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Kaum beachtet von der Weltöffentlichkeit, bahnt sich der erste internationale Strafprozess gegen die Verantwortlichen und Strippenzieher der Corona‑P(l)andemie an. Denn beim Internationalem Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag wurde im Namen des britischen Volkes eine Klage wegen „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ gegen hochrangige und namhafte Eliten eingebracht. Corona-Impfung: Anklage vor Internationalem Strafgerichtshof wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit! – UPDATE


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„Die mit den Waffen hungern zuletzt“

Ein „Krieg ohne Grenzen“: Die erneute Blockade des Gazastreifens geht in den zweiten Monat. Zahlreiche internationale Hilfsorganisationen und die Vereinten Nationen warnen davor, dass sich Hunger ausbreitet und lebenswichtige Medikamente fehlen. MangelernĂ€hrung, Krankheiten und andere vermeidbare Leiden wĂŒrden wahrscheinlich zunehmen – insbesondere unter Kindern. Die erneute Verweigerung notwendiger humanitĂ€rer Hilfe rĂŒckt damit eine besonders verheerende Methode der KriegsfĂŒhrung zurĂŒck in den Fokus: das Aushungern der Zivilbevölkerung.

Wir haben mit Tom Dannenbaum, einem international fĂŒhrenden Experten zu diesem Thema, ĂŒber die verheerende Wirkung von Hunger als Kriegswaffe und die völkerrechtliche Bewertung der Lage in Gaza gesprochen.

1. Seit dem 2. MĂ€rz 2025 lĂ€sst Israel erneut keinerlei Lebensmittel oder humanitĂ€re Hilfe in den Gazastreifen – die lĂ€ngste vollstĂ€ndige Blockade humanitĂ€rer Hilfe seit Beginn des Krieges. Bereits im vergangenen Jahr wurde Gaza mehrfach an den Rand einer Hungersnot gebracht. Jetzt, im zweiten Monat der neuen Blockade, schlagen immer mehr Hilfsorganisationen und UN-Vertreter*innen erneut Alarm. Wie wirkt sich diese Blockade auf die Zivilbevölkerung aus?

Vor dem Waffenstillstand haben die israelischen MilitĂ€roperationen nicht nur zu sehr hohen Zahlen von Toten und Verletzten gefĂŒhrt. Daneben ist auch nahezu die gesamte Bevölkerung in Gaza – oft mehrfach – vertrieben und ein erheblicher Teil der landwirtschaftlichen, medizinischen sowie der Wohn- und Wasserinfrastruktur zerstört oder beschĂ€digt worden. Gleichzeitig fĂŒhrten – wie Sie erwĂ€hnten – strenge EinschrĂ€nkungen beim Zugang humanitĂ€rer Hilfe wiederholt dazu, dass die Bevölkerung an den Rand einer Hungersnot geriet.

Nach sechs Wochen mit erweitertem humanitĂ€rem Zugang wĂ€hrend der ersten Phase des Waffenstillstands stoppte Israel diesen Zugang am 2. MĂ€rz abrupt. Seither sind keine kommerziellen oder humanitĂ€ren Lieferungen mehr eingetroffen. Gleichzeitig nahm Israel wieder intensive MilitĂ€roperationen auf, was zu weiteren TodesfĂ€llen, Verletzungen und Vertreibungen fĂŒhrt; auch humanitĂ€re und medizinische Einrichtungen werden dadurch zusĂ€tzlich lahmgelegt oder beschĂ€digt. All dies ist ein entscheidender Kontext, um die aktuellen Maßnahmen der israelischen Regierung einzuordnen.

Erstens verschlechtert die erneute Verweigerung humanitĂ€rer ZugĂ€nge die humanitĂ€re Lage rapide. Von der UN betriebene BĂ€ckereien in Gaza mussten den Betrieb einstellen. Bei etwa 60.000 Kinder wird davon ausgegangen, dass sie mangelernĂ€hrt sind. SchĂ€tzungsweise 91 % der Haushalte leiden unter Wassermangel. Wie Tom Fletcher, Leiter des Amts der Vereinten Nationen fĂŒr die Koordinierung humanitĂ€rer Angelegenheiten, Anfang dieser Woche sagte: „Man hindert uns bewusst daran, Leben in Gaza zu retten – und deshalb sterben Zivilisten.“

Zweitens fĂŒhren die gravierenden VersorgungsmĂ€ngel dazu, dass die PalĂ€stinenser noch vulnerabler in Bezug auf Gewalt und Verbrechen sind. Neben einer erhöhten AnfĂ€lligkeit fĂŒr Krankheiten oder Komplikationen bei Verletzungen ist die Bevölkerung noch stĂ€rker dem Risiko rechtswidriger Vertreibung ausgesetzt. Sowohl US-amerikanisches als auch israelisches FĂŒhrungspersonal hat zwar von möglichen „freiwilligen“ Umsiedlungen der PalĂ€stinenser aus Gaza gesprochen. Vor dem Internationalen Strafgerichtshof gilt eine solche Deportation oder Umsiedlung jedoch als „erzwungen“ – und damit als Verbrechen –, wenn sie in einem „Zwangskontext“ geschieht. Ein anhaltender, breiter Entzug der Lebensgrundlage stellt einen solchen Kontext dar.

Drittens droht die intensive und anhaltende Notlage das gesellschaftliche GefĂŒge in Gaza zu zerreißen. Diese Folge war bereits in frĂŒheren Phasen der Belagerung zu beobachten und scheint nun zurĂŒckzukehren – Berichte ĂŒber PlĂŒnderungen und einen Zusammenbruch der öffentlichen Ordnung mehren sich. Hierin zeigt sich nicht nur das Unrecht, Aushungern als Methode zu nutzen; diese Bedingungen herbeizufĂŒhren, verletzt auch Israels Verpflichtung, als Besatzungsmacht fĂŒr öffentliche Ordnung und Sicherheit in Gaza zu sorgen.

Dass wir diese Auswirkungen bereits kurzfristig sehen können, darf zugleich aber nicht den Blick fĂŒr die langfristigen Folgen verstellen. Was wir gerade sehen, sind nur die ganz unmittelbaren Folgen.

2. Die Blockade humanitĂ€rer Hilfen mit dem Ziel, die Zivilbevölkerung als Mittel der KriegfĂŒhrung auszuhungern, scheint eine beunruhigende RĂŒckkehr zu erleben. Berichten zufolge hat das syrische Regime solche Methoden gegen seine eigene Zivilbevölkerung eingesetzt, ebenso wie russische Truppen mit der Belagerung von Mariupol in ihrem Krieg gegen die Ukraine. Sie haben Hungerblockaden in einem Aufsatz unlĂ€ngst als ein Kriegsverbrechen „gesellschaftlicher Folter“ beschrieben. Was macht Hunger als Methode der KriegsfĂŒhrung besonders gefĂ€hrlich – oder, moralisch gesprochen: Was macht diese Methode kategorisch falsch?

Ich wollte den Aufsatz aus zwei GrĂŒnden schreiben. Erstens wollte ich dem Narrativ entgegentreten, demzufolge der Entzug von Nahrung (deprivation) gegenĂŒber der Zivilbevölkerung (unausgesprochen) leichter zu rechtfertigen sei als ein direkter Angriff auf eben diese Zivilbevölkerung. Zweitens ist es angesichts der expressiven Funktion des Strafrechts wichtig, auch erklĂ€ren zu können, worin genau das strafrechtliche Unrecht einer verbotenen Handlung besteht. Soweit ich sehe, wurde das Kriegsverbrechen des Aushungerns bislang noch nicht unter diesem Gesichtspunkt erörtert.

Zum ersten Punkt: Es ist klar rechtswidrig und auch strafbar, eine Zivilbevölkerung direkt anzugreifen. Die Behauptung, damit militante KĂ€mpfer innerhalb dieser Bevölkerung ausschalten zu wollen, ist keine (konflikt-)völkerrechtlich gĂŒltige Rechtfertigung – selbst dann nicht, wenn sich diese KĂ€mpfer nur schwer von der Bevölkerung unterscheiden lassen. In direktem Widerspruch zu diesem Grundsatz behaupten nun manche, es könne erlaubt sein, einer Zivilbevölkerung lebensnotwendige GĂŒter zu entziehen – sofern dies dem Ziel dient, die darin eingebetteten KĂ€mpfer zur Kapitulation zu zwingen. Diese Logik ist kaum mit der „Grundregel“ des humanitĂ€ren Völkerrechts vereinbar, die verlangt, dass in allen militĂ€rischen Operationen zwischen Zivilisten und KĂ€mpfern unterschieden wird – nicht nur bei Angriffen.

Manche argumentieren, dass die schrittweise Wirkung von Deprivation – anders als ein plötzlicher Angriff –Schadensbegrenzung ermögliche, etwa durch den Abzug der Zivilisten oder durch Kapitulation der belagerten Gegenseite. Das sehe ich anders. Das Unrecht des Aushungerns liegt nicht allein im Ergebnis (das in manchen FĂ€llen vermieden werden kann, in anderen nicht), sondern im gesamten Prozess – einem Prozess, der eher an Folter erinnert als an Tötung. Die Langsamkeit des Sterbens ist kein mildernder, sondern ein konstitutiver Bestandteil dieses Unrechts.

Folter bedeutet typischerweise nicht bloß, dass die Kosten, an einer bestimmten Entscheidung festzuhalten, in die Höhe getrieben werden. Folter verursacht so viel Schmerz und Leid, dass sie das gesamte Erleben der Betroffenen einnimmt – selbst fĂŒr jene, die eigentlich bereit wĂ€ren, fĂŒr ihre Überzeugungen alles zu opfern. Folter ist darauf ausgelegt, den Willen zu brechen. Ebenso erhöht das Aushungern einer Bevölkerung nicht einfach nur die Kosten des Ausharrens auf Seiten der KĂ€mpfer oder der Zivilisten, die sich weigern, ein belagertes Gebiet zu verlassen oder sich gegen ihre politische FĂŒhrung zu wenden. Vielmehr wird – wie bei der allumfassenden Qual durch Folter – Hunger, Durst und Krankheit zum alles ĂŒberlagernden Lebensinhalt der belagerten Gemeinschaft. Selbst wenn das Ziel die Kapitulation der KĂ€mpfer ist, wird jegliche „Milderung“ fĂŒr die Zivilbevölkerung erst erreicht, indem man deren Willen bricht. WĂ€hrenddessen stellt sich die biologische Notwendigkeit, dem wachsenden Hunger und Durst zu entkommen, gegen grundlegende menschliche FĂ€higkeiten wie SolidaritĂ€t, Freundschaft und Liebe. Gemeinschaften zerbrechen daran. Da diejenigen mit den Waffen wohl die Letzten sind, die hungern, trifft dieses individuell wie gesellschaftlich zerstörerische Leid fast zwangslĂ€ufig die Zivilbevölkerung zuerst – noch bevor ein relevanter Druck auf KĂ€mpfer entsteht.

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Das Bild zeigt Band 7 - Handbuch des Verwaltungsrechts. DarĂŒber steht: "Jetzt neu bei C.F. MĂŒller"

Ziel der auf 12 Bde. angelegten Edition ist, den aktuellen Stand des Verwaltungsrechts Deutschlands und der EU umfassend und systematisch darzustellen. Bd. VII ist der wissenschaftlichen Durchdringung der Verwaltungsaufgaben, des Verwaltungsorganisationsrechts und den Themen Begriff, Status und Arten der öffentlichen Sachen gewidmet. Den Grundlagen der Verwaltungsorganisation, mittelbarer und unmittelbarer Staatsverwaltung und ausgewÀhlten Selbstverwaltungstypen sind eigene Abschnitte gewidmet.

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3. Lassen Sie uns ĂŒber das Völkerrecht reden: Das Aushungern der Zivilbevölkerung als Mittel der KriegfĂŒhrung ist durch das humanitĂ€re Völkerrecht verboten und gilt nach dem internationalen Strafrecht als Kriegsverbrechen. Dennoch stellt Hunger – auch wenn er in bewaffneten Konflikten weitverbreitet auftritt – nicht automatisch eine Verletzung dieser Vorschriften dar. Wo liegt der Unterschied zwischen einer verheerenden, aber rechtmĂ€ĂŸigen Hungersituation unter Zivilisten und dem gezielten Einsatz von Hunger als Kriegsmittel? Könnte eine der Rechtfertigungen, die die israelische Regierung im Zusammenhang mit der (erneuten) Belagerung vorgebracht hat, völkerrechtlich Bestand haben?

Es kann FĂ€lle geben, in denen breitgefĂ€cherte akute ErnĂ€hrungsunsicherheit auftritt, ohne dass dies auf eine vorsĂ€tzliche HerbeifĂŒhrung einer solchen Notlage zurĂŒckzufĂŒhren ist – und obwohl alle Konfliktparteien bereit sind, humanitĂ€ren Zugang zu gewĂ€hren oder zu erleichtern. In Gaza ist das jedoch eindeutig nicht der Fall, da der Zugang zu lebensnotwendigen GĂŒtern gezielt unterbunden wird.

Analysiert man das Verbot des Aushungerns der Zivilbevölkerung nach dem humanitĂ€ren Völkerrecht sowie nach dem Vorsatzbegriff im Rahmen des Internationalen Strafgerichtshofs, verstehe ich das vorsĂ€tzliche Aushungern als Mittel der KriegfĂŒhrung so, dass es in zwei Formen vorliegen kann:

Erstens: durch den gezielten Entzug von ĂŒberlebensnotwendigen GĂŒtern, mit dem Ziel, Zivilisten oder der Zivilbevölkerung den Wert dieser Objekte fĂŒr die ErnĂ€hrung zu entziehen (einschließlich des Ziels, durch Hunger auch die darin eingebetteten KĂ€mpfer zu treffen). Wichtig ist hier: Diese Form von Vorsatz kann bereits vorliegen, bevor feststeht, dass Zivilisten tatsĂ€chlich in eine Hungersnot geraten.

Oder zweitens: durch den gezielten Entzug von ĂŒberlebensnotwendigen GĂŒtern aus anderen GrĂŒnden – in dem Wissen, dass dieser Entzug mit nahezu absoluter Sicherheit dazu fĂŒhrt, dass Zivilisten in eine Hungersnot geraten. Diese Form des Vorsatzes liegt also auch dann vor, wenn nicht direkt beabsichtigt ist, Zivilisten Nahrung zu verweigern.

Israel rechtfertigte die erneute Belagerung hauptsĂ€chlich damit, dass die wĂ€hrend der Waffenruhe eingefĂŒhrte HilfsgĂŒtermenge ausreiche, um die RĂŒckkehr zu einer Hungersnot zu verhindern. WĂ€re dies empirisch zutreffend, fiele Israels Verweigerung von HilfsgĂŒtern dennoch unter die zweite genannte Form des Verbrechens (wĂŒrde aber die erste Form nicht ausschließen). Nach inzwischen sechs Wochen erneuter Belagerung und angesichts eindringlicher Hilferufe humanitĂ€rer Organisationen ist diese empirische Behauptung jedoch zunehmend schwer aufrechtzuerhalten.

UnabhĂ€ngig davon hat die israelische FĂŒhrung ganz offen darĂŒber gesprochen, die Belagerung als Druckmittel einzusetzen – etwa indem sie ankĂŒndigte, die „Tore zur Hölle“ zu öffnen, um die Zivilbevölkerung Gazas zu zwingen, die Hamas zu stĂŒrzen. Auch die Blockade von Hilfslieferungen oder die Unterbindung der Stromzufuhr, die fĂŒr die Meerwasserentsalzung nötig wĂ€re, wurde explizit vorgenommen, um die Hamas zu ZugestĂ€ndnissen zu zwingen. Damit einher geht eindeutig der Entzug von ĂŒberlebensnotwendigen GĂŒtern, um deren Wert fĂŒr die ErnĂ€hrung vorzuenthalten – und betrifft somit die erste der beiden oben skizzierten Formen des Kriegsverbrechens. Dies deutet auch darauf hin, dass die Verantwortlichen dieser Politik selbst nicht daran glauben, dass die VorrĂ€te in Gaza ausreichen – denn wenn dem so wĂ€re, gĂ€be es keinen Druckeffekt.

Ein letztes Argument, das zugunsten Israels vorgebracht wird, stĂŒtzt sich auf eine EinschrĂ€nkung der Verpflichtungen aus Artikel 23 der Vierten Genfer Konvention. Demnach dĂŒrfe Israel den Zugang zu Hilfen behindern, wenn zu befĂŒrchten stehe, dass diese an die Hamas weitergeleitet werden oder ihr anderweitig zugutekommen. Das Argument ist jedoch aus dreierlei GrĂŒnden problematisch: Erstens haben humanitĂ€re Organisationen wiederholt erklĂ€rt, dass es keine solche großflĂ€chige Weiterleitung gebe. Zweitens hat Israel – selbst nach den Bestimmungen der Vierten Genfer Konvention – als Besatzungsmacht keine Entscheidungsfreiheit, humanitĂ€re Hilfe auf dieser Grundlage zu verweigern. Vielmehr hat Israel – wie in den Artikeln 55 und 59 der Vierten Genfer Konvention spezifiziert – eine PrimĂ€rpflicht, die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medizin sicherzustellen und – falls diese Versorgung unzureichend ist – die SekundĂ€rpflicht, Hilfsmaßnahmen vorbehaltlos zuzulassen. Drittens: Selbst wenn man davon ausgeht, dass Israel keine Pflichten nach dem Besatzungsrecht hĂ€tte, dĂŒrfen nach dem Verbot des Aushungerns von Zivilisten als Kriegsmethode – das Jahrzehnte nach den Genfer Konventionen zu Gewohnheitsrecht wurde –der Zivilbevölkerung lebensnotwendige GĂŒter nicht mit der BegrĂŒndung entzogen werden, dass einige der HilfsgĂŒter einer gegnerischen Gruppe zugutekommen könnten. Die EinschrĂ€nkung in Artikel 23 der Vierten Konvention ist intern zu verstehen; sie kann nicht das erlauben, was andere Regeln des humanitĂ€ren Völkerrechts ausdrĂŒcklich verbieten.

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Das Bild zeigt das GebÀude des WZB. Oben steht in drei Zeilen: "Future of Democracy? 1st annual Interdisciplinary WZB Conference 9-10 October 2025"

Call for Papers! Das Wissenschaftszentrum Berlin fĂŒr Sozialforschung (WZB) widmet seine erste interdisziplinĂ€re Jahreskonferenz, organisiert von Nicola Fuchs-SchĂŒndeln, Daniel Ziblatt und Michael ZĂŒrn, dem Thema „The Future of Democracy?“. Forschende aus den Disziplinen Wirtschaftswissenschaften, Soziologie, Politikwissenschaft, Psychologie und Recht sind eingeladen, BeitrĂ€ge einzureichen, die sich mit den Herausforderungen fĂŒr liberale Demokratien befassen und Lösungen zur Sicherung demokratischer Institutionen untersuchen. Der Einsendeschluss fĂŒr die BeitrĂ€ge ist der 30. April 2025, und die Konferenz findet am 9. und 10. Oktober 2025 am WZB statt.

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4. Sie haben eben auf den Zwangscharakter dieser Entziehung lebensnotwendiger GĂŒter hingewiesen, also auf die Strategie, Zivilist*innen in Gaza dazu zu bringen, die Hamas zu stĂŒrzen. Ich wĂŒrde gern etwas nĂ€her auf das VerhĂ€ltnis zwischen dieser Zwangsnatur und dem Vorsatz eingehen. Das Verbot der Aushungerung von Zivilist*innen spielt auch eine zentrale Rolle bei den Haftbefehlen des Internationalen Strafgerichtshofs gegen Netanyahu und Gallant. Auch hier ist die entscheidende Frage die nach dem Vorsatz. Artikel 8(2)(b)(xxv) des Römischen Statuts verbietet den vorsĂ€tzlichen Einsatz von Aushungerung als Kriegsmethode. Können Sie nĂ€her erlĂ€utern, inwiefern die Zwangsnatur der Deprivation in Gaza diese Anforderungen erfĂŒllt?

Es gibt keinen internationalen PrĂ€zedenzfall fĂŒr eine Strafverfolgung nach Artikel 8(2)(b)(xxv). In dieser juristischen Leerstelle entfalten sich einige Debatten darĂŒber, wie das subjektive Element („mens rea“) auszulegen ist. Wie eben erlĂ€utert, bin ich der Auffassung, dass Vorsatz entweder in direkter Form vorliegen kann (wenn die Versorgung gezielt mit dem Ziel verweigert wird, Zivilisten zu treffen) oder in indirekter Form (wenn der Entzug mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Zivilisten in den Hunger treibt).

Dabei ist es wichtig zu betonen, dass die Zivilbevölkerung ihren Schutzstatus nicht dadurch verliert, dass sich KĂ€mpfer unter ihr befinden. Besteht die betroffene Bevölkerung ĂŒberwiegend aus Zivilisten, gilt sie insgesamt als Zivilbevölkerung. Ebenso entscheidend ist, nicht Zielrichtung und Endzweck zu verwechseln. Eine Maßnahme kann sich vorsĂ€tzlich gegen Zivilisten richten, auch wenn das letztliche Ziel darin besteht, KĂ€mpfer innerhalb dieser Bevölkerung zu schwĂ€chen oder zu zwingen. In einem solchen Fall ist es notwendige Voraussetzung, um auf die eingebetteten KĂ€mpfer Druck auszuĂŒben, der Bevölkerung als Ganzes Versorgung zu verweigern.

WĂ€hrend der ersten sechs Wochen des Waffenstillstands bestand ein gewisser humanitĂ€rer Zugang – deshalb war durch die Belagerung ab dem 2. MĂ€rz nicht sofort mit Sicherheit massenhafter Hunger zu erwarten. Aber es gibt starke Anhaltspunkte dafĂŒr, dass es von Anfang an darum ging, lebensnotwendige Versorgung vorsĂ€tzlich zu entziehen.

Die Maßnahmen hatten und haben nach wie vor offensichtlich Zwangscharakter. Als Benjamin Netanyahu die erneute Belagerung ankĂŒndigte, stellte er den humanitĂ€ren Zugang fĂŒr eine weit ĂŒberwiegend zivile Bevölkerung als Verhandlungsmasse gegenĂŒber der Hamas dar. Die Ratio hinter dem Entzug humanitĂ€rer Hilfe beschrieb er so: „Es wird kein free lunch geben. Wenn die Hamas glaubt, sie könne von den Bedingungen der ersten Phase profitieren, ohne dass wir Geiseln zurĂŒckbekommen, irrt sie sich gewaltig.“ Verteidigungsminister Yisrael Katz sprach von den „Toren zur Hölle“, wĂ€hrend Energieminister Eli Cohen die Stromabschaltung mit dem Ziel begrĂŒndete, eine wichtige Entsalzungsanlage lahmzulegen. Der Druckeffekt dieser Maßnahmen beruht darauf, lebensnotwendige GĂŒter wie humanitĂ€re Hilfe und Trinkwasser zu verweigern. Beides sind ĂŒberlebenswichtige Objekte. Dieser Entzug richtet sich an eine ĂŒberwiegend zivile Bevölkerung – also an eine klar geschĂŒtzte Gruppe im Sinne des humanitĂ€ren Völkerrechts. Kurz gesagt: Die Schwelle zum direkten Vorsatz ist erreicht.

Verschlechtert sich die Lage weiter, steigt auch die Sicherheit, dass fortgesetzte Blockaden zu Hunger fĂŒhren werden. Doch selbst wenn diese Sicherheit (noch) nicht gegeben wĂ€re, ist sie fĂŒr die Strafbarkeit nicht erforderlich – denn bereits der bewusste Entzug genĂŒgt.

5. Die verheerenden Folgen der erneuten Verweigerung humanitĂ€rer Hilfe in Gaza könnten auch im laufenden Genozidverfahren vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) relevant werden. Welche Bedeutung hat die Blockade humanitĂ€rer Hilfe in diesem Zusammenhang? In welchem VerhĂ€ltnis steht Hunger als Mittel der KriegfĂŒhrung zu den erhobenen VorwĂŒrfen?

Die in der Völkermordkonvention definierte Straftat umfasst fĂŒnf Handlungsformen. Eine davon ist die Auferlegung von „Lebensbedingungen fĂŒr die Gruppe, die geeignet sind, ihre körperliche Zerstörung ganz oder teilweise herbeizufĂŒhren“. Diese Form ĂŒberschneidet sich erheblich mit dem Kriegsverbrechen des Aushungerns. Um als Völkermord zu gelten, mĂŒssen solche Lebensbedingungen jedoch mit der Absicht herbeigefĂŒhrt werden, die Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten.

Die weitverbreitete Verweigerung von Nahrung, Wasser, medizinischer Versorgung und anderen ĂŒberlebenswichtigen GĂŒtern kann zweifellos die Schwelle solcher zerstörerischen Lebensbedingungen ĂŒberschreiten. In der Pressemitteilung zu den Haftbefehlen gegen Netanyahu und Gallant stellte die Vorverfahrenskammer des IStGH fest, dass es „begrĂŒndete Verdachtsmomente“ gebe, wonach das Fehlen von Nahrung, Wasser, Strom, Treibstoff und medizinischen GĂŒtern Bedingungen geschaffen habe, „die auf die physische Zerstörung eines Teils der Zivilbevölkerung Gazas abzielen“. Diese Feststellungen betrafen damals die Untersuchung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Doch dieselben ErwĂ€gungen wĂ€ren auch entscheidend, um zu prĂŒfen, ob damit auch der zugrunde liegende Tatbestand des Völkermords erfĂŒllt ist.

Man kann ĂŒberzeugend argumentieren, dass die Situation in Gaza die Schwelle solcher zerstörerischen Lebensbedingungen ĂŒberschritten hat. Ob dies die Entscheidung des IGH beeinflussen wird, hĂ€ngt jedoch davon ab, ob SĂŒdafrika nachweisen kann, dass dies mit genozidaler Absicht geschieht oder geschah.

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Editor’s Pick

von EVA MARIA BREDLER

Picture of a misty mountain scene

Was haben Sie heute Nacht getrĂ€umt? Charlotte Beradt, eine Berliner Journalistin, hĂ€tte es wohl gerne gewusst. Sie sammelte TrĂ€ume, die zwischen 1933 und 1939 in Deutschland getrĂ€umt wurden. Egal ob jung oder alt, „Schneiderin, Nachbar, Tante, Milchmann, Freund“: Das GetrĂ€umte Ă€hnelt sich. Es enthĂ€lt „Elemente und UrsprĂŒnge totalitĂ€rer Herrschaft“, wie Beradts enge Freundin Hannah Arendt sie erst viel spĂ€ter formulierte. Besonders beeindruckt hat mich die nĂŒchterne Eleganz, mit der Beradt die SchreckenstrĂ€ume in „Das Dritte Reich des Traums“ dokumentiert – und dass sich die TrĂ€ume aus „der ersten Zeit des noch leisetretenden Regimes“ kaum von denen kurz vor Kriegsbeginn unterscheiden. So erinnert sich ein TrĂ€umer schon 1933: „Ich bin aufgewacht mit dem GefĂŒhl, daß unser ganzes Dasein verĂ€ndert werde. Im bewußten Wachen glaubte ich, daß wir dem Schlimmsten entgehen könnten, aber mein Unterbewußtes wußte es besser.“

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Die Woche auf dem Verfassungsblog

zusammengefasst von EVA MARIA BREDLER

Sie haben sich geeinigt, Union und SPD: 144 Seiten voller Versprechen, ĂŒberschrieben mit „Verantwortung fĂŒr Deutschland“. Große Worte, genretypisch. Schließlich sollen KoalitionsvertrĂ€ge als rechtlich unverbindliche Versprechen nach allen Seiten politisches Vertrauen herstellen. Was ist das eigentlich, Vertrauen? Erst gestern habe ich das eine Freundin gefragt (zufĂ€llig angehende Psychotherapeutin): „Es ist wie ein Tanz“, sagte sie, „Am Anfang muss man erstmal den Takt finden, die ersten Schritte machen, stolpert vielleicht. Aber man vertraut auf die FĂŒhrung. Und je klarer und zuverlĂ€ssiger die FĂŒhrung ist, desto mehr vertraut man und kann loslassen.“

Bei abrupter FĂŒhrung nach der Methode „Brecheisen“ wird man dagegen behutsam. So hat das Landesamt fĂŒr Einwanderung Berlin drei UnionsbĂŒrger*innen des Landes verwiesen, wegen Straftaten, die ihnen im Zusammenhang mit einer Besetzung der Freien UniversitĂ€t vorgeworfen werden. THOMAS OBERHÄUSER (DE) erklĂ€rt, warum diese Ausweisung von UnionsbĂŒrger*innen rechtswidrig sein dĂŒrfte, egal ob die VorwĂŒrfe stimmen, und fĂŒhlt sich an den Exekutiv(tanz)stil der Trump-Regierung erinnert.

Diese trampelt nĂ€mlich rĂŒcksichtlos drauf los mit ihren unzĂ€hligen rechtswidrigen executive orders. Nun unterzeichnete Trump eine order, die angeblich die US-amerikanische Wahlverwaltung umstrukturieren soll, faktisch aber gewisse Personengruppen von der Wahl ausschließt, indem sie etwa den Nachweis der StaatsbĂŒrgerschaft fordert. JOSHUA SELLERS (EN) nimmt die executive order rechtlich auseinander.

Immerhin hat die Trump-Regierung nun einen Fehltritt eingestanden: Abrego Garcia an ein HochsicherheitsgefĂ€ngnis in El Salvador zu ĂŒberstellen, das fĂŒr Menschenrechtsverletzungen bekannt ist, sei ein „Verwaltungsfehler“ gewesen. Doch vor dem Supreme Court hĂ€lt die Regierung weiterhin daran fest, dass ein Bundesgericht nichts dagegen unternehmen könne. The irony: Dieses Argument setze voraus, dass der PrĂ€sident – der sich so gern als Dealmaker inszeniert – letztlich ein lausiger VerhandlungsfĂŒhrer sei, erklĂ€rt MICHAEL C. DORF (EN).

Dass die Exekutive taktvoll handelte, hat nun das Landesverfassungsgericht Rheinland-Pfalz bestĂ€tigt: Zum Schutz der Verfassung dĂŒrften sich MinisterprĂ€sidentin und Landesregierung bei ihrer Öffentlichkeitsarbeit auch gegen verfassungsfeindliche Parteien positionieren. Diese Neubestimmung und Eingrenzung des NeutralitĂ€tsgebots sei folgerichtig und könne in der Auseinandersetzung mit der AfD wichtig werden, resĂŒmiert ANTJE VON UNGERN-STERNBERG (DE).

Manchmal fehlt der Exekutive allerdings jedes TaktgefĂŒhl – und die taktgebende Judikative stĂ¶ĂŸt auf taube Ohren. Das durften wir zuletzt bei Marine Le Pen beobachten, die seit ihrer Verurteilung – inklusive sofortigem Entzug des passiven Wahlrechts – „das System“ beschimpft. Ein politischer Tod von HĂ€nden ĂŒbergriffiger Richter*innen, das Ende der Demokratie? In ihrem ĂŒbersetzten und aktualisierten Beitrag rĂ€umt CHARLOTTE SCHMITT-LEONARDY (EN) mit dem „Skandal“ auf, zeichnet die Ereignisse der vergangenen Woche nach und skizziert, wie es jetzt mit Marine weitergehen könnte.

CAMILLE AYNÈS und ELEONORA BOTTINI (EN) erkennen in dem Pariser Urteil bemerkenswerte richterliche KreativitĂ€t ganz im Sinne wehrhafter Demokratie – zeigen sich jedoch besorgt angesichts der Heftigkeit, mit der die Justiz kritisiert wird.

Ähnlich wie Marine Le Pen erging es dem PrĂ€sidenten der Republik Srpska, Milorad Dodik. Dieser wurde vom Staatsgericht von Bosnien und Herzegowina zu einer einjĂ€hrigen Freiheitsstrafe verurteilt und fĂŒr sechs Jahre von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen. Dabei geht es nicht nur um das VerhĂ€ltnis von Exekutive und Judikative, sondern vor allem um die Machtverteilung zwischen Bosnien und Herzegowina und der Republik Srpska: Wer fĂŒhrt, wer folgt? Dodik wird vorgeworfen, das Dayton-Friedensabkommen verletzt zu haben. Daraufhin legte Dodik eine neue Verfassung vor, mit der er die AutoritĂ€t des Gerichts offen infrage stellt. MILOĆ  DAVIDOVIĆ und MAJA SAHADĆœIĆ (EN) analysieren den komplexen institutionellen und prozeduralen Tanz um die Macht.

RENA HÄNEL (EN) erklĂ€rt, wie Dodik die neue Verfassung nutzt, um sich nicht nur seiner Strafbarkeit zu entziehen, sondern die Verfassungsordnung und -institutionen von Bosnien und Herzegowina anzugreifen.

Unterdessen greift Ungarns Premier Viktor OrbĂĄn eine andere Institution an: den Internationalen Strafgerichtshof. OrbĂĄn lud Netanjahu – trotz Haftbefehls des IStGH – zum Staatsbesuch und kĂŒndigte zugleich den Austritt aus dem Gericht an, das er als „politisch voreingenommen“ diskreditierte. Damit schade OrbĂĄn der GlaubwĂŒrdigkeit der EU, meint PETER VAN ELSUWEGE (EN) und schlĂ€gt vor, wie die EU jetzt reagieren sollte.

Dass die EU ein „OrbĂĄn-Problem“ hat, ist nichts Neues. OrbĂĄn blockiert, wo er kann – innen illiberal, außen prorussisch: Budapest blockiert mit seinem Vetorecht regelmĂ€ĂŸig MilitĂ€rhilfen fĂŒr die Ukraine und verwĂ€ssert Sanktionen gegen Moskau. Die Kommission solle ein neues Verfahren nach Art. 7(2) EUV anstoßen – mit Fokus auf VerstĂ¶ĂŸe gegen die SolidaritĂ€t und GefĂ€hrdungen der Sicherheit der Union, findet LUKE DIMITRIOS SPIEKER (EN).

Apropos Sanktionen: Im Februar 2022 fror eine Koalition von Staaten, darunter alle G7-Volkswirtschaften, rund 300 Milliarden US-Dollar an russischem Staatsvermögen ein. Mit dem möglichen Ende der EU-Sanktionen wird diskutiert, ob Russlands Zentralbankvermögen in einen Sonderfonds ĂŒberfĂŒhrt werden sollte – um das Geld fĂŒr Reparationen verwenden und vor Moskaus Zugriff schĂŒtzen zu können. ANTON MOISEIENKO (EN) bewertet die Idee nach dem Recht der Staatenverantwortung, das es Staaten erlaubt, Gegenmaßnahmen zu ergreifen, die unter normalen UmstĂ€nden völkerrechtswidrig wĂ€ren.

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Out Now! Das Bild zeigt das Cover des Buches "Eyes Everywhere". Der Untertitel lautet: "Surveillance and Data Retention under the EU Charter". Farblich ist das Cover in einem dunklen Grau mit pinken Akzenten gestaltet; die Schrift ist weiß.

Eyes Everywhere: Surveillance and Data Retention under the EU Charter
(edited by Erik Tuchtfeld, Isabella Risini, and Jakob GaĆĄperin Wischhoff)
In “La Quadrature Du Net II”, the CJEU significantly lowered standards for mass data retention under the EU Charter, prioritizing security over privacy. This edited volume explores how this shift may affect EU citizens’ protection of fundamental rights and substantially redefine the surveillance and data retention framework for public and private agents.
Now available as soft copy (open access) and in print!

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Kreative KassenfĂŒhrung gibt es auch in Berlin und Karlsruhe, von Sondervermögen bis Sonderzuschlag: Das BVerfG hielt nun den SolidaritĂ€tszuschlag fĂŒr verfassungsgemĂ€ĂŸ und sich fĂŒr finanzverfassungsrechtlich kontrollbefugt, Richterin Wallrabenstein ist im Sondervotum skeptisch. FĂŒr SEBASTIAN HUHNHOLZ (DE) verdeutlichen Entscheidung und Sondervotum ein grundlegendes Dilemma der deutschen Finanzverfassungspolitik: Ihr ĂŒberkonstitutionalisierter Charakter mache sie störrisch gegenĂŒber den globalen UmbrĂŒchen, verfĂŒhre genau deshalb aber diverse Beteiligte zu verfassungsrechtlich innovativen Instrumentalisierungen.

Innovativ instrumentalisieren lĂ€sst sich auch KI, zum Beispiel in „Deepfakes“. Weil diese jedoch auch allerlei Risiken bergen, fordert eine KĂŒnstlergruppe ihr generelles Verbot. JANNIS LENNARTZ (DE) zeigt, dass die Angst vor Deepfakes Teil einer langen Tradition technologiekritischer KĂŒnstler ist und dass ein pauschales Verbot die Kunstfreiheit verkennen wĂŒrde.

Auch das Unionsrecht will KI bĂ€ndigen. Ab dem 2. August 2025 gelten fĂŒr Anbieter sogenannter „General Purpose AI“-Modelle weitreichende Pflichten nach dem AI-Act. Zur NachweisfĂŒhrung können sich die Anbieter auf einen „Code of Practice“ stĂŒtzen, der derzeit unter der Leitung des AI Office von ĂŒber 1000 Akteuren erarbeitet wird. MARTIN EBERS (EN) untersucht, wie der Code of Practice den AI Act zu untergraben und demokratische Verfahren zu umgehen droht.

Demokratische Verfahren werden auch in der Entwicklungspolitik gerne umgangen, vor allem durch fehlende Transparenz. Was das Informationsfreiheitsgesetz – und dessen im Koalitionsvertrag angekĂŒndigte Reform – damit zu tun haben, erklĂ€rt SOFIE-MARIE TERREY (DE).

Doch nur weil etwas nicht öffentlich sind, heißt das nicht, dass es keine Konsequenzen hat: Das haben die vielen rassistischen Äußerungen in polizeilichen Chatgruppen kĂŒrzlich immer wieder getestet. Die neue Arbeitsdefinition von Rassimus des Expert:innenrat Antirassismus wurde zwar fĂŒr die Verwaltung entwickelt, könnte jedoch auch fĂŒr die dienst- und insbesondere disziplinarrechtliche Einordnung von solchem „vertraulichen Rassismus“ relevant werden, zeigt ANDREAS NITSCHKE (DE).

Mit vertraulichen RĂ€umen hatte auch der Hessische Staatsgerichtshof zu tun, allerdings in der analogen Welt: In seinem Urteil vom 6. MĂ€rz erklĂ€rte er die Vorschriften des Hessischen Versammlungsfreiheitsgesetzes und des Gesetzes ĂŒber die Bannmeile des Hessischen Landtages fĂŒr ganz ĂŒberwiegend verfassungsgemĂ€ĂŸ. Die Entscheidung werde dem strengen Maßstab der Hessischen Verfassung nicht gerecht, kritisiert BEREND KOLL (DE).

Schließlich haben wir unser Symposium zu „Intellectual Property and the Human Right to a Healthy Environment“ (EN) fortgesetzt. JASPER KROMMENDIJK analysiert das Menschenrecht auf eine gesunde Umwelt aus Perspektive des Unionsrechts, insbesondere seit sich beim EuGH eine Ă€hnliche menschenrechtliche Wendung beobachten lĂ€sst. LUISA NETTO beleuchtet den Zusammenhang zwischen der Anerkennung dieses Menschenrechts und dem – eher vagen und inkonsistenten – Verweis auf kĂŒnftige Generationen in diesem Kontext. NATALIA KOBYLARZ erklĂ€rt, warum die Anerkennung des Rechts auf eine gesunde Umwelt den menschenrechtlichen Umweltschutzrahmen der EuropĂ€ischen Menschenrechtskonvention stĂ€rken könnte und OTTO SPIJKERS untersucht den völkergewohnheitsrechtlichen Status des Rechts.

Vertrauen ist also ein Tanz zwischen FĂŒhrung und Hingabe, Vorsicht und Mut, Verantwortung und Freiheit. Wie viel Freiheit uns angesichts der versprochenen Verantwortung der neuen Koalition bleibt? Wir werden sehen.

Zumindest diesen Freitag dĂŒrfen wir noch tanzen, nĂ€chste Woche bringt der Karfreitag das Tanzverbot. Und auch wir werden am Freitag die FĂŒĂŸe stillhalten – der nĂ€chste Newsletter ist am 25. April in Ihrem Postfach. Erholen Sie sich gut und tanzen Sie an den anderen Tagen.

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Ihnen alles Gute!

Ihr

Verfassungsblog-Team

 

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