nötig war, – ein Gut tauschte das andere aus. |
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17 | Schon in den Anfängen des wirtschaftlichen Verkehrs spielt die persönliche Qualifikation eine Rolle, insofern als sie zur Bildung von Berufen drängt, ohne aber, wie wir sehen werden, den reinen Naturaltausch noch zu stören. Wenn der Töpfer und der Korbflechter ihre Produkte auszutauschen trachten, so werden sie etwa die Ueberlegung anstellen: Der Korbflechter, der die irdene Schale benötigt, wird abschätzen, dass er zwei Tage zu deren Herstellung aufwenden muss, während der Töpfer sie vielleicht in einem Tage schon herstellt. Dem Töpfer, dem der Korb begehrenswert erscheint, wird umgekehrt zwei Tage Arbeit zu dessen Beschaffung benötigen; der Korbflechter hinwie- |
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21 | Die Häufung der Tauschoperationen vermehrt zugleich die Schwierigkeit ihrer Durchführung, denn nicht immer wird der Tauschende den finden, der gerade sein Erzeugnis benötigt und das gewünschte feilbietet. Die Güter sind naturnotwendig auch nicht von gleicher Teilbarkeit und Dauerhaftigkeit. Wie, wenn ich hundert kleine Dinge oder leicht verderbliche Genussmittel benötige und nur ein Rind dafür zu tauschen in der Lage bin. S o l a n g e wird der Tausch eine Zufälligkeit bleiben, so lange keine Möglichkeit besteht, diese Widerstände zu umgehen. Nicht Menschengeist hat erfunden, sondern die natürliche, organische Entwicklung drängte darnach und liess aus dem Verkehr selbst heraus ein allgemein beliebtes, gern in Tausch genommenes Gut erwachsen, das dank seiner Eigenschaften – widerstandsfähig, relativ kostbar, teilbar haltbar und leicht transportierbar – imstande war, jene die Entwicklung fesselnde Schwierigkeit zu überbrücken und damit den Tausch als allgemein geübte wirtschaftliche Handlung zu legalisieren. Die Geschichts- |
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25 | Alle Momente, die wir zu solcher bevorzugten Stellung für nötig erachten, die Edelmetalle vereinten sie in sich bis dass sie in einer gewissen, irgendwie durch Stamm oder Wahl zusammenhängenden Gemeinschaft als Universaltauschgut den gesamten Verkehr beherrschten. Jetzt musste jedes Ding beim Tausch das Medium des Edelmetalles passieren und erhielt seinen Wertausdruck in der Reduktion auf eine Teilgewichtsmenge des allgemeinen Tauschgutes. Und zwar können wir sagen, je grösser und weit verzweigter diese Gemeinschaft der mit gleichen Maassen Wertenden ist, je grösser und verzweigter ihr Bedarf, je entwickelter ihr öffentliches Leben ist, desto sicherer, zielbewusster und natürlicher, desto genauer ausbalanciert werden in der Vielheit der Beziehungen die Güterwertungen im Verkehr sich herauskristallisieren. Das Edelmetall wird mählich, ohne dass wir genau das Datum der Geburtsstunde werden nennen können, vom Tauschgut zum Tauschmittel sich wandeln, womit dann auch gleichzeitig begrifflich der Werteinheit ihr Standort und ihr Wirkungskreis angewiesen wird. Wir haben dabei wohl den Einwand zu erwarten, dass dann, wenn durchaus gleichwertige, reale Güter, wie auch hier noch, zum Tausch gelangen, der Charakter des Tauschgutes noch absolute Gültigkeit besitzt. Anerkannt sei das einstweilen aber nur für einen dritten, der ohne selbst mit seinen Schätzungen den gegebenen Zustand gültig werden liess, neu in den fraglichen Wirtschaftskörper gestellt werde. Nur der wird die bekannten Erwägungen anstellen, wieviel ihm eine Sache wert, wieviel ihm die Beschaffungsar- |
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27 | !![S.6]!!beit wert oder nicht erscheint. Für das Glied der Wirtschaftsgemeinschaft selbst werden die relativen Wertbeziehungen in gewissen Grenzen eine konstante, historisch zu begreifende Grösse darstellen. So weit eine Beeinflussung seinerseits möglich war, hat er seine Stimme bereits in die Wagschale geworfen. Für ihn wird eine Gleichung, wie ein Korb ist gleich 10 g Gold, so genau sich auch in den objektiven Massen übereinstimmen mag, in seinem wirtschaftlichen Denken noch auch keine abschließende Betrachtung, nicht der endgültige Zustand sein. Seine gedankliche Rechnung wird weiter greifen und etwa die Formel zeigen: Ein Korb zu je 10 g Gold wie 10 g Gold zu 1 Tonschale. Gold ist |
28 | zur Durchgangsstation, ist nur Mittel um zu seiner Wortgleichung: Ein Korb ist gleich einer Tonschale, zu gelangen. Wenn alle so zustande gekommenen Gleichungen objektiv wahr, deren Faktoren wirklich gleichwertig sind, gemessen an dem zur Beschaffung notwendigen Arbeitsauf- |
29 | wand, denn nur dieser allein kann in der noch primitiven Wirtschaftsordnung massgebend sein, dann scheint auch die Berechtigung vorzuliegen, |
30 | das wesentliche Moment nicht in der Funktion als Tauschgut sondern als Tauschmittel zu suchen. Keineswegs verkennen wir dabei die grundlegende |
31 | Bedeutung des Tauschgutes, soweit alle später definierten Werteinheiten historisch auf jenem fussen, und nicht einmal der konsequenteste Nomalis |
32 | mus wird sich dazu verstehen; wir anerkennen aber auch die Notwendigkeit in der Fülle der relativen Wertzusammenhänge und ihren Schwankungen einen ruhenden Pol zu suchen oder zu konstruieren, von dem wir ausgehen, um wieder zu ihm zurückkehren zu müssen, der Anfang und Ende jeder wirtschaftlichen Handlung bedeutet. Dass wir aber gerade zu letzterem |
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36 | Wenn wir nach dem absoluten Werte forschen, sind wir nicht erkenntnisreicher geworden, wenn wir wissen, dass ein Korb nicht nur gleich einer Tonschale sondern auch gleich 10 g Gold ist. Verbreitert hat sich lediglich die Basis, die Zahl der Relationen und damit die Wahrscheinlichkeit, dass die Gleichung wahr ist. Vergessen wir doch nicht die ursprüngliche Bedeutung der Werteinheit, uns beim Tausch Diener zu sein, ihn zu erleichtern. Die Tauschoperationen zwischen Einzelkontrahenten bedürfen zu Durchführung keines dritten, realen Gutes, ja, es wäre geradezu unsinnig, ein solches einzuschalten. Die Forderung nach dem "artgleichen Messwerkzeug" findet hier sogar zur vollsten Befriedigung seine Lösung. Nachdem wir die subjektiven Schätzungen, die die Arbeit erst in jene Richtung in gewisser Stärke gelenkt hat, als Daten hinnehmen können, sehen wir es in geradezu kristallener Klarheit und Schärfe, dass der Arbeitsaufwand, dessen wirtschaftlicher Wert, der Beschaffungswiderstand es ist, der das natürlichste, gerechteste Mass uns liefert und zudem noch unabhängig ist von allen absoluten und damit relativen Schwankungen der einzelnen Güter selbst und untereinander. Ja mögen dies in den unwahrscheinlichsten Ausmaassen revolutionieren, den Ruhepunkt werden sie erst dann wieder erreichen, wenn sie nach dem natürlichen Gesetz der gleichen Arbeitswertmengen, hier ohne jede Störung über- |
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40 | Welche Arbeit, welches Mass, welches Gut könnte dabei von Schwankungen verschont und als absolut unberührt fest gelten? Keines, auch das Gold nicht, müssen wir darauf antworten. Auch das Gold kann auf keinem anderen Wege seinen Tauschwert abgeleitet erhalten. |
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44 | Aber wir sahen es, wenn wir von ihrer Funktion als Tauschmittel sprachen, dass das wesentliche Moment nur das eine sein kann die relativen Beziehungen der Güterwerte auszudrücken und dies vermag sie unbeeinflusst von Wertschwankungen fremder Güter als auch denen ihres Eigenkörpers. Gleich, ob einzelne oder alle oder ob nur das Gold als Wertmaass seinen Eigenwert ändert, das Tauschmittel Gold wird als Werteinheit die relativen Beziehungen auch nach völliger Umlagerung doch wieder genau anzugeben vermögen. Und nochmals sei betont, was die absoluten Wertgrössen anlangt, eine dahin gehende Erwägung bereits vor diesem Akte liegen muss und |
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48 | Wann wir überhaupt in der geschichtlichen Betrachtung erstmals mit dem Begriff Werteinheit operieren wollen, muss eine mehr oder minder willkürliche Erwägung sein. Nicht wollen wir von Werteinheit sprechen etwa beim ersten zufälligen Tausch, indem wir sagen, und wir könnten das, das eine Gut sei gewissermassen die Werteinheit des anderen, sondern wollen Werteinheit dann erst als Tatsache gelten lassen, wenn eine Gemeinschaft in all ihren wirtschaftlichen Handlungen sich zwanglos eines einzigen Wertausdruckes bedient. Voraussetzung für die Werteinheit ist also eine historische Entwicklung in einem wirtschaftlichen Verband und die Werteinheit ist in der Gültigkeit und in der Wahrheit des Ausdruckes um so allgemeiner und bestimmter, je kulturell entwickelter, je weiter verzweigt und doch wieder je fester in einander gefügt das gemeinsame öffentliche und wirtschaftliche Leben sich dort abspielt. |
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50 | Die kontinuierliche Linie, die harmonisch-organische Entwicklung, die die geschlossenen Hauswirtschaften überwunden, sie zu Verbänden darüber hinaus und diese wiederum vielleicht zu noch grösseren Gemeinschaften zusammengeschweisst hat, sie schafft dazu notwendig auch die äusseren Formen und Mittel für das rechtliche und öffentliche Leben. Als eine der wesentlichen Normen hat die Gesellschaft, die wir von nun an zur Verdeutlichung den Staat nennen wollen, das wirtschaftliche Leben zu regeln und ordnen übernommen; die Sitte prägt er zu Rechtsätzen und als einen solchen müssen wir es ansehen, wenn er die reale Werteinheit durch Namengebung äusserlich zu einer staatlichen Kategorie stempelt. Der Staat lässt Stücke von bestimmtem Edelmetallgewicht durch die Prägung zu seinem, innerhalb seiner Grenzen gültigem Gelde werden. Die staatliche Autorität |
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52 | !![S.10]!! sollte Wage und Probierstein erübrigen, das aufblühende Wirtschaftsleben sollte von den starren Fesseln befreit werden. |
53 | Die Relationen drücken sich nimmer in Gewichtsmengen aus, sondern in einem Teil oder der numerischen Vielheit der staatlich proklamierten, dabei noch durchaus realen Werteinheit, wobei diesen Neuordnung immer nur einer Umrechnung, keineswegs einer Umwertung gleichbedeutend sein kann. Was wir bisher die Relationen der Güterwerte nannten, das sind jetzt die Preise, denn diese sind im Grunde nichts anderes als Verhältniszahlen. Die Tauschmittelfunktion des Geldes als der Form, oder besser der Werteinheit als des Inhalts schält sich mit jeden weiteren Schritt der Betrachtung immer deutlicher heraus. Zwar sind die beiderseitigen Objekte jedes einzelnen Tausches immer noch Realitäten, und das ist notwendig, solange die staatliche Autorität noch nicht in dem späteren Maasse gefestigt und in längerer Webung eine Gewähr für die reibungslose Abwicklung des Verkehrs gegeben war. |
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55 | Greifen wir unsere frühere Gleichung wieder auf, die lautete: |
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57 | !![S.11]!! 2.790.- ℳ) fehlt uns zum vollen Verständnis des equivalenten Tausches wieder eine weitere Gleichung: |
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59 | 2.790,- ℳ zu 1000 g wie 27,90 ℳ zu 10 g, mit anderen Worten – wir müssen den Münzfuss kennen. Noch umständlicher und verzweigter werden die Vergleiche, wenn der Korbflechter nun gar noch weitere Erwägungen anstellen muss, um in den Besitz der Tonschale zu gelangen. Das Geld wäre die törichteste Einrichtung und wir könnten nicht glauben, dass es solches Geld gäbe, dass der Verkehr zu seiner Erleichterung und Beschleunigung sich eines solchen Instrumentes bediente oder es eigentlich erst so recht schuf, das ihn wie eine Zwangsjacke hemmen müsste, wenn, ja wenn eben die Funktion des Tausch g u t e s das wesentliche Merkmal des Geldes bedeutete. |
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61 | Das Vorhandensein des realen Tauschgutes kann uns somit nicht hinden, so sehr es auch das Bild verschleiern kann, den wahren Charakter des Geldes im Tauschmittel zu erblicken, ja sogar dann erst den Begriff Geld überhaupt anzuwenden, wenn die Werteinheit, auf die es lautet, ihrem Inhalt und Wesen nach vom Objekt zum Mittel sich gewandelt hat. Wenn die Werteinheit, das Gut Gold, gleich wie es in jener definiert ist, allein den Gegenpol zu allen anderen Gütern bildet, so ist es naturnotwendig, dass es, ausgenommen den Fall wirklich einmal zur letzten Befriedigung zu dienen, die historische Verankerung und damit auch seine Selbstständigkeit im menschlichen Denken verliert und uns als Grösse nurmehr in der Vielfalt der Relationen und Preise etwas zu sagen hat. Die Gewohnheit des |
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65 | Wir streiten hier nicht darüber, ob das Geld stoffwertvoll oder wertlos zirkulieren muss und kann; das ist eine sekundäre Frage. Uns ist nur wichtig, ob die Werteinheit real bestimmt und im Stoffe verankert oder ob sie auch eine abstrakte rein rechnerische Grösse sein kann. Wenn wir sehen und sagten, dass die Werteinheit ihrem Wesen nach vom Objekt zum Mittel geworden ist, so ist ein Teil der Antwort schon voraus genommen, und es bleibt uns nur noch zu fragen übrig, dass, wenn schon das Mittel die Seele der Werteinheit ausmachen soll, ob es dann losgelöst von jeder Bindung |
66 | an eine Realität, ob es dennoch in einer solchen sich verkörpern oder ob es nur eine solche symbolisieren müsse. Hier bleibt uns noch genügend zu lösen übrig. |
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68 | Wiederlegt hoffen wir nur das eine zu haben, dass von dem Augenblicke an, wo wir von Werteinheit sprechen – in der wirtschaftlichen Gemeinschaft, die sich allgemein und immer des gleichen historisch begründeten Wertausdruckes bedient – nicht jeder wirtschaftliche Akt, jeder Tausch, Kauf oder Verkauf wie wir es gerade nennen wollen, immer von neuem die Erwägung des Abschätzens |
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72 | Soweit wir bisher analysieren konnten, erkannten wir, dass die Werteinheit zwar eine Wandlung bezüglich ihres Inhaltes und ihres Wesens erfahren hatte, während der Equivalenztausch äusserlich immer noch aufrecht erhalten blieb. Je mehr nun aber die Produktion der Grösse und Reichhaltigkeit nach sich steigerte, desto schwieriger musste es sein, diese gleichen Mengen von Edelmetallen für den Handel zu beschaffen und so konnte es nicht ausbleiben, dass man zwar auf der einen Seite den Segen der erhöhten Produktivität verspürte, auf der anderen aber auch die Anhäufung von Gold und Silber, diesen toten Schatz, als eine zwcklose Material-und Kraftverschwendung erkannte. Wir befinden uns hier an der Bruchstelle, wo wir zu einer neuen Phase unserer Wirtschaft kommen, |
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76 | Ueberlegen wir aber, dass nur derjenige Kredit geben kann, der nicht sofort auf das Equivalent seiner Arbeit angewiesen ist; dass also wirtschaftliche Leistungsfähigkeit Voraussetzung für ein durch Kreditgewährung entstandenes Forderungsrecht bildet. Persönlich, sachlich, örtlich und zeitlich gebunden ist es nicht dazu geeignet im Bedarfsfalle mobil gemacht werden zu können und so lange das nicht jeder Zeit möglich war, solange das eine Zufälligkeit und Ausnahmeerscheinung darstellte, solange konnte auch die Kreditgewährung, die das Charakteristikum erst dann darstellt, |
77 | wenn sie allgemein geübt ist, nicht die Erlösung aus den Fesseln des Stoffgeldes uns bescheren. Eine Kompensation der verschiedensten Forderungsrechte wäre zwar begrifflich theoretisch möglich, denn die Summe aller Soll- und Habenposten müssen von der Perspektive der Volkswirtschaft gesehen sich genau aufheben; hier aber handelt es sich darum, einen für das tägliche Leben gangbaren, praktischen Ausweg zu finden. Wer wird dieser Schwierigkeiten leichter Herr werden, als die autonome Wirtschaft selbst, die sich nicht durch ihre Eigenbehelfe in starre Banden legen lässt, die vielmehr aus sich selbst heraus die technischen Mittel gebären wird, die sie zu ihrer glatten Abwicklung wird nötig haben. Und diesen Träger |
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83 | Den Dienst, den solches Geld für jene Gemeinschaft leistet, können wir uns vergegenwärtigen, wenn wir uns den gesamten Zahlungsverkehr – oder wir können ihn auch noch durch alle äusseren Formen als Tauschgrundlage erkennen, wenn wir diesen auf ein allgemeinnes Abrechnungs_ und Verrechnungsverfahren gestellt denken, wie dies ohne Geld in der arbeitsteiligen Verkehrswirtschaft dann notwendig der Fall sein müsste. Es wäre ein auf die höchste Spitze getriebener, bargeldloser Verkehr, wie wir ihn uns vielleicht noch technisch, kaum aber praktisch könnten vorstellen. Aller Zahlungsverkehr des Landes wird durch den Giroverkehr ihrer Zentralbank vollzogen. Bendisen hat in seinem "Geld und Kapital" diesen Zustand einmal angedeutet, bei dem dann die Banknoten nicht Verpflichtung zur Zahlung, sondern Verpflichtung der Zentrale zur Gutschrift wären. |
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85 | !![S.17]!! Zwischen einer solchen aus Leistung geborenen G u t s c h r i f ts-Banknote und unserer Z a h l u n g s m i t t e l-Banknote ist inhaltlich und in wirtschaftlicher Wirkung kein Unterschied. Was obiger Variante im tätigen und täglichen Leben entgegensteht, das ist bildlich und drastisch ausgedrückt der "10 Pfennig-Automat" der rosten muss, wenn wir es nurmehr mit Be- und Entlastung zu tun haben. Wenn wir eingangs sagten die Wirtschaft schiesst vor, um die Tauschhandlungen zu beendigen, so ist damit auch eigentlich schon gesagt, dass das Geld als das sichtbare Verrechnungsmittel darnach begrifflich ausser Kurs gesetzt sein muss, aber das geschieht in der Form der Einlösung beim Wechselschuldner als dem säumigen Tauschkontrahenten. Er nur allein kann in Wahrheit den Tauschakt beenden. Wenn in der Erwartung jener letzten Leistung die Wirt- |
86 | schaft jene Tauschwerteinheiten sich eigentlich künstlich selbst vorstreckt, so konnte sie das eben nur tun, weil das Güterreservoir der Wirtschaft infolge gleichen Zu- und Abstroms nie geleert ist. Das kann hier einstweilen nur angedeutet werden. |
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88 | Wir wollen die Möglichkeit einer weiteren Fortentwicklung, oder vielleicht wäre es nur eine Umbildung der Anpassung, nicht ohne weiteres verneinen; wir sind nur für den Augenblick der gegenwärtigen Verfassung auf der Spitze angelangt. Die Entwickllung von der Buchforderung über den Wechsel bis zur Banknote zeigt deutlich in jedem Stadium den Fortschritt und zugleich Stand und Eigenart der Wirtschaft. Die Banknote ist enthoben über per- |
89 | sönliche, sachliche, örtliche und zeitliche Bindung, wie sie der Forderung und wenn schwächer, so doch auch dem Wechsel anhaftet. |
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93 | !![S.19]!! des Wirtschaftslebens in Bewegung zu halten ½ Wie jedes Teilgut frühher in einem entsprechenden Teilgewicht dargestellt, so kann auch bei modernen Bankgelde jeder Faktor des in Arbeitsteilung entstandenen Produktes in einer entsprechenden Anzahl von Werteinheiten symbolisch vergegenständlicht und damit die Distribution ermöglicht werden. Der Begriff der Werteinheit ist heute so in unser Denken und Fühlen eingehämmert, dass wir uns im täglichen Leben nicht die Frage nach deren absoluten Werte stellen müssen. Wohl aber muss die Wissenschaft versuchen, das Dunkel zu durchdringen; insbesondere wird es sich darum handeln, das in so langer Entwicklung geborene Bankgeld – unser heutiges Geld schlechthin – um dazu alles, was begrifflich damit verwoben ist wie Bardeckung, Geldeinlösungspflicht, Prägefreiheit und mehr näher zu analysieren. Die Betrachtung des Kreislaufes der Wirtschaft, der Einkommensbildung und Güterverteilung, die den Rahmen des folgenden Teils abgeben soll, wird geeignet sein, die Zusammenhänge unserer Wirtschaft aufzudecken und manche der gestellten Fragen der endlichen Beantwortung entgegen reifen lassen. |
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